Die Letzten in der Kopenhagener 67

von Thomas Trappe 26. Juni 2012

Ohne Heizung, ohne Strom, mit Ratten. Entmietung hat in diesem Haus eine neue Qualität erreicht. Fünf Mieter sind es noch. Und bald nur noch vier.

Eines Morgens war die Katze besonders stolz. Fein aufgereiht hatte sie die Beute drapiert, erschöpft von der Jagd, das Lob erwartend. Die Besitzerin der Katze reagierte aus Katzensicht damit wohl eher nicht adäquat: Denn Inge Bergk, 78 Jahre alt, erschrak doch ein wenig, als sie zwölf Ratten, in einer Reihe vor ihrem Bett und frisch getötet, vorfand. Allzu groß war der Schreck dann aber auch nicht: Denn tote Ratten sind nicht schlimmer als lebende, die in dem Mietshaus schon eine ganze Weile ihr Unwesen trieben. Die Geschichte der „Entmietung“ ist in Prenzlauer Berg schon zu oft erzählt worden; und auch, wenn man Einiges gewöhnt ist, die Kopenhagener Straße 67 sticht heraus. Die Ratten sind da nur eine Anekdote. Von einer „katastrophalen Lage“ spricht die Mieterberatung Prenzlauer Berg.

Im Januar 2011 wurde das Haus an einen neuen Eigentümer verkauft. Seitdem gibt es Probleme, wie Bewohner Michael Ebert berichtet. Das Haus verfügt über eine Ölheizung, im Februar 2011 aber nicht mehr über Öl. Folge: drei Wochen Heizungsausfall. In den darauffolgenden Monaten seien in das Haus – zu diesem Zeitpunkt standen schon einige der Wohngen leer – illegale Mieter eingezogen, wie auch das Bezirksamt bestätigt. Von mehreren Mietern wird berichtet, dass es in der Folge zu Übergriffen und auch Diebstählen gekommen sei. Sie gehen davon aus, dass hinter all dem Zermürbungstaktik steckt, genau wie hinter dem erneuten Heizungsausfall im vergangenen Winter. Und jenem Ereignis, „bei dem wir fast alle draufgegangenen wären“, wie Michael Ebert berichtet.

 

Gas im Haus

 

Es sei gerade Champions League gelaufen, erinnert sich Ebert, als er draußen heftigen Krach im Treppenhaus vernommen habe. Als er im Flur schaute und ein Rauschen aus einer unteren Etage vernahm, habe er erst gedacht, „dass da unten mal wieder jemand einquartiert worden ist“. War aber nicht so, wie er beim Gang nach unten feststellte. Das Rauschen stammte aus einer Gasleitung, aus der ein riesiges Stück herausgerissen wurde. Die sofort alarmierte Polizei und Feuerwehr verhinderten Schlimmeres.

Die Mieter sind inzwischen sicher, dass hinter all dem ein Komplott steckt, mit dem einzigen Ziel, das Haus leer zu kriegen und es später hochwertig zu sanieren. Eine Mieterin habe zum Schein auch schon Interesse an einer Kaufwohnung geäußert – ihr sei eine Luxusimmobilie angeboten worden. Kristina Senoner von der Mieterberatung Prenzlauer Berg kann zwar nicht definitiv erklären, wer hinter all den Zwischenfällen in der Kopenhagener 67 steckt. „Fest steht aber, dass die Eigentümer nichts dagegen tun. Um das Mindeste zu sagen.“ Sie beklagt, dass an den Investor „kein Rankommen“ sei, „Gespräche nicht möglich sind und überhaupt nicht auf Anfragen reagiert wird“.

 

Doppelte Miete verlangt

 

Seit Beginn der Übernahme durch den neuen Investor seien von 18 Mietern bereits 13 ausgezogen. Nummer 14 packt im Juli die Kisten. Mit Inge Bergk wurde inzwischen eine Sanierunsvereinbarung geschlossen, sie leidet trotzdem unter dem leergezogenen Haus, in dem sie seit 53 Jahren wohnt. Michael Ebert sei zwar angeboten worden, seine Wohnung behalten zu können, „allerdings nur, wenn ich die doppelte Miete zahle“. Er und die beiden anderen vom Auszug bedrohten Mieter seien nun entschlossen, im Haus wohnen zu bleiben, notfalls wolle man vor Gericht ziehen. „Rausekeln lassen wir uns jedenfalls nicht.“ Die für die Kopenhagener Straße 67 zuständige Verwaltung war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

 

 

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