Perspektive für Jugendclub schwindet

von Thomas Trappe 25. Januar 2013

Die Kirche von Unten muss in wenigen Tagen ein neues Domizil finden. Das Kulturhaus Peter Edel wird es wohl nicht sein.

Eigentlich dürfte Elias hier gar nicht mehr sein. Seit dem 1. Januar dieses Jahres gibt es keinen Mietvertrag mehr für die Räume in der Kremmener Straße 9-11. Elias, vielleicht 19 Jahre alt, geht trotzdem ans Telefon, viel Auskunft geben kann er aber nicht. Nein, er wisse nicht, wie es weiter geht. Damit geht es Elias wie den anderen. Niemand weiß, wie es mit dem Jugendclub „Kirche von Unten“ (KvU) weitergeht. Und wie es derzeit aussieht, muss sich Elias mit seinen Freunden wohl selbst kümmern. In Prenzlauer Berg und im gesamten Bezirk Pankow jedenfalls wird es immer unwahrscheinlicher, mit amtlicher Hilfe eine Bleibe zu finden.

Die KvU ist ein Relikt der Wendejahre. 1987 gegründet, ursprünglich als innerkirchliche Opposition, später mit politisch-reformerischen Ansätzen. Die KvU überlebte die Wendejahre und besteht heute noch als Jugendclub. In der Kremmener Straße 9-11 hat er seit 1992 seine Räume. „Die KvU ist aber weder eine Therapiegruppe für Althippies, Anarchopunks und andere seltsame Sitzengebliebene, noch will sie sich zum Billigst-, Veranstaltungs- und Saufort bestimmen lassen. Sie ist allenfalls eine Mischung aus beidem“, heißt es in der Selbstbeschreibung des Jugendclubs. Davon hat der Besitzer der Immobilie, die österreichische Immowert Immobiliengruppe, jetzt offenbar genug – im vergangenen Jahr wurde der Mietvertrag zum 31. Dezember gekündigt. Unter reger medialer Beobachtung protestieren seitdem die Jugendlichen gegen ihren Rausschmiss. Bis jetzt ohne Erfolg, nun geht es um Tage.

 

„Bunte Kuh“ machts unmöglich

 

Immer wieder war in den Diskussionen davon die Rede, dass die KvU in die Weißenseer Kulturhaus Peter Edel ausweichen könnte. Diskutiert wird das zwar immer noch im Bezirksamt Pankow und in der Bezirksverordnetenversammlung, aber so recht glauben will daran niemand mehr. Das Kulturhaus steht seit mehr als zwei Jahren leer und wie seine Zukunft aussieht, ist auch im Bezirksamt unklar. Die für Immobilien und Jugendliche zuständige Bezirksstadträtin Christine Keil (Linke) sagt dann auch, „dass das Kulturhaus Peter Edel kaum die Lösung sein kann“. Und „eine andere habe ich derzeit auch nicht“. 

Jan Schrecker, der sich als Piratenabgeordneter in der Bezirksverordnetenversammlung in den letzten Monaten intensiv mit der Zukunft der KvU beschäftigt hat, sieht das ähnlich. „Ehrlich gesagt würde ich den Jugendlichen raten, nach einer anderen Lösung zu suchen.“ Dass sich die Verantwortlichen im Bezirk für das Peter Edel entscheiden, ist offenbar auch deshalb unwahrscheinlich, da sich in der Nähe ein anderer Jugendclub befindet. Die „Bunte Kuh“ Weißensee. 

 

Nach Wien im scheißteuren Bus

 

Für die Jugendlichen steht sowieso fest: Sie wollen am liebsten in der Kremmener Straße bleiben. Vom Vermieter, der Immowert Immobiliengruppe, gibt es derzeit keine Auskunft. „Sie können gerne eine Anfrage stellen, mehr aber auch nicht“, erklärte eine Sprecherin des Unternehmens in Wien auf Anfrage dieser Zeitung. Eine Antwort gab es bis heute nicht. Derzeit verhandelt die Senatsverwaltung für Jugend mit Immowert. Bis Ende des Monats, also noch eine Woche, könne die KvU noch in der Kremmener Straße bleiben, erklärte Sprecher Ilja Koschemba. Darüber hinaus werde „über eine Verlängerung des Mietverhältnisses um weitere drei bis sechs  Monate“ verhandelt.

Sollte es keine Einigung geben, so Koschemba, „und tatsächlich das Mietverhältnis Ende dieses Monats beendet wird, dann wird zunächst ein Übergangskonzept mit Streetworkern greifen und es müsste möglichst schnell ein neuer Standort gesucht werden“. Bereits jetzt werde recherchiert. Die Senatsverwaltung habe damit die Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE) beauftragt. Koschemba: „Wir sind aber nicht festgelegt, was den Alternativstandort angeht, gerne auch einer in Mitte.“

Die Jugendlichen der KvU zieht es jetzt erst mal nach Süden. Nach Wien. Am 2. Februar werden sie mit einem „scheißteuren Bus“ zu Immowert fahren, um dort gegen ihren Rausschmiss zu protestieren, wie sie auf Ihrem Blog jetzt mitteilten.

 

 

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