„So verspielt man Vertrauen“

von Thomas Trappe 8. August 2012

Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) über einen holprigen Start, das Ende des Personalabbaus und über unnachvollziehbare Politik im Mauerpark.

Herr Köhne, politisch betrachtet war das vergangene dreiviertel Jahr, nach der Bezirkswahl, ein turbulentes. Sie mussten sich mit Händen und Füßen gegen Etatkürzungen durch den Senat wehren,und im Bezirk immer wieder erklären, warum überall das Geld fehlt.

Es war dieses Mal eine Ausnahmesituation. Im Bezirksamt mussten neue Aufgabenverteilungen organisiert werden, mit allen Reibungsverlusten, die damit einhergehen. Und in dieser Gemengelage musste eine äußerst komplexe Haushaltsdiskussion geführt werden, die allen Beteiligten große Opfer abverlangt. Das lief nicht immer so, wie ich es mir gewünscht habe.

 

Was meinen Sie?

Ich finde, Transparenz bei Haushaltsplanungen ist wichtig. Das kann aber nicht heißen, dass man, bevor überhaupt irgendwelche Entscheidungen getroffen wurden, schon Szenarien entwirft, die viele Beteiligte verunsichern.

 

Sie spielen auf die Ankündigungen von Kürzungen im Kulturbereich an, die zu wochenlangenProtesten zum Beispiel in der Wabe und im Theater unterm Dach führten.

Die Proteste an sich sind in Pankow gar nicht ungewöhnlich. Aber man muss sie als Bezirk nicht noch anheizen, wenn noch nicht klar ist, wohin die Reise geht.

 

Sie sind auch für den Bereich Personal in der Verwaltung zuständig. Dort ist das Reiseziel klar: Weiter Personal abbauen.

Das stimmt zumindest für unseren Bezirk nicht ganz. Denn wir wissen nun das erste Mal, dass es mit den Kürzungen bald vorbei ist – das berühmte Licht am Ende des Tunnels ist zu sehen. Wir haben jetzt endlich vom Land Zielzahlen bekommen, die erreicht werden müssen. Im Bezirk Pankow sollen bis 2016 38,1 Vollzeitstellen abgebaut werden. Ist diese Marke erreicht, fallen sämtliche Restriktionen weg. Das heißt, wir können mit dem Personalstand rechnen und beispielweise Beschäftigte, die in die Rente gehen, erstmals durch Außeneinstellungen ersetzen. Das ist eine völlig neue Perspektive.

 

Neu in Ihrer Zuständigkeit ist das Thema Wirtschaftsförderung gekommen. Was haben Sie da bisher erreicht?

Der Bereich Wirtschaftsförderung ist mit vier Leuten eine der kleinsten Organisationseinheiten im Bezirksamt. Subventionen können wir nicht verteilen. Unsere Aufgabe ist vor allem, Einfluss auf Rahmenbedingungen zu nehmen. Ein wichtiges Thema ist die Bestandsentwicklung. Die vielenUnternehmen im Bezirk, denen es gut geht, können sich zu oft nicht erweitern.

 

Zum Beispiel DailyDeal…

Zum Beispiel, aber es gibt viele andere. Uns fehlen Ersatzflächen, die kurzfristig zur Verfügung stehen.

 

Schon gar nicht in Prenzlauer Berg.

Potenziale bestehen vor allem im Norden, zum Beispiel in Heinersdorf oder an der Schönerlinder Straße. Hier behindern uns allerdings baurechtliche Hürden, die kurzfristig nicht aus dem Weg genommen werden können.

 

Treffen Sie ab und an auch Wirtschaftsvertreter, um eine Ansiedlung im Bezirk schmackhaft zu machen?

Bei meinen regelmäßigen Treffen und Betriebsbesuchen stehen die bereits im Bezirk ansässigen Unternehmen im Vordergrund. Im Übrigen möchte ich daran erinnern, dass es dem Bezirk direkt kein Geld bringt, wenn sich weiteres Gewerbe oder Industriebetriebe ansiedeln – sämtliche Einnahmen aus der Gewerbesteuer gehen an den Senat. Trotzdem müssen wir dafür sorgen, dass unser Bezirk attraktiv bleibt. Dazu gehören auch erfolgreiche Wirtschaftsbetriebe.

 

Welche Wirtschaft wollen Sie für Prenzlauer Berg?

Die vorhandene Kreativwirtschaft passt ganz gut zu diesem Bezirksteil, aber es gibt dort auch erstaunlich viele mittlere und kleinere Unternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen.

 

Kreativwirtschaft – was ist das eigentlich?

Dazu gehören kommerzielle Kultur, der ganze Internetbereich – Webdesigner, Online-Händler, Grafikstudios -, alles, wo es darum geht, eine Idee umzusetzen und sie zu verkaufen.

 

Wenn wir auf die vergangenen politischen Monate zurückblicken, kommen wir am ThemaMauerpark nicht vorbei. Die jüngste Entwicklung ist durch eine Dekret-artige Entscheidung im Nachbarbezirk Mitte bestimmt, die dem mühsam erarbeiteten Konsens zum Mauerpark ad absurdum führt. Verstehen Sie diese Entscheidung?

Ich gebe keine Noten für andere Bezirke. Aber mir ist unverständlich, warum ein Kompromiss einfach so kassiert wird und damit unnötige Konflikte heraufbeschworen werden. Aber ich kenne die Hintergründe nicht.

 

Aber sie kennen Politik.

Das stimmt, und auch deshalb verstehe ich das Ganze nicht. Denn so verspielt man Vertrauen.

 

Herr Köhne, was steht an für die kommenden Wochen? Die Sommerpause ist vorbei.

Wir müssen dem Senat ein tragfähiges Haushaltskonsolidierungskonzept vorlegen, da kommen intensive Verhandlungen auf uns zu. Außerdem müssen wir die Abgabe des Verwaltungsgebäudes Fröbelstraße vom Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses genehmigt bekommen. Wenn das nicht passiert, würde das große finanzielle Probleme schaffen.

 

Vielen Dank für das Gespräch! 

 

 

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