Schlange stehen zum Taufen

von Anja Mia Neumann 17. Februar 2015

Taufen ist in Mode in Prenzlauer Berg. Mehrere Monate müssen manche Eltern auf ihren Wunschtermin warten. Wie, wie oft und auf welche Namen getauft wird, verrät viel über die Bewohner des Kiezes.

Der Bedarf von heiligem Taufwasser für der Kinder Haupt ist groß. Für viele Eltern ist die Geburt ein Fest und – neben etwaiger religiöser Hintergedanken – ein Grund, ihre Sprösslinge taufen zu lassen. Der Andrang in Prenzlauer Berg ist so hoch, dass manchmal monatelange Wartezeiten für einen Lieblings-Tauf-Termin anstehen. Und das während anderswo die Kirchen nicht so im Trend sind.

Mit am beliebtesten ist die Gethsemanekirche: Etwa 80 Taufen hat es hier im vergangenen Jahr gegeben, wie Pfarrer Christian Zeiske schätzt. Die Kapazität ist aber begrenzt. „Die Taufen sollen ein lebendiges Element sein und nicht den Gottesdienst stören“, erklärt Zeiske. „Deshalb können wir an einem Sonntag nicht mehr als drei Taufen abhalten.“

In anderen Gemeinden ist eine Taufe inzwischen ein Highlight geworden. In Prenzlauer Berg sei ein Gottesdienst ohne Taufe dagegen schon fast ungewöhnlich, meint Zeiske.

 

Ein Dreivierteljahr bis zur Taufe

 

Gerade für den Sommer knubbeln sich die Anfragen. Werde der Andrang zu groß komme manchmal ein Taufsamstag hinzu, sagt der Pfarrer. Oder statt wie üblich einen Sonntag mit Taufen im Monat abzuhalten, gebe es einen zweiten. Seine längste erlebte Wartezeit: ein Dreivierteljahr.

Ganz im Zeichen der Feier wünschen sich viele Eltern einen individuellen Ablauf. In einigen Kirchen kann inzwischen sogar eigenes Wasser mitgebracht werden, so dass der Sprössling zum Beispiel mit dem Ostsee-Wasser von Papas Heimatstadt getauft wird.

In der gesamten Gemeinde Prenzlauer Berg Nord – bestehend aus vier Gotteshäusern – wurden im vergangenen Jahr 108 Menschen getauft. Darunter auch einige Erwachsene, die beispielsweise gemeinsam in der Osternacht ihre Taufe feiern. Dass die Gethsemanekirche so beliebt ist, ist wohl auch der Bekanntheit des Gotteshauses an der Stargarder Straße geschuldet: Das Ambiente der Gethsemanekirche finden viele beeindruckend und ihre besondere Geschichte zu DDR-Zeiten auch.

 

Tomme, Clara, Kian – und Ruth

 

Es ist nicht nur die hohe Zahl der Taufen, auch die Tauflisten in den Gemeindeblättern verraten Interessantes über den Stadtteil. Für manchen sind dabei die Kirchen ein Spiegel der Gentrifizierung. Auf welche Namen also werden die lieben Kleinen getauft? Das verrät zum Beispiel der Gemeindebrief Dezember 2014/ Januar 2015 der Evangelischen Kirchengemeinde Prenzlauer Berg Nord:

 

Anna, Gabriel, Jonas, Franz,

Kian, Fritzi, Tomme, Marta Magda,

Elias, Frida, Grace, Mia,

Clara Ida, Nina Marlene, Hanna-Lotta, Mika,

Tabea, Henk-Samuel, Clara, Linus.

 

Bestattet wurde übrigens im gleichen Zeitraum nur ein Mensch. Eine Ruth.

 

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