Thälmann Denkmal

Thälmann-Denkmal: Einigung in Sicht

von Kristina Auer 17. Februar 2020

Wie geht man um mit einem riesigen Überbleibsel der SED-Diktatur im Stadtbild? In Sachen Thälmann-Denkmal war man sich in Prenzlauer Berg lange uneins. Möglicherweise wird der Streit nun beigelegt.


Das Ernst-Thälmann-Denkmal an der Greifswalder Straße mithilfe eines Kunstwerks kommentieren? Keine gute Idee,  fanden viele Mitglieder der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV). An den Plänen des Bezirksamts entbrannte vor einigen Monaten ein leidenschaftlicher Streit in der rot-rot-grünen Zählgemeinschaft. Nun gibt es einen neuen Vorschlag: Ein Expertengremium, bestehend aus drei fachkundigen Historiker*innen soll dafür sorgen, dass das Thälmann-Denkmal mit einer kritischen Kommentierung versehen wird.

Mögliche Mitglieder dieser Arbeitsgruppe könnten aus der Behörde des Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Bundesstiftung Aufarbeitung oder dem Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin kommen. Einen entsprechenden Antrag hat der Kulturausschuss der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vergangene Woche beschlossen.

 

Gigantischer Stein des Anstoßes

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Damit scheinen die Meinungsverschiedenheiten über das beste Vorgehen in Sachen Thälmann demnächst beigelegt. Ausgelöst wurden sie, als das von Bürgermeister Sören Benn (Linke) geführten Kulturressort einen internationalen Kunstwettbewerb rund um das Thälmann-Denkmal ausrief. SPD und Grüne sahen dadurch einen BVV-Beschluss von 2013 unterminiert, die Büste mit einer kritischen Kommentierung zu versehen. Das Denkmal ist für viele Prenzlauer Berger*innen ein emotionales Thema: Die Errichtung des Kolosses im Jahr 1986 wurde gerade von regimekritischen Bürger*innen als Affront und Machtdemonstration empfunden. Die Sorge war groß, die kritische Einordnung könne bei einem Kunstwettbewerb unter den Tisch fallen.

Laut dem Linken-Fraktionsvorsitzenden Matthias Zarbock ist das ein großes Missverständnis. Die Gedenktafelkommission habe die Arbeit an ihrer Informationstafel lediglich zurückgestellt, damit die historisch-kritische Kommentierung an den Siegerentwurf des Kunstwettbewerbs angepasst werden kann. „In den Prozess des Kunstwettbewerbs ist dieser Auftrag aber eingeflossen“, so Zarbock.

 

Linke unterstützen neuen Antrag

SPD und Grüne sehen das anders. Es könne nicht Aufgabe von Kunstschaffenden sein, die von der BVV beschlossene historisch-kritische Kommentierung zu liefern, heißt es in der Begründung eines gemeinsamen Antrags. „Da es sich beim Thälmann-Denkmal um einen Geschichtsort mit vielfältigen inhaltlichen und historischen Schichtungen und Deutungsebenen handelt, ist (…) eine unabhängige und von sachkundigen Fachleuten erarbeitete, qualifizierte historisch-kritische Kommentierung bereitzustellen.“ Als bloßes „Anhängsel“ eines künstlerischen Entwurfs sei das nicht zu machen.

Der gemeinsame Antrag von Grünen und SPD betont die Abkopplung der kritischen Kommentierung des Denkmals vom Kunstwettbewerb, indem ein Expertengremium beauftragt wird. Die Fraktion der Linken unterstützt den Antrag. Für Zarbock steht fest: „Das Ziel einer kritischen Auseinandersetzung mit dem ganzen Themenfeld (historische Person Ernst Thälmann, Entstehung des Wohnungsbaugebietes, Entstehung des Denkmals) kann durch das Verfahren der künstlerischen Kommentierung noch besser und öffentlichkeitswirksamer erreicht werden. Wenn es also Befürchtungen gab, dass dies anders ist, dann haben wir das nun gemeinsam ausgeräumt.“

 

Keine Verherrlichung der DDR-Diktatur

Christiane Heydenreich (Grüne), eine der Initiatorinnen des Antrags, freut sich über die jetzige Entwicklung: „Das ist ein toller Schritt“, sagt die Bezirksverordnete. Trotzdem wolle sie zunächst abwarten, welche Personen letztlich in die Arbeitsgruppe berufen werden. Was den Kunstwettbewerb angeht, habe Bürgermeister Benn versichert, dass es keine Verherrlichung oder Verniedlichung der DDR-Diktatur geben werde. „Ich habe den Eindruck, dass die Botschaft angekommen ist“, so Heydenreich.

Die Pankower BVV wird die Bildung des Expertengremiums voraussichtlich in der Sitzung am 4. März beschließen. Am 8. April kürt das Preisgericht den Siegerentwurf im Kunstwettbewerb zum Thälmann-Denkmal. Innerhalb eines Monats wird das Konzept dann zusammen mit allen eingegangenen Bewerbungen öffentlich ausgestellt.

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