Rasen am Park

von Anja Mia Neumann 19. Mai 2015

Ein dreijähriger Junge wird angefahren. Aber Tempo 30 Am Friedrichshain? Nichts da, sagen die Verantwortlichen. Da fährt doch ein Bus. Parkbesucher würde es trotzdem freuen.

Der Weg zum Park führt über vier Fahrspuren. Zwei für Autos, zwei für Fahrräder. Es ist alles andere als angenehm, die Straße Am Friedrichshain Höhe Hufelandstraße zu überqueren. Tempo 50 fahren die Autos, viele wohl auch mehr. Einige hupen, als es die Mutter mit zwei kleinen Kindern nicht schnell genug auf eine dieser Mittelinseln schafft. Sie wurden als „Querungssicherung der Fußgänger“ gebaut, wie es die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nennt. Ein kleiner Kompromiss, der nicht zu funktionieren scheint.

Denn eigentlich sollte auf der Straße mal Tempo 30 sein. Und Zebrastreifen. So wollte es eine Bürgerinitiative von Anwohnern, Pro Kiez Bötzowviertel. Sie sprach auch im Namen der Massen von Parkbesuchern, die beim geringsten Anschein von Sonnenstrahlen in den Friedrichshain strömen. „Tempo 50 ist sehr gefährlich, wenn spielende Kinder zwischen den parkenden Autos hervortreten. Deswegen war unser Maximalwunsch eine verkehrsberuhigte Straße“, sagt der Vorsitzende Klaus Lemmnitz. Aber seit letztem Jahr steht endgültig fest: Erfolg wird eine Verkehrsberuhigung wohl nicht haben.

 

Ein Dreijähriger wurde angefahren

 

Nun hat ein Unfall die Diskussion um eine Tempo-30-Zone Am Friedrichshain wieder aufgebracht: Ein dreijähriger Junge wurde an einem Sonntag Ende April an der Hufelandstraße angefahren. Er ist nach Angaben der Polizei auf die Straße gerannt, eine Autofahrerin konnte nicht mehr schnell genug bremsen. Mit Schürfwunden und einer leichten Kopfverletzung kam er ins Krankenhaus.

Ein Unfallschwerpunkt sei die Straße nicht, heißt es bei der Polizei. Dennoch: Unfälle gibt es hier immer wieder: zwischen 36 und 28 pro Jahr in den vergangenen Jahren. 2012 gab es drei Schwerverletzte, 2014 einen Schwerverletzten. Eine beruhigende Statistik ist das nicht mit mindestens zwei Unfällen pro Monat.

 

Tempo 50 für den Bus

 

„Wo, wenn nicht direkt an einem viel genutzten Park macht Tempo 30 Sinn?“, fragt Lemmnitz von Pro Kiez. „Die Leute gehen doch nicht nur an den Verkehrsinseln über die Straße. Und Kinder, die mit Fußball und Skatern über die Straße wollen, vergessen alles, trotz aller Ermahnungen.“

Besonders für Ärger sorgt die Begründung, warum Tempo 30 nicht realisiert werden kann. Schuld ist der Bus 200. Die Straße Am Friedrichshain gehört zum Hauptverkehrsstraßennetz und diese Straßen dienen in erster Linie der „Aufrechterhaltung eines leistungsfähigen ÖPNV“. So nennt es die Senatsverwaltung. Sie argumentiert: Nur eine Gefahrenlage durch besondere örtliche Gegebenheiten kann Tempo 50 einschränken. „Diese Voraussetzung ist nach eingehender Prüfung der örtlichen Verkehrsverhältnisse in der Straße Am Friedrichshain nicht gegeben.“

 

Hauptstraßen sind in Senatshand

 

Heißt im Klartext: Der Bus hat Vorfahrt und dagegen spricht nichts. Der Bezirk hat da nichts mitzureden. Denn der darf nur über Nebenstraßen bestimmen. Die Hauptstraßen übernimmt die Verkehrslenkung Berlin (VLB), eine der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unterstellte Behörde.

Daran wird sich voraussichtlich auch nicht ändern. Auch wenn die Verkehrsminister der Länder den Vorstoß gemacht haben, den Gemeinden die Einrichtung von Tempo-30-Zonen erleichtern zu wollen, zumindest vor Schulen und Seniorenheimen. Weder Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung Jens-Holger Kirchner (Grüne) noch Torsten Kühne (CDU) vom Ordnungsamt glauben, dass sich das auf die Zuständigkeiten in Berlin auswirken wird.

 

Fließender Verkehr versus Gesundheit

 

Ob sich Tempo 30 Am Friedrichshain durchsetzen lässt, hängt also von der Einschätzung der Verkehrslenkung Berlin ab. Mit ihr hat ein Jurist schon viel Erfahrungen gesammelt: Der Mann möchte Tempo 30 in der Kastanienallee durchsetzen und hat geklagt. Wegen des Lärms, vor allem durch die Trams. Namentlich möchte er nicht genannt werden, doch über die Zeit hat er die Verkehrslenkung gut kennengelernt. Aus seiner Erfahrung spricht: „Die Denkweise dieser Behörde ist, dass fließender Verkehr wichtiger ist als die Gesundheit und der Schutz von Kindern.“

Aus seiner Sicht müsse hier ein Umdenken stattfinden. Eine Tram erreiche eh kaum 50 Kilometer pro Stunde auf der Kastanienallee. Wenn es nur um den Bus geht, der Tempo 30 Am Friedrichshain verhindert, sollte das auch aus Sicht von Lemmnitz keine Hinderungsgrund sein: „Bei den kurzen Abständen der Haltestellen ist kaum Tempo 50 zu erreichen.“

 

Wenn Sie den Erhalt der Prenzlauer Berg Nachrichten sichern und Mitglied werden wollen, bitte hier entlang.

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar