Und täglich ist Bezirksspartag

von Juliane Schader 28. November 2012

Berlin muss sparen, überlässt das bislang aber gerne den Bezirken. Die sollten sich öfter gemeinsam zur Wehr setzen, sonst haben wir bald einen Flughafen, aber Schulen ohne Klos und Parkbrachen.

Wer in diesen Tagen mal Bezirkspolitiker zum Weinen bringen möchte, der spricht sie auf den neuen Berliner Flughafen an. Denn während der Senat dort Millionen um Millionen Euro an Mehrausgaben stillschweigend versenkt, weiß man auf Bezirksebene nicht, wo im kommenden Jahr die paar tausend Euro für die Miete des Jugendclubs herkommen sollen. Eiskalt zieht Berlin sein Sparprogramm nämlich nur in den Bezirken durch. Dass die sich gemeinsam dagegen wehren, wie zuletzt mit dem Brandbrief zur Jugendarbeit geschehen, ist jedoch bislang die Ausnahme. Das ausgeklügelte System der Kosten-Leistungs-Rechung (KLR), nach dem die Bezirke vom Senat ihr Haushaltsbudget zugewiesen bekommen, wusste dies stets zu verhindern.

Das Prinzip der KLR sieht vor, dass sich die Bezirke in einem permanenten Wettbewerb miteinander befinden: Ende des Jahres wird immer verglichen, wie viel etwa Pankow, Reinickendorf oder Charlottenburg-Wilmersdorf für einzelne Dinge wie eine Kontrolle der Lebensmittelaufsicht oder eine Angebotsstunde in der Kinder- und Jugendförderung ausgegeben haben. Aus diesen Werten wird der Median, ein mittlerer Wert, ermittelt, an dem sich das Budget für alle Bezirke für das kommende Jahr orientiert.

 

Abwärts mit der Sparspirale

 

Für Bezirke, deren Ausgaben oberhalb des Medians liegen, folgt daraus, dass sie im nächsten Jahr weniger Geld für ein bestimmtes Angebot zur Verfügung haben und demnach in diesem Bereich sparen müssen. Dadurch werden von Jahr zu Jahr der Median und damit die Ausgaben immer weiter nach unten gedrückt. Bezirke, die unterhalb des Medians liegen, haben im nächsten Jahr mehr Geld zur Verfügung, über das sie frei verfügen dürfen. Somit wurde eine Solidarisierung unter den Bezirken bislang verhindert – denn wer in diesem Jahr davon profitiert, dass er zuletzt besonders sparsam war, hat kein Mitleid mit denen, auf die die Kürzungen noch zukommen.

Die Bezirke befinden sich also seit Jahren in einer permanenten Sparspirale. Was genau den Sinn und Zweck der KLR erfüllt. Jedoch ergeben sich daraus zwei gravierende Probleme: Zum einen wird bei der Fixierung auf die Kosten völlig außer Acht gelassen, ob die anfallende Arbeit noch bewältigt werden kann, und in welcher Qualität. Und zum anderen fehlt eine Untergrenze, um eine Mindestversorgung zu gewährleisten. Das Sparen endet erst, wenn alle auf null sind. So kann vernünftige Politik nicht funktionieren.

 

Die Decke ist zu kurz

 

Bislang macht es sich der Senat noch einfach. Sparen müssten alle; wenn das Geld bei der Jugendarbeit fehle, müsse der Bezirk es innerhalb seines Haushalts eben von einem anderen Posten abziehen, heißt es. Doch wenn die Decke zu kurz ist, hilft es auch nicht, an ihr zu ziehen. Wenn sich nun im Jugendbereich die Bezirke gemeinsam zur Wehr setzen, ist das ein Schritt in die richtige Richtung.

Auf Bezirksebene werden die kleinen Dinge organisiert, auf die es aber ankommt – ob das nun Schulen mit funktionierenden Toiletten sind, Straßen ohne riesige Schlaglöcher oder die Auszahlung von Sozialleistungen. Die Bezirke müssen sicherstellen, dass das funktioniert, aber sie müssen es auch sicherstellen können. Das Land ist in der Pflicht, das zu gewährleisten. Und wenn es vor lauter Flughafen nicht daran denkt, müssen die Bezirke ihm auf die Füße treten. Machen sie das gemeinsam, haben sie mehr Gewicht. 

 

 

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