Des liebstes Blech-Kind

von Anja Mia Neumann 16. März 2015

Wer braucht schon Straßenfeste? Wenn er doch Autos und deren Parkgebühren haben kann? Darüber diskutieren die Regierenden unseres Stadtteils. Ernsthaft und über Monate hinweg. Eine Glosse.

Die Kleinen aus Fleisch und Blut, die zwar mal schreien, aber eigentlich auch ganz süß sind? Nein, nicht die sind des Prenzlauer Bergers liebstes Kind. Sondern Autos.

Es entsteht der Anschein, dass für einige Bewohner genau so die Realität aussieht. Und das besonders dann, wenn diese Autos Geld bringen. Pankows Bezirksverordnete haben sich sage und schreibe ein halbes Jahr lang mit einem Vorschlag getragen, der sich mal wieder ums Parken und ums dafür Bezahlen dreht.

Es geht um Blockade. Um die Blockade von Parkplätze. Mindestens zehn müssen es sein, damit das Bezirksamt Bericht erstatten muss. So wollte es die Fraktion der CDU in einem Antrag. In schönstem Behördendeutsch geht es um die „nichttechnische Sondernutzung öffentlichen Straßenlandes“ – vulog Straßenfeste.

 

Öffentliches Straßenland ist schlecht für Feste und gut für Gebühren

 

Wenn also mehr als zehn Stellplätze nicht mehr verfügbar sind, weil sich jemand erdreistet, auf dem öffentlichen Straßenland ein Sommerfest oder eine andere Veranstaltung abzuhalten. Und das dem Bezirk dann nicht mehr bringt, als ein bisschen Spaß, Musik und Nachbarschaft. Aber keinen Taler ins Säckchen. Dann sollte das Amt – so der Vorschlag – zunächst analysieren, wie viel Geld dem Bezirk flöten geht.

Netter Nebenaspekt: Der komplette Antrag ist übrigens nur einen ganzen Schachtelsatz lang – und der geht über sieben Zeilen.

Diese bahnbrechende Info kann dann, so scheint es der Antrag vorzugeben, letztlich einfließen in die Überlegung, ob eine Genehmigung des Festes sinnvoll ist. Trotz der geringeren Einnahmen durch Bußgelder und Parkgebühren. Ebenso verhält es sich übrigens auch mit Baumaßnahmen, bevor sie beginnen. Die sollten aber nur dann Beachtung finden, wenn sie länger geplant sind als vier Wochen. Im Vergleich zu einem Eintages-Fest natürlich eine Ewigkeit.

 

„Verwaltungshandeln würde Zahlenberge produzieren“

 

Da schwingt mit: Angst vor zu wenig Parkplätzen. Und –  auch wenn es nicht explizit gesagt wird – der Wunsch, Straßenfeste zu reduzieren. Obwohl es wohl vollends utopisch ist: Analog wäre dann die Idee auch längere Baumaßnahmen einzuschränken. Oder zumindest die Chance dazu zu haben, weil ja schließlich Bußgelder wegfallen. Die Wasserbetriebe und wer sonst so die Straßen aufreißt und darauf baut, würden sich bedanken.

Kommen wir zum Ende vom Lied des liebsten Kindes: Der Idee wurde eine klare Absage erteilt. Zwei Ausschüsse hat der Antrag durchwandert – den für Verkehr und den für Finanzen – und wurde mit jeweils 13 Nein-Stimmen und einer Ja-Stimme abgeschmettert. Begründung: Die Ermittlung des Bußgeld-Verlustes lohnt sich nicht. Sie würde „ bei erheblichem personellen Aufwand Zahlenberge produzieren, aus denen nichts abzuleiten ist, also folgt“, heißt es. „Sie würden nur das Berichtsunwesen befeuern.“

Es besteht Hoffnung in die Politik. Vielleicht gewinnen die echten Kinder ja doch den Konkurrenzkampf gegen die Blech-Lieblinge.

 

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