Bundestag

Direktkandidat*innen-Check: Manuela Anders-Granitzki und Kevin Kratzsch (CDU)

von Redaktion 6. August 2021

Wer will für unseren Kiez in den Bundestag? Wir haben die Direktkandidat*innen für Prenzlauer Berg und Prenzlauer Berg Ost zum Gespräch an einen Ort ihrer Wahl gebeten. Teil 2: die CDU*.


Am 26. September werden auch in Prenzlauer Berg die Kreuze für die Bundestagswahl gemacht. Aber wer steht eigentlich zur Wahl in unserem Stadtteil? In den kommenden Wochen stellen wir die jeweiligen Kandidat*innen der verschiedenen Parteien vor – alle bekommen dabei die gleichen Fragen gestellt.

Diesmal begegnen wir Manuela Anders-Granitzki für den Wahlkreis Pankow und Kevin Kratzsch für den Wahlkreis Prenzlauer Berg Ost. Beide waren lange Zeit in der Kommunalpolitik für die CDU tätig. Nun wollen sie in den Bundestag. Für unser Treffen haben sie sich die Immanuelkirchstraße ausgesucht.


Dies ist ein Text aus unserem Schwerpunkt
Wahljahr 2021


Warum wollen Sie in den Bundestag?

Manuela Anders-Granitzki: Ich war lange in der Kommunalpolitik tätig und bilde Lehrer*innen in Politikwissenschaft aus. In den letzten Jahren habe ich eine Familie gegründet und bin mir dadurch besonders der Verantwortung bewusst geworden, die wir für die kommenden Generationen tragen. Da sehe ich mich in der Verantwortung. Insbesondere, was moderne Familienpolitik und feministische Themen betrifft, besteht noch viel Handlungsbedarf. Es lässt mich den Kopf schütteln, wenn ich höre, dass eine Kanzlerkandidatin anstatt nach ihren politischen Zielen danach gefragt wird, wie sie sich die Kanzlerinnenschaft als Mutter zweier Kinder vorstellt. In zwanzig, dreißig Jahren sollen meine Töchter sich derartige Fragen nicht gefallen lassen müssen. Ich stehe für eine zeitgemäße CDU, die solche Probleme angeht.

Kevin Kratzsch:  Ich bin schon lange in der CDU aktiv, unter anderem in der Kommunalpolitik, bin aber ursprünglich Schausteller und Veranstaltungsunternehmer. Während der letzten zwei Jahre war ich Vizepräsident des deutschen Schaustellerbundes, und habe mit den Rahmenbedingungen der Schaustellerunternehmer*innen zu tun gehabt.
Das war in Zeiten von Corona eine überaus anspruchsvolle Aufgabe, die mir verdeutlicht hat, wie wichtig es ist, eine Stimme für Unternehmer*innen im Bereich der Kultur, der Gastronomie und der Veranstaltungswirtschaft zu sein. Sie sind wesentliche Bausteine für die Attraktivität dieser Stadt. Wir haben als CDU beispielsweise daran mitgewirkt, dass Clubs als Kulturstätten gelten und nicht nur als Vergnügungsbetriebe. Menschen brauchen diese und ähnliche Orte, um ihre eigenen Geschichten weiterzuentwickeln. Das ist systemrelevant.

 

Warum sollen die Bürger*innen ausgerechnet Sie wählen?

Manuela Anders-Granitzki: Sie bekommen eine sehr authentische Kandidatin. Ich bin eine berufstätige Mutter, die aus eigener Erfahrung weiß, was die Menschen in dieser Stadt umtreibt. Da gehe ich nicht mit dem Parteibuch in der Hand voran, sondern mit gesundem Menschenverstand und will für konkrete Probleme pragmatische Lösungen finden. Als Lehrerin in Neukölln kenne ich das Bildungssystem von innen und weiß, wo die Herausforderungen liegen. Bildung ist eines meiner Herzensthemen. Ich wünsche mir, dass wir dort, wo es funktional ist, den Bildungsföderalismus hinterfragen. Digitalisierung kann beispielsweise nicht erfolgreich sein, wenn jedes Land für sich selbst wirtschaftet.

Kevin Kratzsch: Als Unternehmer und moderner Großstadtmensch, der Berlin mit all seinen guten und schlechten Facetten kennen gelernt hat, habe ich einen großen Erfahrungsschatz außerhalb des politischen Apparats zu bieten. Insbesondere Berlin ist eine Stadt, die man verstehen muss, um Politik für sie machen zu können. Ich möchte aus dieser Richtung frischen Wind in die CDU bringen.


Welches Thema liegt Ihnen in Ihrem Wahlkreis besonders am Herzen?

