Welcher Elterntyp sind Sie?

von philipp 29. Januar 2014

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Typ 6: Die Offenen

Diese Eltern sind nicht einfach nur ehrlich, sie sind gnadenlos offen. Fragt man sie danach, wie die Geburt gelaufen ist, erfährt man schnell, dass die frischgebackene Mutter noch ein wenig unter Inkontinenz leidet. Später erzählen sie den Praktikantinnen in der Kita davon, dass zum Kinderkriegen auch die riesigen Oma-Schlüpfer mit Mega-Einlagen gegen den Wochenfluss gehören. Und warum auch nicht? All die potentiellen Mütter und Väter da draußen sollen schließlich wissen, worauf sie sich einlassen! Der Windelinhalt als Gesprächsthema ist also Pflicht, nicht nur im geschützten Raum des eigenen Wohnzimmers oder zumindest des Eltern-Kind-Cafés, sondern auch beim schicken Italiener. Kinder gehören mitten in die Gesellschaft – und damit auch die nicht ganz so appetitlichen Seiten der Kleinen. Auf dem Weihnachtsmarkt kann man von Eltern dieses Typs (trügt der Eindruck, oder sind es meist nur die Mütter?) hören, dass sie gerne mal wieder so richtig entspannten Sex hätten, früher hätten sie´s so gerne vormittags getrieben und nun, ja nun sind da ständig die Kleinen im Weg. Ein kleiner Trost ist es, dass der Nachwuchs schnell lernt und die Eltern mit Wahrheiten aus dem unverfälschten Kindermund erfreut: Zum Beispiel, wenn der Sohnemann quer durch den Zug brüllt, dass Papa gerade Kaka gemacht habe und Klein-Paul Pipi. (ca)

 

Typ 7: Die Engagierten

An diesen Eltern liegt es, dass die Telefone beim Bezirksamt andauernd besetzt sind. Ständig rufen sie beim Jugendamt oder bei Bezirksstadträtin Zürn-Kasztantowicz an, um sich über den Zustand der Prenzlauer Berger Spielplätze, Kitas und Schulen zu beschweren. Diese Mütter und Väter haben es aber auch wirklich nicht leicht. Schließlich gehen die Kita-Erzieher nachweislich zu wenig mit den Kindern raus, der Schul-Caterer kocht zu fett, zu zuckerhaltig, zu ballaststoffarm. So verzweifelt sind diese Eltern mittlerweile, dass sie sogar ehrenamtliche Bastel-, Sport- und Singnachmittage für die ganze Kita anbieten – denn zu unkreativ, unsportlich und unmusikalisch sind die Erzieher natürlich auch, klar. Elternvertreter, die sich gleich beim ersten Nachfragen freiwillig für diesen Job gemeldet haben, sind immer Typ 7-Eltern. Abends harken diese Eltern eigenhändig die Spielplätze glatt, räumen Abfall, Kippen, Bierflaschen und ausrangierte Christbäume weg, weil‘s vom Amt mal wieder keiner geschafft hat. Der unermüdliche Einsatz dieser Mütter und Väter entlastet den Bezirkshaushalt jährlich um mehrere Milliarden. (bp)

 

Typ 8: Die Unersättlichen

Das Herannahen dieses Elterntyps kündigt sich von weitem durch leises Quietschen an: Ihr Kinderwagen ist halt nicht mehr der neueste, da sie darin mittlerweile ihr sechstes, siebtes oder achtes Kind durchs Viertel kutschieren. Sollte die „Trödelei“ in der Senefelder Straße oder „Findus“ in der Stargarder Straße mal wegen Überfüllung geschlossen sein, so liegt es daran, dass sich dort eine Typ 8-Familie mit Second-Hand-Klamotten eindeckt. Beim Kinderflohmarkt auf dem Helmi sind es immer Typ 8-Eltern, die schon morgens um 5 alle guten Sachen weggekauft haben. Die Familie wohnt unsaniert, der Mietvertrag ihrer 180-Quadratmeter Altbauwohnung (220 Euro warm) wurde zu Vorwendezeiten aufgesetzt. Manche leben aber auch in Zweiraumwohnungen, aus Kostengründen. Die ganze Familie nächtigt dann in einem selbst gebauten 10-Quadratmeter-Hochbett. Die Selbständigkeit ihrer Kinder ist das höchste Erziehungsziel dieser Eltern, denn bei so viel Gewusel verliert man schon mal den Überblick. Der pubertierende Sohn geht also mit dem Neugeborenen zum Babyschwimmen, seine sechsjährige Schwester bringt den Dreijährigen zum Kinderarzt. Der Vater steckt derweil die restlichen fünf in seinen gebraucht gekauften Van und flitzt zur Kita-Notbetreuung, denn Mama wurde eben vom Rettungswagen abgeholt: Blasensprung! (bp)

