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von Juliane Schader 10. Juni 2014

Wie sauber ist es in der Lieblings-Pizzeria? Bis Freitag konnte man das im Internet nachlesen. Nun musste der Bezirk seine Smiley-Listen aus dem Netz nehmen. Beendet ist der Kampf für mehr Lebensmittel-Hygiene damit nicht.

Torsten Kühne hat es so gewollt. Keine drei Monate ist es her, da wünschte sich Pankows Stadtrat für Verbraucherschutz (CDU) noch ein Grundsatzurteil, damit endlich geklärt würde, was der Bezirk denn nun von den Ergebnissen der Lebensmittelkontrollen auf seiner Website veröffentlichen darf. Seit Ende Mai hat er eine Antwort vom Berliner Oberverwaltungsgericht. Sie lautet: Nichts.

Zumindest nichts in der bisherigen Form. Bislang hatte der Bezirk die sogenannten Smiley-Listen ins Internet gestellt, aus denen hervorging, wie die getesteten Betriebe in unterschiedlichen Kategorien abgeschnitten hatten – etwa bei der Mitarbeiterhygiene, Reinigung oder Schädlingsbekämpfung. Nun hat das Gericht untersagt, etwas zu veröffentlichen, was einen Vergleich zwischen Anbietern ermöglicht. Ob Smiley, Punkte oder Barometer, alles, was nach Bewertung aussieht, ist damit verboten. Seit Freitag sind die Pankower Listen offline. Aufgeben will der Bezirk bei seinem Versuch, mehr Transparenz in die Lebensmittelbranche zu bringen, dennoch nicht.

 

Trial and Error für den sauberen Umgang mit Lebensmitteln

 

„Das Urteil sagt sehr genau, was nicht geht, aber nicht, was geht. Das versuchen wir nun herauszufinden“, sagt Kühne. Seit Jahren gebe es bundesweit immer wieder Klagen und Urteile, aber eine endgültige Regelung fehle immer noch. Auch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts sei nicht das Ende der Fahnenstange, weil gar keine Veröffentlichung im Sinne des Verbraucherschutzes auch nicht ginge. „Wir arbeiten da nach dem Trial-and-Error-Prinzip“, so der Stadtrat. Jetzt ist wieder Phase „Trial“ im Bezirksamt angesagt.

Dahinter steckt das grundsätzliche Dilemma, ob man nun die Gesundheit der Menschen höher einschätzt, die etwa in einer Eisdiele essen, oder den Schutz des Eisverkäufers, der im Falle einer schlechten Beurteilung mit Umsatzeinbußen bis hin zur Insolvenz rechnen muss.

Auf Seiten der körperlichen Unversehrtheit stehen das Verbraucherinformationsgesetz und das Lebens- und Futtermittelgesetzbuch. Mit beidem argumentieren die Ämter, die wie Pankow die Ergebnisse ihrer Lebensmittelkontrollen veröffentlichen. Dagegen stehen die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen und ihr Schutz. Das Berliner Oberverwaltungsgericht, das über die Klage zweier Supermärkte gegen die Veröffentlichung auf der Pankower Smiley-Liste urteilen musste, hat nun wieder für Letztere entschieden.

 

CDU wahrt grünes Erbe

 

Aber Stadtrat Kühne hat noch Hoffnung. „Auch die Rechtssprechung entwickelt sich“, meint er. Vielleicht unterschätzten manche Richter noch die Gefahren, die von fehlender Lebensmittelhygiene ausgingen. „Wir an der Basis haben das Problem aber jeden Tag vor Augen, etwa die verdorbenen Erdbeeren im Schulessen vor zwei Jahren. Wir wollen derartige Skandale verhindert. Das funktioniert nur mit Überwachung und Transparenz.“

Nun heißt es im Pankower Bezirksamt nach Schlupflöchern zu suchen, die das neue Urteil gelassen hat. Der Bezirk hat vor Jahren beim Thema Lebensmittelhygiene eine bundesweite Vorreiterrolle übernommen, als Jens-Holger Kirchner, damals noch als Ordnungsstadtrat, als Erster die Smiley-Listen einführte. Dieses Erbe seines grünen Vorgängers will der CDU-Politiker Kühne nun fortführen. „Ich wüsste nicht, warum wir uns als CDU nicht für Verbraucherschutz einsetzen sollten“, sagt er auf die Frage, ob seine Partei sich nicht eher der Unternehmersicht verpflichtet fühle.

 

Kompletter Bericht? Kein Problem

 

Eine Möglichkeit hat der Bezirk schon gefunden, wie er die Bürger weiterhin darüber informieren könnte, wie ernst es der örtliche Imbiss mit der Hygiene nimmt: er könnte die kompletten Berichte der einzelnen Kontrollen ins Internet zu stellen. Bis zu 700 kommen da monatlich zusammen. Allerdings müssten diese zum einen extra digitalisiert werden, und dafür fehlt es an Zeit und Personal. Zum anderen muss man laut Kühne halber Experte sein, um daraus schlau zu werden. So war damals die Idee entstanden, mit lachenden oder weinenden Smileys auf den ersten Blick ersichtlich zu machen, wie es um die Hygiene bestellt ist. Doch so einfach darf es sich der Bezirk nun nicht mehr machen.

 

 

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