Kinder vom Prenzlauer Berg

Die Kinder von Prenzlauer Berg

von Kristina Auer 16. März 2018

Prenzlauer Berg und Kinder – das passt nicht erst seit Latte Macchiato und Klischee-Keule zusammen. Manfred Küchler widmet der Kindheit im Kiez jetzt einen ganzen Bildband.


Die Kindheit kommt nicht mehr zurück – ein wahrer Satz, der in widerwilligen Momenten gegenüber dem Erwachsenendasein schon mal melancholisch stimmen kann. Für die ehemaligen Kinder von Prenzlauer Berg kommt nicht nur die Jugendzeit nicht zurück – auch die Welt, in der sie groß wurden ist weg. Manfred Küchlers Bildband „Wir Kinder vom Prenzlauer Berg“ kommt trotzdem ohne Trauerstimmung aus.

 

Meilensteine einer Kindheit in Prenzlauer Berg

Küchler selbst, geboren 1931, war kein Kind aus Prenzlauer Berg, sondern hat ihnen mit seinen Fotografien ein Denkmal gesetzt.  Kurz nach dem Mauerbau zog der Familienvater ins Bötzowviertel, berichtet die persönliche Einleitung auf den ersten Seiten. Der Weg zur Arbeit über die innerdeutsche Grenze war für den ursprünglichen Potsdamer Pendler zu umständlich geworden. Die Reflektion über Prenzauer Berg als Ort des Aufwachsens – auch seiner eigenen Kinder – ist auf den Bildern zu spüren.

Die über hundert Fotografien zeigen die Prenzlauer Berger Jugend zwischen den Jahren 1970 und 1995: Beim Blumengießen auf dem Balkon, auf dem Spielplatz am Planetarium, auf dem Hirschhof, beim winterlichen Schneemannbauen und beim sommerlichen Abkühlen in der Plansche. Die wichtigen Meilensteine einer jeden Kindheit sind dort zu sehen: Die Einschulung, der letzte Schultag vor den Ferien, die Jugendweihe. Auch die Geschehnisse rund um die Heimat im Bötzowviertel werden aufmerksam beobachtet – die Kreuzung zur Käthe-Niederkirchner-Straße als Unfallschwerpunkt oder den Dachstuhlbrand eines nahe gelegenen Hauses

 

Prenzlauer Berg als steinerner Erlebnisparcours

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Besonders spannend wird es ab dem Mauerfall: Da sieht man Kinder, die auf dem Mauerstreifen Skateboard oder Fahrrad fahren oder es sich mit Decken auf dem harten Beton der alten Mauerstücke bequem gemacht haben. Kinder schauen aus Gullydeckeln und von Wachtürmen und erobern sich eine ehemals gefährliche Landschaft, die zunächst wenig kinderfreundlich wirkt. Als riesiger steinerner Erlebnisparcours entpuppt sich das Prenzlauer Berg in den Jahren  nach dem Mauerfall letztendlich. Küchler ergänzt seine Bilder mit kleinen Geschichten zu ihrer Entstehung. „Dieses Foto wurde von mir nicht inszeniert“, steht dort zum Beispiel neben dem Bild, auf dem drei grinsende Jungspunde auf einem Mauerstück posieren.

Was dagegen teilweise fehlt sind Jahreszahlen. Klar, das Buch ist wohl chronologisch aufgebaut und die Zeit vor und nach dem Mauerfall lässt sich klar unterscheiden. Ein paar genauere Zahlen hätten trotzdem nicht geschadet, genauso wie etwas mehr Ortsangaben  Straßenangaben. Trotzdem: Der Band zeigt den Stadtteil aus Kinderperspektive und fügt dem viel bearbeiteten Thema der Geschichte von Prenzlauer Berg damit eine erfrischende weil weniger abgekaute Facette hinzu. So bleibt beim Betrachten auch keine rührselige Stimmung zurück, sondern vor allem die Lust, rauszugehen und eine Runde zu spielen.

 

Manfred Küchler, „Die Kinder vom Prenzlauer Berg. Fotografien 1970-1995„, Verlag Bild und Heimat, 2018, 112 Seiten, Preis: 9.99 Euro.

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