Kevin Kratzsch: Die Frage nach Wohnraum belastet die Menschen enorm; besonders hier, in Prenzlauer Berg. Die Probleme liegen nicht unbedingt im sozialen oder im High-End-Wohnungsbau. Es fehlt vor allem im mittleren Bereich; an Wohnungen mit drei oder vier Zimmern, die auch für Familien mit geringerem Einkommen erschwinglich sind.
Ganz grundsätzlich möchte ich auch die Art und Weise verbessern, wie wir uns den Themen annähern. Zu oft wird Symbolpolitik gemacht. Ich setze mich für lösungsorientierte Problembewältigung ein, die auf Kooperation mit den Bürger*innen und Organisationen setzt, anstatt auf Verbote und Vorschriften.

Beispielsweise muss allen Verkehrsteilnehmer*innen ein adäquates Verkehrsnetz angeboten werden. Der großen Herausforderung, den Klimawandel zu bekämpfen, sollten wir uns stellen, indem wir die Industrie einbinden und Städte umbauen, beispielsweise öffentliche Gebäude mit Solaranlagen bestücken und Unternehmen dabei helfen, weniger CO2 auszustoßen. Dabei setze ich lieber auf Impulse als auf Verbote.

Manuela Anders-Granitzki: Der Prenzlauer Berg beheimatet eine starke kreative Szene. Hier sollten gezielt Start-Ups gefördert werden, die innovative Konzepte voranbringen; insbesondere im Klimaschutz.
Ich trete für die Bereiche Bildung, Familie und innere Sicherheit an. Im Bildungssystem gibt es bislang noch keine echte Chancengerechtigkeit. Es macht einen Unterschied, in welchem Bezirk jemand geboren ist und auf welche Schulstruktur, welches Lebensumfeld die Menschen bereits auf Grundschulebene treffen.

 

Wie wollen Sie das konkret umsetzen?

Kevin Kratzsch: Die Wohnraumfrage betrifft mittlerweile viele deutsche Großstädte. Wir müssen uns überlegen, wie wir neuen Wohnraum entstehen lassen können. Es gab Vorstöße, bestehende Wohnungen per Gesetz günstiger zu machen. Das ist kein gutes Modell, weil es weder neuen Wohnraum, noch ein größeres Angebot auf dem Markt schafft. Also müssen wir mit Bundesmitteln bauen. Die betroffenen Städte kann man mit diesem Problem nicht alleine lassen, da braucht es Bundesprogramme, die beispielsweise Baugenehmigungen beschleunigen. Wir brauchen Anreize für Unternehmer*innen, die sie in Großstädte investieren lassen. Dieses Thema gehört auf die Bundesagenda.

Manuela Anders-Granitzki: Wir brauchen ein durchlässigeres Schulsystem. Eine reibungslose Vergleichbarkeit von Schulformen und Abschlüssen über die Landesgrenzen hinweg ist nicht gewährleistet. Wichtig wäre auch die Aufwertung von anderen Abschlüssen als dem Abitur, das mittlerweile sogar für viele Ausbildungsberufe verlangt wird. Gegen Fachkräftemangel helfen nur gut ausgebildete Fachkräfte.

Zum Wohnungsmarkt möchte ich noch hinzufügen, dass Berlin weitestgehend eine Mieter*innenstadt ist. Wenn man sich vergegenwärtigt, welcher Prozentsatz eines Familien-Nettoeinkommens in die Miete fließt, müssen wir uns die Frage stellen, wie wir Wege finden können, es gerade für junge Familien erschwinglicher zu machen, sich Wohneigentum – und damit eine Altersvorsorge – aufzubauen. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir diese Option attraktiver gestalten können. Oft besteht das Problem im fehlenden Eigenkapital. Hier können Modelle gefunden werden, bei denen das Land beispielsweise mit zinslosen Krediten einspringen würde.

 

Was muss in Prenzlauer Berg dringend verbessert werden?

Kevin Kratzsch: Vor allem benötigen wir starkes Engagement im Klimaschutz. Es ist fünf vor zwölf. Hier muss eindeutig mehr investiert werden. Außerdem der eben bereits angesprochene Wohnungsmangel.

Manuela Anders-Granitzki: Einige Bereiche sind in den letzten Jahren mit zu viel Bürokratie überfrachtet worden und katastrophal überreguliert. Andere Probleme hat man einfach treiben lassen und gehofft, dass sie sich von alleine lösen würden.

Ein gutes Beispiel sind Kitaplätze. Um einen Kitaplatz zu ergattern, muss man sich bei ungefähr zwanzig Kitas anmelden. Am besten mit Lebenslauf und selbstgebackenem Kuchen. Ob und wo man am Ende Erfolg hat, ist ungewiss und führt zu Planungsunsicherheit – sowohl bei den Kitas, als auch bei den Eltern, für die dieses Verfahren meistens eine Tortur darstellt. Oftmals geht vor allem die einhergehende Verunsicherung für die Arbeitgeber*innen zu Lasten der Mutter in der Familie.

