Auftakt mit Angst

von Juliane Schader 27. Februar 2013

Wie geht es weiter am Thälmann-Areal? Am Mittwoch wurde das erstmals öffentlich diskutiert. Erste Erkenntnis: Bei den Anwohnern grassiert die Angst vor Investoren und steigenden Mieten. 

Nach 40 Minuten riss eine ältere Dame in flammend rotem Pullover die Zuhörer aus ihrer Lethargie: „Ich wohne seit Anbeginn im Thälmannpark. Jetzt werden wir zugebaut. Ich fürchte, dass sich das gesamte Gebiet verändert, die Mieten steigen und die alten Mieter sich das nicht mehr leisten können.“ Brausender Applaus im vollbesetzten Saal in der Fröbelstraße, in den am Mittwochabend Bezirksamt und die Stattbau Stadtentwicklungsgesellschaft geladen hatten. Eigentlich wollten sie nur ihre Pläne für die Untersuchung des Areals um den Thälmannpark vorstellen. Doch bei den Bürgern war der Bedarf nach einer Diskussion über steigende Mieten, neue Bauprojekte und was sonst noch so anfällt doch größer.

 „Warum wurden an der Ella-Kay-Straße schon Bäume gefällt?“ – „Erst baut der Senat für 80.000 Euro eine Brücke über einen Teich, und dann leckt der.“ – „Ich bemühe mich hier seit 20 Jahren um einen eisfreien Weg zur Danziger oder Greifswalder Straße. Ich kann ihnen meinen Schriftverkehr mit dem Amt zeigen.“ – „Dem Bezirk fehlt das Geld zum Rasenmähen und nun wollen sie hier ein riesiges Areal gestalten.“ Viele Bürger, viele Sorgen, eine Antwort vom Stadtrat für Stadtentwicklung, Jens-Holger Kirchner (Grüne): „Wenn wir jetzt schon alle Antworten hätten, bräuchten wir dieses Verfahren nicht.“

 

Maßnahmen-Plan bis Ende Oktober

 

Dieses Verfahren, das ist die Untersuchung, die die Stattbau nun in den kommenden Monaten durchführen wird. In mehreren Schritten soll dabei herausgefunden werden, was sich Bürger, Eigentümer, Gewerbetreibende und Stadtplaner für das insgesamt 40 Hektar große Gelände wünschen, und was nicht geht. „Wir wollen ein Profil mit Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken erstellen, welches Grundlage für die Entwicklung eines Leitbildes sein soll“, erklärte Genia Krug, Stadtplanerin bei Stattbau. Daraus sollen dann Empfehlungen für konkrete Maßnahmen sowie Möglichkeiten, die auch zu finanzieren, entwickelt werden. Zeit ist dafür bis zum 31. Oktober.

Zentraler Punkt ist dabei die Bürgerbeteiligung. Bereits im März sollen Fragebögen verteilt werden, und auch die Ergebnisse der ersten großen Versammlung der Anwohnerinitiative sollen mit einfließen. Für April/Mai ist eine erste öffentliche Werkstatt mit Rundgängen durch das Areal geplant, während der sich über Prioritäten verständigt werden soll. Bei einer weiteren Werkstatt im August/September sollen Leitbild und Maßnahmen präzisiert werden. „Uns geht es darum, konkrete Ziele zu formulieren“, erklärte Stadtrat Kirchner. „Irgendwas mit Weltfrieden reicht da nicht.“ Damit das komplette Verfahren transparent und jederzeit nachvollziehbar läuft, soll es im Internet dokumentiert werden.

 

Realität manchmal schneller als Stadtplanung

 

Redebedarf gibt es bei den Anwohnern des Thälmannparks, siehe oben, definitiv. Allerdings kam während der Diskussion immer wieder der Argwohn durch, dass es tatsächlich noch Möglichkeiten gebe, wirklich Einfluss zu nehmen. Schließlich seien Neubauprojekte wie der Prenzlauer Bogen oder die Pläne am Rangierbahnhof Greifswalder Straße längst Realität. Kirchner wurde aber nicht müde zu betonen, dass es hier wirklich noch etwas zu gestalten gebe. Für konkretere Diskussionen seien aber die folgenden Monate gedacht.

Dennoch hielt der Abend zwei Erkenntnisse bereit: Die Bürger am Thälmannpark interessieren sich für Ihre Umgebung und fürchten nichts mehr als die Gentrifizierung. „Ich nehme mit, dass wir uns mit Sanierung und Mietpreisgestaltung noch mal extra beschäftigen müssen“, meinte Kirchner. Und beendete die Veranstaltung dann pünktlich um acht. „Wegen eines Fußballspiels von nationaler Bedeutung.“

Am Mittwoch, 13. März, 18 bis 20 Uhr, lädt die Anwohner-Initiative Thälmannpark zu einem Informationsabend in die Wabe, Danziger Str. 101.

 

 

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