Guter Garten, böse Brücke

von Juliane Schader 22. April 2015

Unterhalb der Bösebrücke baut die Berliner Naturschutzjugend einen Lehrgarten. Stadtkinder können dort bald auf Moorbewohner, Dünenpflanzen und Wildpinkler treffen.

Zum Pinkeln geht der Prenzlauer Berger gerne nach Gesundbrunnen. So zumindest der ganz subjektive Eindruck nach etwa zwanzig Minuten Warten am westlichen Ende der Bösebrücke. Eigentlich wollte ich mich hier am Sonntagnachmittag mit Theresa Klare und den anderen von der Naturschutzjugend (NAJU) Berlin treffen, die direkt an den S-Bahngleisen einen Natur- und Schaulehrgarten anlegen. Immer sonntags ab 15 Uhr seien sie da, hatte Klare geschrieben.

Doch heute scheint eine Ausnahme zu sein. So stehe ich vor der verschlossenen Gittertür, die am unteren Ende der Treppe den Weg von der Straße in den Garten versperrt, und kann beobachten, dass erwachsene Männer und Kinder nach dem Überqueren der Brücke gerne an dieser Stelle in die Büsche pinkeln.

Die Naturerfahrung dieses Nachmittags hatte ich mir etwas anders vorgestellt.

 

Mülldeponie am Gartentor

 

Ja, sagt Klare am nächsten Tag am Telefon. Die allerschönste Lage das das direkt an der Brücke nicht gerade. „Jede Woche sind wir erst einmal damit beschäftigt, den Müll wegzuschaffen, den man vor unserer Tür ablädt.“

Diese Erfahrung mag dazu beigetragen haben, dass die NAJU das Böse im Namen der Brücke, das eigentlich an KPD-Mitglied und Widerstandskämpfer Wilhelm Böse erinnern soll, wörtlich genommen hat – die böse, vermüllte Brücke, und als Gegenpol dazu unterhalb ihrer Pfeiler ein guter Garten. Denn „Der Gute Garten an der Bösebrücke“, so heißt ihr Projekt offiziell.

Schon vor etwa 15 Jahren habe der Naturschutzbund Deutschland (NABU) als Dachorganisation der NAJU das 700 Quadtratmeter große Grundstück entlang der Bahngleise gepachtet, erzählt Klare. In den ersten Jahren hätten die Mitglieder dort für sich selbst gegärtnert, bevor die Idee kam, das Aral als Schaulehrgarten zu öffnen. „Seit drei Jahren arbeiten wir daran.“ Wenn Pflanzen wachsen und Tiere sich ansiedeln sollen, braucht man Zeit.

 

Leben und Wachsen im Mini-Biotop

 

Entstanden sind seitdem sieben kleine, heimische Biotope, von einer Düne über ein Mini-Moor bis zur Wildblumenwiese. An diesen kann man nun nicht nur erkennen, welche Pflanzen in der jeweiligen Landschaft heimisch sind, sondern auch welche Tiere dazugehören: Bienen, Käfer, Amphibien – alles, was klein genug für das Leben im Mikro-Biotop ist, ist da. Ab dem Frühsommer können die Kinder der Großstadt hier vor Ort begutachten, was sie sonst nur in Büchern und Filmen zu sehen bekommen.

„Wir haben Programme zu verschiedenen Themen ausgearbeitet, die pädagogische Betreuer von uns durchführen“, sagt Klare. Mal wird es darum gehen, Tiere und Pflanzen im Garten kennenzulernen und zu bestimmen, mal um die Qualität von Wasser und Boden. Das Angebot ist kostenlos; Kitas und Schulen werden dafür nun angesprochen. Und wer einfach mal so vorbeischauen möchte, ist auch willkommen.

„Wir treffen und immer sonntags ab 15 Uhr zum Gärtnern“, sagt Klare.

Naja, seien wir ehrlich: fast jeden Sonntag.

 

Mehr Informationen, Workshop-Programm und Kontaktmöglichkeiten sollen sich, sobald es losgeht, auf der Internetseite der NAJU finden. 

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar