Wohnen, neu gedacht (2)

von philipp 18. November 2013

 

Fortsetzung von „Wohnen, neu gedacht“

 

Und dann gibt es noch die Baugruppen, die auf die Gemeinschaft setzen und entsprechend nutzbare Räume vorsehen. Hierfür ist die Pasteurstraße 27 ein Beispiel. Dort befinden sich im Erdgeschoss neben gemeinsamen Lagerräumen für Fahrräder, Bobbycars und Schlitten auch Gemeinschaftsküche und -bad. So lässt sich leichter im Hof feiern, und auch die spielenden Kinder müssen nicht gleich die Treppen hoch in die Wohnung rennen, wenn sie mal aufs Klo müssen. Ähnlich läuft es auch bei der gemeinsamen Dachterrasse, zu der noch eine kleine Wohnung mit Küche und Bad gehört. Diese können die Bewohner zusammen nutzen oder mal für Besucher oder Feste reservieren.

„Es wird viel ausprobiert und geschaut, was bei anderen funktioniert“, erzählt Ring. Die Baugruppen, die sich schon in den 90er Jahren gefunden hätten, bauten anders als heute üblich. Dafür zwängen die gestiegenen Grundstückspreise die neuen Gruppen zu gewissen Zugeständnissen an die Raumnutzung. Und dies sei nur ein blöder Nebeneffekt der aktuellen Entwicklung. „Von außen kann man nicht unterscheiden, ob ein großer Investor oder eine Baugruppe baut. Daher bekommen diese die Anfeindungen als Gentrifizierer genau so ab“, meint Ring. „Das ist sehr schmerzhaft, da die meisten selbst zur Nachbarschaft gehören.“

 

Auch ein Haus muss Nehmen und Geben

 

Laut Ring wechseln viele beim Umzug in ihren Neubau nicht einmal die Postleitzahl. Sie gehören zum Kiez und der Bau einer eigenen Wohnung ist ihr Weg, dort auch zu bleiben. „Es geht nicht um Renditen. Die Menschen leben da langfristig“, sagt die Architektin. Weil die neu geschaffenen Wohnungen nicht auf dem freien Markt angeboten würden, trügen sie auch nicht zur Preissteigerung bei. Statt dessen werde der Mietmarkt entlastet, weil mit dem Umzug ja eine Mietwohnung frei würde. „In diesem Fall sind die Investoren die Menschen, die selber einziehen. Es ist sehr schade, dass da nicht differenziert wird.“

Allerdings, das erzählt Ring ebenso, stimmt auch bei den Baugruppen nicht immer alles. Am Treptower Park etwa seien Villen-artige Gebäude entstanden, von der Straße und damit der Außenwelt abgetrennt durch einen Zaun sowie Parkplätze vor dem Haus. „Das wirkt wie eine Kleinst-Gated-Community und ist nicht gut für die Nachbarschaft.“ Kein Wunder, dass es da Proteste gebe.

„Ein Haus muss auf die Stadt reagieren und auch etwas zurückgeben. Man darf nicht nur nehmen“, meint die Architektin. Eine lebendige Stadt lebe vom Nebeneinander von Wohnen, Gewerbe, Gastronomie und sozialen Einrichtungen. „Wenn im Erdgeschoss eines Hauses nur geparkt werden kann, ist die Stadt tot“, sagt sie. Auf solche Ideen kämen nur Investoren – aber nicht die Baugruppen des Prenzlauer Bergs.

Wer sich selbst für eine Baugruppe interessiert, wem aber Mitstreiter oder Unterstützung fehlen, kann sich an die Netzwerkagentur Generationen-Wohnen wenden, die im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Interessierte berät.

 

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