Touristen verstärken Wohnungsmangel

von Juliane Schader 11. März 2011

Auch in Prenzlauer Berg werden immer mehr Wohnungen als Ferienwohnungen an Touristen vermietet. Das verstärkt die Wohnraumknappheit und verärgert die Hoteliers.

Orange-rot sind die Sonnenstrahlen, die auf die frisch abgezogenen Dielen scheinen und von der bütenweißen Bettdecke reflektiert werden. Die moderne Einbauküche glänzt schon fast bedenklich, für das Bad scheint das Wort luxusmodernisiert erfunden worden zu sein. Es hat sogar ein Fenster.

Zu gerne würde man in diese Wohnung einziehen, und könnte es tatsächlich auch direkt tun. Allerdings lediglich mit einem Koffer und nur für begrenzte Zeit. Denn der Traum in Dielen und Stuck wird nicht zur Miete, sondern nur vorübergehend auf einem Internetportal für Ferienwohnungen angeboten und ist zudem mit 50 Euro pro Tag nicht unbedingt günstig. Zumindest nicht, wenn man nicht als Tourist für ein paar Tage, sondern das ganze Jahr über in Prenzlauer Berg leben will.

Dass es Ferienwohnungen in Wohnhäuser gibt, ist eigentlich nichts Neues. Doch die aktuelle Diskussion um lästige Touristen, die derzeit von Kreuzberg aus durch ganz Berlin schwappt, hat das Thema wieder in den Fokus gerückt. Denn überall da, wo im Wochentakt Touristen ihre Rollkoffer in Altbauwohnungen schleppen, da ist kein Platz mehr für Prenzlauer Berger.

 

Jeder Eigentümer kann seine Wohnung als Ferienwohnung anbieten

 

„Wir leiden eh schon unter Wohnraumknappheit“, sagt Bernd Scherbarth von der Mieterberatung Prenzlauer Berg. Wenn Wohnungen gewerblich genutzt würden, verstärke das das Problem natürlich noch, doch Einfluss nehmen könne man nicht. „Seitdem die Berliner Zweckentfremdungsverbotsverordnung, die die Wohnnutzung schützen sollte, 2002 vom Oberverwaltungsgericht gekippt wurde, kann jeder Eigentümer seine Wohnung als Ferienwohnung anbieten. Wer selbst Mieter ist, braucht dafür eine Genehmigung seines Vermieters.“

Diese würde aber nicht immer eingeholt – schließlich sei es nicht unbedingt in dessen Sinne, dass sein Mieter sich an seinem Eigentum bereichere. Auch eine Anmeldung des Ferienwohnungs-Geschäfts als Gewerbe erfolge oft nicht. „In diesem Bereich ist die Grauzone sehr groß, weshalb auch keine verlässlichen Zahlen vorliegen, wie viele Wohnungen eigentlich derart genutzt werden“, so Scherbarth.“

Doch das Wegfallen von Wohnraum für Berliner ist nicht das einzige Argument, das gegen die Ferienwohnungen spricht. „Stellen Sie sich vor, sie sind der letzte feste Bewohner eines Hauses. Alle anderen wechseln spätestens nach zwei Wochen, haben Urlaub und demnach einen ganz anderen Rhythmus als eine arbeitende Person. Rücksicht auf die Anwohner wird nicht unbedingt genommen – das ist anstrengend“, meint etwa Stefanie Gronau, Leiterin des tic Kultur- und Tourismusmarketing Berlin-Pankow.

 

Hoteliers sehen Ferienwohnungen im Wettbewerbsvorteil

 

Auch aus Sicht der örtlichen Hoteliers seien die Ferienwohnungen bedenklich, da für Sie zum Beispiel nicht so hohe Brandschutzvorschriften wie für Hotels gälten. Diese müssten viel Geld investieren, um die Auflagen einzuhalten. „Hier klaffen die Bedingungen für private Ferienwohnungen und Unterkunftsbetriebe auseinander.“

Als Bedrohung empfände sie die Touristen dennoch nicht. „Wir in Prenzlauer Berg sind weit entfernt von einer Touristification, bei der einzelne Viertel ausschließlich noch durch Touristen genutzt werden“, meint Gronau.

Elf Ferienwohnungen hat Rita Kegler vom „bureau navalis“ im Angebot, alle liegen mitten im Bötzow-Kiez. „Einige Wohnungen habe ich selbst gemietet, andere sind Eigentumswohnungen, die ich mitbetreue“, erzählt sie. Zu ihren Kunden gehörten vor allem Familien mit Kindern, auch gerne Angehörige von Kiez-Bewohnern auf Berlin-Besuch. „Hotels sind einfach zu teuer, und irgendwo müssen sie ja bleiben.“ Außerdem brauche der Bezirk die Touristen. „Sie lassen schließlich ihr Geld hier, und zwar nicht nur bei mir, sondern auch bei den Gastronomen und Einzelhändlern der Umgebung.“

Um Probleme mit den festen Bewohnern zu vermeiden, halte sie den Kontakt und weise auch die Gäste darauf hin, dass sie in normalen Wohnhäusern untergebracht würden und entsprechend Rücksicht nehmen müssten, meint Kegler. „Natürlich gibt es auch immer schwarze Schafe. Aber im Gegensatz zu dauerhaften Mietern hat man den Vorteil, dass sie nach ein paar Tagen wieder ausziehen.“

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