Sperrgebiet Bürgersteig

von Thomas Trappe 16. August 2012

Ein Gerichtsurteil zwingt den Bezirk zur Sicherung von Gehsteigen. Der Senat streicht Geld zur Sanierung. Die Verwaltung sieht jetzt nur noch einen Ausweg: Die Wege zu sperren.

Beschwerden von Prenzlauer Bergern über die schlechte Qualität von Gehwegen könnten bald die unverzügliche Sperrung der Wege nach sich ziehen. Da einerseits nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs die Bezirke verpflichtet sind, die Verkehrssicherheit von Fußwegen in jedem Falle sicherzustellen, andererseits aber der Senat gerade die Mittel für solche Ausbesserungen gekürzt hat, könnte dem Bezirk bald nichts anderes mehr übrig bleiben, als Sperrgitter aufzustellen, erklärte der zuständige Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) jetzt auf Anfrage. Dies sei der einzige Weg, Bürger vor Stürzen zu schützen und das Amt vor Klagen.

Das BGH-Urteil ist wenige Wochen alt. Eine Pankower Rentnerin verklagte das Land auf Schmerzensgeld, da sie sich bei einem Sturz in der Arnold-Zweig-Straße verletzte, wegen des schlechten Zustands des Fußwegs, wie sie erklärte. Das Gericht gab ihr recht, und dem Land den Hinweis, dass leere Kassen es nicht rechtfertigen, auf Gehwegausbesserungen zu verzichten. Angaben, welche Schäden repariert werden müssen, fehlen im Urteil. Für Jens-Holger Kirchner heißt das, „dass man prinzipiell alles ausbessern muss, wenn wir rechtlich auf der sicheren Seite sein wollen“. Und das will das Amt. 

 

Jede Beschwerde eine Sperrung

 

Allerdings fehlt das dafür eigentlich nötige Geld, was wiederum an einer Entscheidung des Senats liegt: Der hat dieses Jahr die Mittel für die Sanierung von Straßen erheblich gekürzt, vor allem beim langjährigen „Sonderprogramm Straßenunterhaltung“ wurde gestrichen. Für den Bezirk Pankow heißt das, so Kirchner, dass in diesem und im kommenden Jahr nur jeweils 3,7 Millionen Euro zur Verfügung stehen. 2010 waren es 5,7 Millionen, im vergangenen Jahr sogar 6,4. Nennenswerte Ausbesserungen seien mit dem neuen Etat kaum möglich – schließlich muss mit dem Topf auch die Verkehrssicherheit auf den Straßen, und nicht nur den Gehwegen, sichergestellt werden.

„Das Urteil hat die Latte deutlich höher gelegt, wenn es um den Zustand von Gehwegen geht“, sagt Kirchner. Faktisch heißt das, dass künftig so ziemlich jede Beschwerde beim Bezirksamt über den Zustand von Fußwegen als berechtigt betrachtet werden muss. Das Bezirksamt hat dann zwei Optionen: reparieren oder sperren. Nur letztere kommt derzeit in Frage. Werden also demnächst Fußwege im Bezirk kilometerweise gesperrt? Könnte passieren, sagt Kirchner. 

Heute Abend wird über das Thema aber zunächst auf Senatsebene diskutiert – dort treffen sämtliche Tiefbauamtsleiter der Bezirke zusammen. Für Kirchner ist klar, wohin die Reise gehen muss: „Es muss ein Gehweg-Sonderprogramm geben, sonst können wir das nicht stemmen.“

 

 

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