Ein Jahr: Dinge, die uns ärgerten

von Thomas Trappe 4. Januar 2012

Des einen Freud ist des anderen Leid? Oh ja, vor allem in Prenzlauer Berg! Doch es gibt auch ein paar Dinge, die fast alle doof finden.

Was man also alles nicht will in Prenzlauer Berg. Eine Frage, die alles andere als leicht zu beantworten ist, unterstellt sie doch die Möglichkeit allgemein gültiger Antworten. Und allgemein gültig ist ja unter Prenzlauer Bergern ja nicht einmal, wie ihr Stadtteil eigentlich heißt, Prenzlauer Berg oder Prenzlberg. Nun ja, eigentlich ist es schon klar, wie uns der letzte Bürgermeister von Prenzlauer Berg erklärte: Es heißt Prenzlauer Berg. Also tasten wir uns ran an die Materie: Das Wort Prenzlberg wollen wir hier nicht mehr hören.

Als Leser unserer Zeitung wird man es ahnen: Es gibt in Prenzlauer Berg kaum Dinge, die keiner will, abgesehen von Hundekot und Rechtspopulisten. Viel öfter gibt es Dinge, die mancher will, aus der sich dann eine Initiative gründet, und diese wollen dann ganz viele Menschen gar nicht mehr. Um das auszureizen: Viele Prenzlauer Berger wollen Dinge nicht, von denen sie vorher gar nicht wussten, dass man sie wollen kann – oder gleich umgekehrt.

 

Stoppt K21: Ziel aus den Augen verloren

 

Zum Beispiel die Kastanienallee. Es war bereits in einem anderen Rückblick die Rede von der Straße, die der Bezirk aller Voraussicht nach umbauen wird. Das wiederum sorgte für geharnischte Proteste seitens der Bewohner. Und nun gibt es nicht wenige Menschen, die gerne Stoppt K21 stoppen wollten. Das musste man nicht mehr machen, nach viel Getöse erledigte die Initiative das von selbst. Um die eigentliche Frage, wie man eine Straße zusammen mit Anwohnern plant, ging es am Ende dabei kaum noch.

Zu nennen in der Reihe der geteilten Ansichten über Ärgernisse wären weiterhin die Trinker am Helmholtzplatz, die die CDU gar nicht will und die andere als legitimen und schützenswerten Teil des Kiezes betrachten. Oder diese Kinderwagen, die soviel wie ein Raumschiff kosten, aber ungleich klobiger daherkommen. Die einen wollen es, um ihre Kinder vor den Unbilden der Umwelt zu schützen, die Umwelt fragt sich, warum heute allerorten im Kiez Panzer aufrollen.

 

Die Angst vorm Luxus

 

Über Besuch freuen wir uns hingegen alle. Er sorgt für Abwechslung, für Gespräche, Input, Austausch. Und für Geld – jedenfalls für die Wirtschaft in Prenzlauer Berg. Die will daher am liebsten immer mehr Touristen und wenn möglich, auch keine Bettensteuer. Wie das Menschen sehen, die an den Hot-Spots des Tourismus in Prenzlauer Berg wohnen – oft irgendein Punkt-Punkt-Platz – können wir nur erahnen. Beziehunsgweise, wir haben es uns oft genug erzählen lassen. So richtig gut finden viele die Touristenströme nicht. Im Speziellen, weil es laut ist oder man gleich neben einem illegalen Ferienappartement wohnt. Oder allgemein, weil der Tourismus für immer weniger Mietwohnungen und für eine weitere Erhöhung der ohnehin viel zu hohen Miete sorgt.

Neue bauen kann man ja kaum noch. Tut es doch mal einer, muss er die Leute regelrecht beruhigen und die Angst davor nehmen, dass hier ein weiteres Luxushaus entsteht. Richtig Angstperlen treibt das diversen Initiativen und Vereinen auf die Stirn, geht es um den Mauerpark. Die einen wollen, dass hier gar nichts gebaut wird, die anderen sagen, so ganz lässt es sich nicht vermeiden. Lange mochten sich die Initiativen gegenseitig gar nicht, jetzt haben sie sich aber etwas vertragen.

Weiter Ungewissheit, wie es mit dem schönen Mauerpark weitergeht, wollen wir jedenfalls nicht. Im Hinterkopf haben wir ja immer die Sorge, dass sonst irgendwann eine vollkommen sinnlose Irrsinnsbrücke gebaut wird, wie weiland im Thälmannpark, ganz in der Nähe der dortigen Wüste.

 

Lasst die Schwaben, lasst die Ossis

 

In die Wüste schicken, natürlich nur im metaphorischen Sinne, würden wir auch gerne all jene, die uns seit längerem mit ihrem Hass unsere Laune verderben. Tötet Schwaben wollen wir nicht mehr auf Hauswänden lesen, auch die permanente Beschwörung einer vorgeblichen Schwabenvormacht oder Fremdeninvasion im Kiez verursacht uns inzwischen starke Migräne-Anfälle. Genauso übrigens wie das nicht selten zu vernehmende Ossi-Bashing, zu dem sich mancher im Kiez ab und an hinzugeben verführt sieht.

All das wird nicht verschwinden. Aber wir können es uns ja wünschen. Das neue Jahr beginnt.

 

 

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Jahresrückblick Folge 1: Essen jenseits von Milchschaum und Bio

Jahresrückblick Folge 2: Wir wir vorankommen wollen

Jahresrückblick Folge 3: Spiel und Tanz – und etwas Gejammer

Jahresrückblick Folge 4: Bauen und bauen lassen

 

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