Was ist Eingliederungshilfe?

von Juliane Schader 4. Dezember 2014

Um Menschen mit Behinderung nicht auszuschließen, zahlen Sozial- und Jugendämter spezielle Hilfen. Diese sollen eine Teilhabe in Alltag und Beruf ermöglichen. Das bereitet jedoch Probleme.

Um Menschen mit Behinderungen eine Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, gibt es in Deutschland viele Angebote. Sie stehen Menschen mit körperlicher, geistiger oder psychischer Behinderung offen. Letztere wird auch als seelische Behinderung bezeichnet und umfasst dauerhafte psychische Erkrankungen wie Schizophrenie, Depression oder Zwangsstörungen.

Erste Ansprechpartner für diese Hilfen sind die Kranken-, Pflege- und Rentenkassen oder das Jobcenter. Wenn diese sich jedoch nicht zuständig fühlen, kommen in Berlin die Bezirksämter ins Spiel – vorrangig das Sozialamt, je nach Alter auch das Jugendamt. Die Unterstützungen, die diese gewähren, werden unter dem Begriff Eingliederungshilfe verbucht.

Unterschieden werden dabei Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, wozu zum Beispiel Hilfen durch Betreuer in der eigenen Wohnung, Plätze in Tagesstätten oder auch die psychologische Betreuungen von Suchterkrankten gehören, und Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Darunter werden beispielsweise die Unterstützungen bei der Fahrt zur Arbeit, Trainingsmaßnahmen zum Einstieg in die Arbeitswelt oder Leistungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen verstanden. In Ausnahmefällen werden zudem Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übernommen, wenn die Kranken- oder Rentenkassen diese nicht bezahlen.

Ein Teil der Leistungen wird unanhängig vom eigenen Einkommen gewährt. Teilweise müssen sich die behinderten Menschen aber auch einer Prüfung der eigenen finanziellen Situation unterziehen, wie sie auch bei Hartz-IV-Empfängern verlangt wird, und einen Eigenanteil leisten. Sparen und Rücklagen bilden ist für sie dann nicht möglich, da das Vermögen in die Berechnung mit einbezogen wird. Das gilt auch für Ehepartner.  

In den meisten Fällen werden die Hilfen über private Sozialdienste, die sogenannten freien Träger, abgewickelt. Sie bekommen das Geld für eine bestimmte, vorher mit dem Amt abgestimmte Leistung. Diese kann sowohl stationär in einer Einrichtung als auch ambulant erbracht werden, wobei man sich seit einiger Zeit bemüht, ambulante Angebote zu stärken.

Seit 2008 gibt es in Deutschland zudem das persönliche Budget. Dieses ermöglicht Menschen mit Behinderungen, über einen gewissen Geldbetrag selbst zu verfügen und damit zu entscheiden, wo sie welche Hilfen in Anspruch nehmen wollen. Ihnen soll damit ein größeres Maß an Selbstbestimmung ermöglicht werden. Bislang wird dieses Angebot jedoch kaum angenommen, weil es in der Umsetzung sehr kompliziert ist und oft Uneinigkeit zwischen Amt, Trägern und Betroffenen herrscht, wofür das Geld eingesetzt werden darf.  

Wer Anspruch auf Eingliederungshilfen hat, ist im neunten und zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB) und damit auf Bundesebene geregelt. Die Bewilligung und Ausführung übernehmen jedoch die Kommunen und damit in Berlin die Bezirke. Die Kosten werden wiederum vom Land Berlin getragen, welches das benötigte Geld über die Bezirkshaushalte nach unten durchreicht.

In den vergangenen Jahren sind die Kosten für die Eingliederungshilfen deutschlandweit stark gestiegen, was den Kommunen zunehmend Probleme bereitet (eine Infografik mit den genauen Zahlen gibt es hier) . Zuletzt hat der Bund daher Unterstützung zugesagt; eine Milliarde Euro pro Jahr sollen zunächst zusätzlich fließen. Da der Bund das Geld jedoch nicht an die Kommunen direkt, sondern über die Länder verteilen muss, besteht die Sorge, dass diese das Geld für sich behalten und anderweitig ausgeben.

Langfristig wird das Konzept der Eingliederungshilfen ganz überarbeitet. Dafür wird gerade am Bundesteilhabegesetz gefeilt, das zu erstellen sich CDU und SPD auf Bundesebene in ihren Koalitionsvertrag geschrieben haben. Ziel dabei ist, Menschen mit Behinderungen mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen und aus dem bestehenden Fürsorgesystem zu befreien. Zudem soll das Dickicht der Zuständigkeiten gelichtet werden. Einhergehen soll damit auch eine finanzielle Entlastung der Kommunen um bis zu fünf Milliarden Euro pro Jahr.

2016 soll das Bundesteilhabegesetz vom Bundestag verabschiedet werden. 

 

Was den Anstieg der Fallzahlen und der Kosten verursacht, und warum das gesamte Hilfesystem zu kollabieren droht, steht hier. 

Zudem gibt es hier eine Infografik zu den steigenden Fallzahlen und Kosten. 

 

Dieser Beitrag ist Teil einer Reihe über den Pankower Bezirkshaushalt, die mit einer Förderung der Rudolf Augstein Stiftung ermöglicht wurde.

Bisher erschienen:

Wie funktioniert der Bezirkshaushalt überhaupt? Ein Erklärversuch mit Gifs.

Infografik, wofür Pankow 2014 Geld ausgibt. 

Text und Grafik, ob der Bezirk an der Parkraumbewirtschaftung verdient, sowie ein Interview mit einem Verkehrsplaner zur planerischen Idee hinter den Parkzonen. 

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