Eine Viertelstunde bis Ikea

von Guido Walter 13. Dezember 2010

Prenzlauer Berg hat einen neuen Ikea-Möbelmarkt. Nicht im Viertel. Aber näher und schneller zu erreichen als die Filiale in Tempelhof.

Schnellen Schrittes rettet sich die Passantin im letzten Augenblick vor dem heranrasenden Auto auf den Bürgersteig. Parkplätze sind rar an diesem Morgen. 1500 stehen den Besuchern des am heutigen Montag eröffneten Ikea-Markts in Lichtenberg zur Verfügung. Es ist kurz nach halb neun, und vor dem Eingang stehen frierende Menschen. Die große Drehtür hat unter dem Ansturm kapituliert. „Wie früher im Osten“, meckert ein Wartender. Es wird Zeit, dass sich was dreht. Wer weiß, wie lange der Vorrat an reduzierten Schnäppchen wie dem beliebte Bücherregal „Billy“ oder CD-Turm „Benno“ reicht? Ein paar findige Besucher versuchen, durch den Ausgang reinzukommen. „Eigentlich kann man ja auch rückwärts gehen“, sagt eine Frau.

Für Prenzlauer Berg ist Deutschlands 46. Ikea-Möbelhaus dagegen ein Schritt vorwärts. Nehmen wir als Beispiel mit dem Kollwitzplatz eine zentrale Adresse in Prenzlauer Berg. Von dort aus gemessen ist der früher nächstgelegene Ikea-Markt in Tempelhof 13 Kilometer entfernt. Via Michelin errechnet dafür eine Fahrtzeit von 26 Minuten, was sich durch die Staus in der City meist aber deutlich erhöht. Die neue Adresse Landsberger Allee 364/Ecke Rhinstraße ist vom Kollwitzplatz nur sieben Kilometer entfernt. Landsberger längs, und mit etwas Glück gelangt man in einer Viertelstunde vom Kollwitzplatz aus dort hin.

Ikea Lichtenberg wirkt geräumiger als das Schwesterhaus in Tempelhof. 70 Millionen Euro haben die Schweden in den 43.000 Quadratmeter großen Neubau investiert. 370 Mitarbeiter, davon 250 auf neu entstandenen Stellen, arbeiten im größten Ikea außerhalb Schwedens. Der zweitgrößte der Welt, wie es heißt.

Dem Superlativ zum Trotz wirkt das Foyer zwar geräumig, aber nicht spektakulär. Die Rolltreppe funktioniert nicht, aber dafür spielt eine Liveband „Bésame mucho“. Wenig Überraschungen birgt die Raumaufteilung. Typische Ikea-Arithmetik. Es beginnt mit der bekannten Möbelausstellung. Zwischen den Sofas „Kivik“ und „Stockholm“ wird man immer mal wieder von Produkten geduzt. „Wähle deinen Korpus“, „Wähle deine Griffe“ oder „Meine Zeit ist abgelaufen. Ich muss hier raus. Nimm mich mit.“ Lustige Spiele halten die Besucher bei Laune, Wetthüpfen oder Bett beziehen per Stoppuhr. Ab und an ist von Kunden Befremdliches zu hören: „Hübsch. Aber das können wir nicht kaufen, dass sieht zu sehr nach Ikea aus.“

Flankiert von randvoll mit dem Stoffhasen „Gosig Kanin“ (2,99 Euro) gefüllten Kübeln geht es hinab in die „SB-Halle“. Hier warten Klassiker wie der Besteckständer „Ording“ oder das Schafsfell „Ludde“. Dann die erste Überraschung: Am Eingang der „Möbel SB“-Halle ein lichtdurchfluteter Raum. Hier befindet sich mit dem „Jahreszeitenshop“ der ganze Stolz von Ikea-Sprecher Max Bohne: Pflanzen und grüne Einrichtungsideen im Wechsel der Jahreszeiten. Ob Ikea im Haus noch etwas neues probiert hat? „Wir haben intensiv Marktforschung betrieben“, sagt Bohne. „In den Plattenbauten gibt es viele kleine Wohnungen, die Menschen dort haben spezielle Einrichtungswünsche.“ Und in Prenzlauer Berg? „In Prenzlauer Berg gibt es auch Plattenbauten“, sagt Bohne. Wo er Recht hat, hat er Recht.



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