Wie funktioniert Lokalpolitik in Berlin?

von Juliane Schader 24. November 2010

Lokalpolitik in Berlin wird von zwei Abkürzungen gemacht: BVV und BA – die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt. Doch was machen die eigentlich genau?

Berlin hat Glück gehabt. Denn was die Komplexität des politischen Systems angeht, hätte es die Stadt noch viel schlimmer treffen können. Während andere Bundesländer neben ihren Landesregierungen noch auf Kreis- und Gemeindeebene Verwaltungen betreiben müssen, steht in Berlin unter dem Abgeordnetenhaus nur noch der Bezirk. Der sich jedoch mit der Bezirksverordnetenversammlung als Organ der bezirklichen Selbstverwaltung immerhin ein Wortungetüm an seine Spitze gestellt hat.

Seit der Verwaltungsreform 2001 ist Prenzlauer Berg kein eigener Bezirk mehr, sondern ein Ortsteil von Pankow. Da es auf dieser Ebene kein eigenes Verwaltungsgremium mehr gibt, werden alle für Prenzlauer Berg wichtigen Entscheidungen auf Bezirksebene gefällt. Wenn im September 2011 die nächsten Wahlen anstehen, stimmen die Bewohner vom Prenzlauer Berg also über die Besetzung der Pankower BVV, wie die Bezirksverordnetenversammlung abgekürzt genannt wird, ab.

Wahlberechtigt sind alle über 16-jährigen Deutschen und EU-Ausländer mit Wohnsitz in Berlin. Die Wahl wird stets gekoppelt an die zum Abgeordnetenhaus, womit einhergeht, dass im Falle einer frühzeitigen Auflösung des Abgeordnetenhauses frühzeitig auch auf Bezirksebene neu gewählt werden muss.

Die Wahl der BVV erfolgt über Listen, das heißt, man hat nur eine Stimme und kann diese nur einer Partei, nicht aber einer Einzelperson direkt geben. Einzelkandidaturen sind damit nicht möglich. Anders als etwa bei der Bundestagswahl, muss eine Partei nur drei statt fünf Prozent der Stimmen bekommen, um in die BVV einzuziehen. Überhangs- oder Ausgleichsmandate gibt es nicht.

55 Bezirksverordnete bilden die BVV. Wer Bezirksstadtrat oder Bezirksbürgermeister wird, muss sein Mandat niederlegen. Gleiches gilt, wenn man ins Abgeordnetenhaus wechselt. In Pankow stellen derzeit die SPD 17, die Linkspartei 15, Bündnis 90/ Die Grünen 10, die CDU 7, die FDP 4 und die Republikaner 1 Verordneten. Dazu gibt es mit Harald Hommers einen parteilosen Verordneten, der 2006 noch als WASG-Mitglied in die Versammlung einzog. Zu Beginn jeder Wahlperiode wählt die BVV einen Vorstand. Der Pankower Vorsteher ist Burkhard Kleinert von der Linkspartei; sein Stellvertreter Manfred Schülke von der SPD.

Wie im Bundestag bilden die Bezirksverordneten einer Partei eine Fraktion, sobald mindestens drei Mitglieder in der BVV sitzen. Bezirksverordnete sind keine Vollzeit-Politiker, sondern sind nur in ihrer Freizeit politisch aktiv. Daher bekommen sie auch kein Gehalt, sondern lediglich eine Aufwandsentschädigung, die pro Monat pauschal 295 Euro beträgt. Zu dieser kommen ebenfalls monatlich 41 Euro Fahrtgeldentschädigung sowie 20 Euro für die Teilnahme an Fraktions- oder Ausschusssitzungen und 31 Euro für eine Plenarsitzung.

Die BVV wählt und kontrolliert das Bezirksamt (BA), das sich aus einem hauptamtlichen Bezirksbürgermeister und fünf Bezirksstadträten zusammensetzt, die das eigentliche Amt mit seinen sechs Abteilungen leiten. Die Posten werden gemäß dem Wahlergebnis proportional unter den Parteien aufgeteilt; die stärkste Fraktion darf den Bürgermeister vorschlagen.

Das Pankower BA besteht aus den Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) und den Bezirksstadträten Christine Keil (Die Linke), Leiterin der Abteilung Jugend und Immobilien, Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD), Leiterin der Abteilung Gesundheit, Soziales, Schule und Sport, Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/Die Grünen), Leiter der Abteilung Öffentliche Ordnung, Martin Federlein (CDU), Leiter der Abteilung Bürgerdienste und Wohnen und Michail Nelken (Die Linke), Leiter der Abteilung Kultur, Wirtschaft und Stadtentwicklung. Das Bezirksamt führt die Verwaltung. Entscheidungen werden nach dem Mehrheitsprinzip gefällt; kommt es zu einer Stimmengleichheit, zählt die Stimme des Bürgermeisters doppelt.

Die BVV ist kein richtiges Parlament, da sie keine Gesetze und Verordnungen verabschieden kann. Ihre Aufgaben beschränken sich vielmehr darauf, die Verwaltung in Form des Bezirksamtes zum Handeln anzuregen und es zu kontrollieren – man spricht dabei vom Initiativ- und Kontrollrecht der BVV. Dazu kommt das Auskunftsrecht, das sie berechtigt, jeder Zeit über alle Angelegenheiten vom BA Auskunft zu verlangen. Damit ist jedoch nichts, was die BVV für gut oder veränderungswürdig hält, für das BA bindend – die BVV ist damit einer der berüchtigten zahnlosen Tiger. Wofür auch spricht, dass sie zwar den Bezirkshaushalt beschließt, aber darauf angewiesen ist, dass das Abgeordnetenhaus ihn absegnet.

Die inhaltliche Arbeit, die als Hauptaufgabe der Bezirksverordneten gilt und aus der sich die Handlungsempfehlungen für das BA ableiten, wird in den Ausschüssen geleistet. Im Bezirks Pankow gibt es davon gleich 13 Stück, vom Ausschuss für Bürgerbeteiligung, Eingaben, Wohnen, Bürgerdienste und Geschäftsordnung über den Ausschuss für Rechnungsprüfung bis zum Unterausschuss Spielplatzkommission des Kinder- und Jugendhilfeausschusses. Neben den Bezirksverordneten sitzen in ihnen Bürgerdeputierte, die als sachkundige Bürger von der BVV gewählt werden und ihren Job gegen eine Aufwandsentschädigung von 20 Euro pro Sitzung machen.

Die meisten Ausschüsse tagen öffentlich. Zudem kann man an den BVV-Tagungen teilnehmen, die immer mit einer Einwohnerfragestunde beginnen. Falls man eine Frage stellen will, sollte man diese jedoch vorher anmelden, damit sich die Bezirksverordneten darauf vorbereiten können. 

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