Eine einfache Lösung für dieses Problem wäre eine zentrale Anmeldewebsite. Es gibt bereits eine Kita-Stelle bei den Jugendämtern. Auf einer zugehörigen Website könnten die Bürger*innen eintragen, ab wann sie in welchem Umkreis Kita-Bedarf haben und welche Aspekte ihnen bei der Betreuung wichtig sind. So könnte man mit wenig Aufwand das Leben der Eltern in dieser Stadt erleichtern.

 

Was verbindet Sie persönlich mit Prenzlauer Berg?

Manuela Anders-Granitzki: Ich bin hier aufgewachsen. Als echte Pankowerin erinnere ich mich an Fahnenappell, Pioniernachmittage und die Mauer. Ich bin sehr dankbar, den Wandel zum neuen System bewusst miterlebt zu haben.

Kevin Kratzsch: Ich habe über ein Jahr lang hier an der Prenzlauer Allee gelebt. Große Teile meines privaten Umfelds befinden sich in dieser Gegend. Ich liebe die Märkte hier und finde, dass es eine sehr lebenswerte Ecke ist.

 

Warum haben Sie diesen Ort für unser Gespräch gewählt?

Kevin Kratzsch: Hier gibt es viele junge Familien. Menschen, die ein modernes Leben mit traditionellen Werten verbinden und zum Teil sehr politisch denken. Deshalb sind die Begegnungen auf dieser Straße oftmals interessant. Nicht immer CDU-freundlich, aber gerade das ist ja spannend. Prenzlauer Berg ist die perfekte Ecke für Menschen, die sich ein Großstadtleben wünschen, aber auch auf Beschaulichkeit Wert legen.

Manuela Anders-Granitzki: Direkt hier auf der Prenzlauer Allee steht das BVV-Gelände, auf dem ich viel Zeit neben dem Studium verbracht habe. Ich erinnere mich aber auch daran, dass ich die Straße runter, Richtung Greifswalder, während des Studiums meine erste Gastronomie-Erfahrung als Kellnerin sammeln durfte. Mit dieser Gegend verbinde ich zahlreiche persönliche Erinnerungen.

 

Was machen Sie, wenn Ihnen Berlin mal so richtig auf den Zeiger geht?

Kevin Kratzsch: Die klassische Antwort wäre natürlich: zum See fahren und Gänseblümchen gießen. Aber ehrlich gesagt gehe ich lieber in eine Bar – die Stadt geht mir nie auf die Nerven.

Manuela Anders-Granitzki: Ich bin durch und durch Großstadtmensch. Allerdings war ich im Sommer mit meinen Töchtern auf einem Bauernhof. Beim Hühnerfüttern am Waldsee entspannt man sich schon, auch wenn Hühner rot lackierte Fußnägel mit Kirschen verwechseln. Aber Berlin habe ich bald wieder vermisst. Ich lebe schließlich gerne in der Stadt und setze mich dafür ein, dass hier für alle Platz ist.

 

Titelbild: Manuela Anders-Granitzki und Kevin Kratzsch kandidieren für den Bundestag. / Foto: Katharina Angus


*Disclaimer: Die Reihenfolge, in der wir die Parteien vorstellen, ist keine Wertung von unserer Seite und auch nicht auf die Stimmzahlen bei der vergangenen Wahl bezogen. Sie ergibt sich schlicht aus den Zeitpunkten, zu denen wir die beiden Kandidat*innen vor Ort treffen konnten.


Hinter den Prenzlauer Berg Nachrichten steckt kein großes Medienunternehmen, sondern ein Team aus freien Journalist*innen mit großer Leidenschaft für Lokaljournalismus. Damit wir auch in Zukunft unabhängig und werbefrei aus den Kiezen berichten können, brauchen wir deine Hilfe: Unterstütze uns jetzt mit deiner Mitgliedschaft und erhalte Zugang zu allen Artikeln, den wöchentlichen Newsletter sowie den monatlichen Sondernewsletter zu einem Schwerpunktthema! Eine kostenlose Version des wöchentlichen Newsletters kannst du außerdem hier abonnieren.

Das könnte Dich auch interessieren

2 Kommentare

Heike 16. August 2021 at 0:01

Stellt ihr auch noch andere Kandidaten vor? Wann und wen?

Antworten
Julia Schmitz 16. August 2021 at 7:46

Hallo Heike, wir stellen in den nächsten Tagen noch die Kandidat*innen von Linke, Grüne, FDP und AfD vor

Antworten

Hinterlasse einen Kommentar