 

Typ 9: Der Wochenend-Papa

Seine Familie besteht aus zwei Kindern und einer Erwachsenen: Ihm selbst (Kind 1), dem Kind (2) und der Mutter. Der Mann gehört zum Typ „Ich bin zwar 42, habe Haarausfall und einen Bauchansatz, aber warum soll ich keine Baseballkappe und kein lustiges 11-Freunde-Fußballspruch-T-Shirt mehr tragen?“ Die ständige Sorge um ein Kind würde ihn davon abhalten, seine Jugend endlos zu verlängern. Deshalb hat er die Familie schon verlassen, bevor sie eine wurde. Das Kind liebt ihn trotzdem, denn wenn Papa es alle 14 Tage zu sich nimmt, lässt er auch dann jene Verantwortungslosigkeit walten, die er selbst für Unabhängigkeit hält und die Kinder natürlich als Befreiung empfinden, wenn sie mal aus dem Dunstkreis der gestressten und genervten Mama rauskommen. Die Bitte, mit dem Kind am Papa-Wochenende Hausaufgaben zu machen oder Flöte zu üben, empfindet er als unzumutbaren Eingriff in die knapp bemessene Freizeit – seine eigene. Der Wochenend-Papa ist die zuverlässigste Stütze des Patriarchats im Bereich der Kreativberufe: Tausende von Karrieren als Bühnenbildnerin, Regisseurin, Künstlerin oder Architektin wurden im Keim erstickt, weil Seinesgleichen talentierte, unvorsichtige junge Frauen schwängerte, die danach einen Brotjob finden und das Kind ernähren mussten. Richtig schlimm wird’s für das Kind übrigens, wenn der Selbstverwirklichungskasper mit 50 Plus doch noch beschließt, er sei jetzt reif, Verantwortung zu übernehmen. Dann muss das mittlerweile schon etwas ältere Erstgeborene mit ansehen, wie die kleinen Halbgeschwister all die Rund-um-die-Uhr-Zuwendung (und das Geld, denn jetzt hat sogar dieser Typ einen Job) bekommen, die es auch gern gehabt hätte. Falls es überhaupt zusehen darf. Denn häufig vergisst der Wochenend-Papa seine frühen Fortpflanzungsexperimente nach dem zweiten Anlauf. Für zwei Familien ist sein sensibles Nervenkostüm nicht stark und sein Bankkonto nicht voll genug. (mh)

Typ 10: Die Bescheidenen

Ob Sie zu diesem Typ gehören, werden Sie vermutlich nie herausfinden. Denn: Typisch für die Bescheidenen ist, dass sie sich gar nicht so viel mit dem Thema Erziehung beschäftigen und deshalb niemals so einen Test lesen würden. Die Bescheidenen erziehen sowieso nicht, sie machen alles aus dem Bauch heraus und beobachten ihr Kind einfach gut. Den Nachwuchs optimieren, am Schluss noch mit Hilfe von Chinesisch-Kursen im Vorschulalter? Auf keinen Fall! Maximilian soll ein ganz normaler Junge werden. Dass er schon kurz nach der Geburt unters Spieltrapez gelegt wird, liegt nicht an den Eltern, sondern an dem Kleinen, der eben schon so viel Interesse dafür gezeigt hat. Und der Nacktkrabbelkurs wird nur gemacht, damit Mama auch mal wieder rauskommt, eigentlich will man dem süßen Max ja sein Tempo lassen. Die eigene Verzückung darüber, dass der Sohn dann aber doch bei allem ganz früh dran ist, versuchen die Bescheidenen damit zu überdecken, dass man das eigene Kind ja immer toll finde. „Ach, Dein Kind konnte noch nicht mit zehn Monaten laufen? Naja, sie haben eben alle ihre Stärken und Schwächen. Dafür hatte Deiner bestimmt schon viel früher Zähne als unserer!“ (ca)

 

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Wer hat´s erfunden? Die Texte stammen aus der Feder von Brigitte Preissler (bp), Matthias Heine (mh) und Christiane Abelein (ca). Alle drei haben selbst Kinder. 

 

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