Supalife

Zwischen Kunst und Kommerz

von Julia Schmitz 21. Februar 2020

Seit fünfzehn Jahren wird hier urbane Kunst verkauft: Der „Supalife Kiosk“ hält im Helmholtzkiez die Stellung.


Etliche Hausfassaden unsaniert, das Kopfsteinpflaster holprig und über allem ein Hauch Kohlenstaub: Vor zwanzig Jahren sah es am Helmholtzplatz noch ganz anders aus. Damals mieteten Denis, der gelernter Kommunikationsdesigner ist, und sieben weitere Kolleg*innen aus dem Bereich Grafikdesign eine ehemalige Erdgeschosswohnung in der Raumerstraße und bauten sie zu einem Gemeinschaftsbüro mit dem Namen „Filesharing“ um. Fünf Jahre später waren nur noch zwei Leute aus der Gruppe übrig, die aus dem hellen Zimmer mit Dielenboden einen Raum für zeitgenössische Kunst machten: Der „Supalife Kiosk“ war geboren.

„Es war aber nicht gleich klar, dass es eine Galerie werden soll“, erzählt Denis. An der Tür habe es kein erklärendes Schild gegeben, weshalb sich wahrscheinlich viele Menschen gar nicht herein getraut hätten. Die klare Linie aus zeitgenössischer Grafik, Siebdruck, Streetart habe sich auch erst mit den Jahren herauskristallisiert. Das Ziel war aber von Anfang an das gleiche: „Uns ging es immer darum, Kunst – vor allem auch preislich – zugänglich zu machen“, so Denis. Und das gilt bis heute: Zwischen dreißig und achtzig Euro kostet ein Siebdruck, kleine Grafiken gibt es auch schon für den schmaleren Geldbeutel – die Preise wurden in den vergangenen Jahren kaum angehoben. Denn wer im Supalife Kunst erwerbe, tue das selten mit dem Gedanken an Rendite, sondern eher, um sich die Werke an die Wohnzimmerwand zu hängen.

Supalife

Foto: Julia Schmitz

 

Die Kunstwerke zu verkaufen sei tatsächlich nicht immer leicht gewesen, denn bis ungefähr 2008 habe es in Berlin einfach zu viele Künstler*innen gegeben – aber kaum Käufer. Zum Glück habe sich das geändert, so Denis lachend: „Man kann mittlerweile mit dem Verkauf von Kunst etwas besser leben in Berlin und muss nicht voller Verzweiflung eine Galerie in Düsseldorf aufmachen“. Da ihr Vermieter seit den 1990er Jahren nicht gewechselt hat, können sie die Miete – trotz regelmäßiger Erhöhungen – ebenfalls noch bezahlen.

 

„Wie ein Frosch im heißen Wasser“

Weil es aber für Gewerbemieten letztendlich keine Deckelung gebe, fühlten sie sich ein bisschen wie der Frosch im heißen Wasser, der langsam gekocht wird, meint Denis. Auf finanzielle Förderung von außen mussten sie bisher zudem weitestgehend verzichten: „Wir sind zu künstlerisch für den Kommerz und zu kommerziell für die Kunstförderung“, weshalb er und seine Mitstreiter*innen 2013 einen gemeinnützigen Verein gründeten.

Die unsichere Zukunft und die wechselnden Kunden sind außerdem ein Grund, warum sie Künstler*innen keine festen Verträge wie in einer handelsüblichen Galerie anbieten können. Und doch ist das Angebot umfassend: Ungefähr zwanzig bis dreißig Künstler*innen gehören aktuell dazu, viele von ihnen haben als Streetart-Künstler begonnen oder sind noch immer auf der Straße aktiv.

Supalife

Urbane Kunst vom Boden bis zur Decke – Foto: Julia Schmitz

 

Zu alt für Neukölln

Aber kann man Kunst von der Straße überhaupt in die Galerie holen? „Streetart-Künstler verlieren nicht ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie ihre Arbeiten in einer Galerie anbieten“, ist Denis überzeugt. Vielmehr würden viele von ihnen die typischen „schnellen Arbeitsmethoden“ – zum Beispiel das Sprühen mit Schablonen – als Grundlage nutzen, um ihr Repertoire dann mit aufwändigeren Werke auszuweiten. Das führt dazu, dass es in der Ladengalerie im Helmholtzkiez, die in den vergangenen Jahren von einem auf drei kleine Räume angewachsen ist, ziemlich farbenfroh zugeht: An den Wänden hängen gerahmte Zeichnungen, Siebdrucke und Grafiken, auf einem Regal stapeln sich Künstlerbücher und Zines, Schaufenster und Hausfassade beherbergen ein stattliches Arsenal an bunten Aufklebern.

Während das früher in der Umgebung nicht weiter auffiel, wirkte das Supalife mit der Zeit immer stärker wie ein bunter Hund in dem glattsanierten Wohnviertel. Anfang der Nullerjahre hatte man deshalb überlegt, die Galerie nach Mitte zu verlegen, „aber Mitte war da eigentlich schon durch“; auch Neukölln stand kurz auf dem Plan. Doch für Neukölln, erzählt Denis schmunzelnd, fühlte man sich letztendlich schon zu alt.

Die Bevölkerung im Helmholtzkiez habe sich in den vergangenen Jahren komplett verändert, habe aber noch immer eine gute Mischung, findet er. Und Berührungsängste mit urbaner Kunst kennt sie offensichtlich auch nicht: Die Siebdruck-Workshops, die Supalife in regelmäßigem Abstand anbietet, sind jedes Mal ausgebucht.

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar