Sanierung war einmal

von Juliane Schader 13. Februar 2013

Der Teutoburger Platz ist seit gestern kein Sanierungsgebiet mehr. Der Senat zieht nach 18 Jahren Sanierung ein positives Fazit. Im Bezirk werden steigende Mieten und Verdrängung beklagt.

Der Kiez um den Teutoburger Platz ist kein Sanierungsgebiet mehr. Am gestrigen Dienstag hat der Senat den Sonderstatus aufgehoben. Damit endet nicht nur eine 18 Jahre dauernde Zeit der Sanierung in dem Areal zwischen Eberswalder Straße, Schönhauser Allee, Torstraße sowie Choriner und Schwedter Straße. Auch in Prenzlauer Berg ist damit die Phase des großangelegten Stadtumbaus fast beendet. Denn von einst fünf Sanierungsgebieten verbleibt nun nur noch das um den Helmholtzplatz. Dessen Aufhebung soll voraussichtlich im nächsten Jahr folgen, heißt es bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Der dazugehörige Senator Michael Müller (SPD) ist mit den Entwicklungen am Teutoburger Platz erwartungsgemäß sehr zufrieden. Das Gebiet habe sich als Wohnort von Familien etabliert; der öffentliche Raum sei aufgewertet und soziale und kulturelle Infrastruktur geschaffen worden. „Dabei war uns wichtig, dass die charakteristische gründerzeitliche Struktur erhalten bleibt und behutsam ergänzt wurde“, so Müller.

 

Drei Viertel der Wohnungen saniert

 

Insgesamt 109 Millionen Euro haben das Land Berlin und der Bund in das 50 Hektar große Gebiet investiert. Geld floss etwa in die Gestaltung von Grünflächen, Spielplätzen, Kitas und Schulen. Auch die Umbaumaßnahmen an der Oderberger Straße und der Kastanienallee gehören zum Sanierungsprogramm. Zudem wurden etwa drei Viertel der baufälligen Wohnungen modernisiert. Die Senatsverwaltung lobt in der dazugehörigen Pressemeldung besonders die Schaffung von familienfreundlichen, größeren Wohnungen durch Zusammenlegung. In Folge all dieser Verbesserungen habe sich die Einwohnerzahl seit Beginn der Sanierung um 30 Prozent auf 8400 gesteigert. Die Zahl der Kinder unter sechs Jahren habe sich im gleichen Zeitraum fast verdreifacht. „Das Gebiet mit seiner typischen Mischung aus Wohnen, Arbeiten und sozialer Infrastruktur hat sich zu einem citynahen Wohngebiet mit einem attraktiven Stadtbild entwickelt“, meint die Senatsverwaltung.

Ein Urteil, dem sich der Pankower Stadtrat für Stadtentwicklung Jens-Holger Kirchner (Grüne) grundsätzlich durchaus anschließen mag. „Die Oderberger Straße ist fast fertig, an der Kastanienallee bauen wir noch, sogar am Stadtbad passiert jetzt etwas – es wurde wirklich viel erreicht“, sagt Kirchner. Allerdings gebe es auch kleine Wehrmutstropfen wie den Verlust der kleinen Wohnungen, die der Senat als Erfolg ausweist. „Und der Anstieg der Mietpreise ist natürlich überhaupt nicht zufriedenstellend.“

 

Platzhaus am Hirchhof #wasfehlt

 

Ähnlich sieht das auch Roland Schröder (SPD) als Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung im Bezirk. „Es gibt durchaus einen Sanierungserfolg. Auch wenn ich etwa die hohe Eigentumsstruktur, die wir im Kiez nun haben, durchaus bedenklich finde“, meint er. Als letzte Baustellen des einstigen Sanierungsgebiets sieht er neben der Fertigstellung der Kastanienallee noch die Errichtung eines Platzhauses auf dem Hirschhof. Beides sei aber auf einem guten Weg. Darüber hinaus wolle der Bezirk den Kiez nun zum Erhaltungsgebiet erklären. Das ist Voraussetzung dafür, dass auch dort die neuen Pankower Regeln im Kampf gegen die steigenden Mieten greifen können, nach denen etwa der Einbau eines zweiten Bades oder eines Kamins verboten ist.

Nur Wolfram Kempe (Linke), Schröders Stellvertreter im Stadtentwicklungsausschuss, kommt zu einem vernichtenden Fazit: „Wenn man Erfolg von Stadterneuerung nur an den Fassaden misst, dann ist es natürlich hübsch geworden“, findet er. Maßgeblich sei seiner Ansicht nach jedoch das Versprechen, dass sie Sanierung sozial ablaufen sollte. „Wenn danach weniger als 20 Prozent der alten Bevölkerung noch da sind, dann ist das für mich keine erfolgreiche Sanierung“, sagt Kempe.

 

 

 

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