Willkommen in Prenzlauer Berg von

von Juliane Schader 13. Juli 2011

Wer es im Urlaub gerne so hat wie zu Hause, der sollte Urlaub machen in Prenzlauer Berg von Rom, von Stockholm, von Tokio – oder doch von Essen?

Den Deutschen sagt man ja nach, dass sie gerne ihren Urlaub dort verbringen, wo es so ähnlich ist, wie sie es von zu Hause schon kennen. Also etwa in einem Bierzelt auf Mallorca, einem Bierzelt auf Ibiza oder in Südtirol, wo man immerhin sagen kann, man sei in Italien, und trotzdem auf Deutsch sein Schnitzel ordern kann.

Als Prenzlauer Berger hat man es bei der Wahl der Urlaubsortes noch etwas bequemer, denn offenbar gibt man sich weltweit derzeit große Mühe, Ziele zu schaffen, die aussehen wie Prenzlauer Berg, nur eben anders heißen und in einer anderen Großstadt liegen. Da gibt es zum Beispiel Gracia, bekannt als Prenzlauer Berg von Barcelona. Oder Grünerløkka, der Prenzlauer Berg von Oslo. Södermalm, der Prenzlauer Berg von Stockholm. Pigneto, der Prenzlauer Berg von Rom. Harajuki, der Prenzlauer Berg von Tokio. Uzupis, der Prenzlauer Berg von Vilnius. Oder auch Palermo Viejo, der Prenzlauer Berg von Buenos Aires. Nur bei New York ist man sich noch nicht so ganz sicher, ob TriBeCa oder nicht doch vielleicht Park Slope der Prenzlauer Berg der Stadt sind.

Jedoch ist die Prenzlauerbergisierung von Städten alles andere als ein internationales Phänomen. Ob Frohnhausen, der Prenzlauer Berg von Essen, oder die Hoffeldstraße als Prenzlauer Berg von Düsseldorf, auch im nationalen Vergleich orientiert man sich gerne am – ja, auch dieser Begriff gehört in einem jeden solchen Artikel – Szenebezirk. Selbst in Frankfurt am Main wurde schon einen Hauch von Prenzlauer Berg bemerkt.

 

Zwei Bioläden und eine Schwangere, fertig ist der Prenzlauer Berg von

 

Bei all diesen Vergleichen drängt sich die Frage auf, was den Prenzlauer Berg denn nun Besonderes auszeichnet, damit man ihn als Maßstab an die Städte dieser Welt anlegen kann. Und natürlich lautet die Antwort: Gibt es zwei Bioläden, wurde eine Schwangere gesichtet und hat schon mal ein Mensch mit Nerdbrille in einem Café seinen Laptop ausgepackt, wird dem Viertel gleich der Stempel „Prenzlauer Berg von“ aufgedrückt. Was praktisch ist, denn dann weiß man ungefähr, was man bekommt, wenn man noch daheim in der Eigentumswohnung am Kollwitzplatz, also dem Prenzlauer Berg von Prenzlauer Berg, am MacBook sitzt und Flüge bucht.

Hat man sich dann einmal, sagen wir, für den Prenzlauer Berg von Rom entschieden, muss man nur noch herausfinden, was das Becks von Italien ist, welche Straße die Kastanienallee und wo der Mauerpark-Flohmarkt der Stadt ist, und schon steht dem Mallorca-Urlaub für Prenzlauer Berger nichts mehr im Wege.

Es sei denn, man möchte dieses Jahr mal was riskieren. Dann könnte man auch eine Unterkunft im Kreuzberg von Rom buchen, Pigneto mit Namen. Doch Moment, war das nicht schon der Prenzlauer Berg von Rom? Offenbar waren da die Autoren nicht ganz firm in Sachen Bezirksgrenzen. Vielleicht sollte man es verallgemeinern und zusammenfassen als „Kreuzberg ist das Rom von Berlin.“ Oder „Berlin ist das Prenzlauer Berg von Deutschland“. Oder „Rom ist das Berlin von Italien“. Ich denke, damit kann man nichts falsch machen. Genauso wie mit einem Urlaub auf Balkonien.

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