Bahn soll für Fahrrad-Stellplätze zahlen

von Thomas Trappe 8. September 2011

Öffentliches Anliegen oder Geschäftemacherei? Die Linke hat ihre Zweifel am  Bahn-Projekt „Stadtrad“.

Die Linken-Fraktion in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) tut sich weiterhin schwer mit den Fahrrad-Stationen der Deutschen Bahn auf den Bürgersteigen von Prenzlauer Berg. In der jüngsten BVV hat der Linken-Abgeordnete Wolfram Kempe, gleichzeitig Vorsitzender des Verkehrsausschusses, seine Kritik an der Kooperation zwischen Bahn und Bezirk im Form einer schriftlichen Anfrage an den zuständigen Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) erneuert. Kern: Die Bahn soll nicht, wie bisher, ihre Mietstationen kostenlos auf den Fußwegen aufstellen dürfen.

Kempe verweist auf einen Beschluss der BVV von Ende Juni. Damals wurde mit großer Mehrheit beschlossen, dass der Bahnkonzern Standgebühren für seine „Call-a-Bike“-Stationen zahlen muss. Ein Beschluss, den Kirchner wiederum nicht umsetzen mochte, da er ihn für verkehrspolitischen und ökologischen Unsinn hält. Die Räder würden den Verkehr entlasten und seien deswegen ein förderwürdiges Pilotprojekt. Es sei zudem rechtlich möglich, wegen genannter Gründe auf  Nutzungsgebühren zu verzichten, worum der Senat auch explizit gebeten habe. Die Bezirke Mitte und  Friedrichshain-Kreuzberg hielten sich daran. Und Kirchner hat wenig Lust, es ausgerechnet in Pankow anders zu halten.

Kempe wollte es nun genau wissen: Handelt es sich, da die DB-Radsharing-Stationen in unmittelbarer Nähe von DB-Carsharing-Stationen stationiert sind, „nicht vielmehr um ein Modellprojekt für eine Integration von einem privatrechtlichen Fahrradverleih und einem privatrechtlichen Autoverleih“, sprich, um ein gar nicht so innovatives Umweltprojekt, sondern um subventionierte Geschäftemacherei?

Stadtrat Kirchner hatte die Frage zuvor an den Betreiber Deutsche Bahn weitergeleitet. Die Antwort, die er zitierte, war eindeutig: Nein, Radsharing brächte bis jetzt keine Gewinne, „ohne Förderung funktioniert es nicht“, so Kirchners Zusammenfassung. Auf die Frage Kempes, wieviel Fördergelder die Bahn für das Pilotprojekt vom Bundeswirtschaftsministerium bekommt, konnte Kirchner keine Auskunft geben.

 

„Politik nach Gutsherrenart“

 

Gegenüber den Prenzlauer Berg Nachrichten betonte Kirchner nun, dass er an der Gebührenfreiheit für das Radsharing festhalten möchte. Er verwies darauf, dass in Prenzlauer Berg auch für diverse Taxi-Stände keine Mieten fällig werden. „Es geht einfach um die Frage, ob Fahrräder zum Öffentlichen Personennahverkehr zählen. Herr Kempe ist da anderer Meinung als ich.“

Das kann man wohl sagen, wie in der neuesten Reaktion von Kempe deutlich wird. Er glaubt Kirchner kein Wort, im Gegenteil: Der Grüne habe die Verordneten „dreist getäuscht“, dass die Bahn nicht zahlen müsse, sei rechtswidrig. „Zur Durchsetzung ihrer rabiaten Zweirad-Ideologie pfeifen die Grünen offenbar rücksichtslos auf Gremien- und Bürgerbeteiligung“. Kirchner gefährde zudem durch „Gutsherrenart“ ein „an sich sinnvolles Projekt. Denn nach derzeitigem Stand befinden sich die Fahrradstationen in Pankow illegal in öffentlichem Straßenland.“ Cornelius Bechtler, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen in der BVV, sieht Kempes Vorwürfe darin motiviert, dass dieser einen „Kreuzzug gegen ein privatwirtschaftliches Unternehmen führen will“. Call-a-Bike befinde sich in der Pilotphase. „Wenn die zu Ende ist, kann man sachlich über festgestellte Defizite diskutieren.“

Nach einer baldigen Beendigung des Streits klingt das nicht. Wenigstens in einem Punkt besteht Einigkeit zwischen Kirchner und Kempe. Dessen Forderung, an den Radsharing-Stationen Wegweiser zu den nächsten Haltestellen des ÖPNV anzubringen, will das Bezirksamt demnächst umsetzen, kündigte Kirchner an.

 

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