Schrecker will die Piraten retten

von Anja Mia Neumann 8. September 2016

Ortstermin mit Jan Schrecker. Der Pirat kämpft dafür, dass seine Partei in Pankow weiter mitentscheiden darf – unter anderem mit seiner Handynummer. Der Treffpunkt ist einer seiner Lieblingsplätze.

Statt mit Jackett und schicker Hose kommt Jan Schrecker mit T-Shirt und rosafarbener Baggy Pant zum Interview. Der Spitzenkandidat der Piraten schwimmt gerne mal neben den Strom. Bei Sitzungen fällt der 36-Jährige durch Vehemenz auf – zum Beispiel mit seinen Nachfragen zum Jobcenter.

Schrecker will die Piraten retten, die vor fünf Jahren mit phänomenalen 10,2 Prozent in die BVV Pankow einzogen. Jetzt drohen sie, unterzugehen. Um das zu verhindern, hat Schrecker seine Handynummer auf Wahlplakate drucken lassen (s.u.). Vier bis fünf Anrufe bekomme er seitdem pro Tag. „Ich habe schon mit Leuten gesprochen, die auf der Schönhauser Allee Ausgehtipps wollten“, erzählt Schrecker. „Aber auch mit vielen, die gefragt haben: Wofür stehen die Piraten?“ Einen Mann habe er nach seinem Anruf zum Jobcenter begleitet.

Wir treffen uns auf dem Arnimplatz.

 

Herr Schrecker, wer sind Sie?

Die Antwort gibt es zum Hören.

 

Warum sind wir hier?

«Der Arnimplatz ist ein toller Platz, ich bin gerne hier und er ist ein Erholungsort inmitten des Trubels in Prenzlauer Berg. Man braucht hier unbedingt eine Toilettenanlage mit Dusche für Obdachlose, wie auch andere Plätze im Viertel. Er gibt die Urbanität  von Prenzlauer Berg wieder, er ist eine Begegnungsstätte – wir müssen darauf achten, dass wir so etwas erhalten und nicht weiter zubauen.»

 

Wo sollen wir wohnen?

«Ich glaube, dass keine der Parteien eine wirkliche Antwort darauf hat. Man hat in der Vergangenheit Fehler gemacht, weil man landeseigene Wohnungsunternehmen verscherbelt hat und es wird sicherlich fünf bis zehn Jahre dauern, um diese Fehler auszubügeln, indem man neue Flächen zukauft, indem man Milieuschutz ausweitet, indem man probiert, die Bestandswohnungen zu sichern. Denn der Neubau wird für viele auch zu teuer sein.»

 

Wem gehört die Straße?

«Ich glaube, gerade im Innenstadtbereich ist es wichtig, dem Fahrrad die Straße zurück zu geben und deswegen den Ausbau von Radwegen voran zu treiben. Wir brauchen Fußgänger- und Radwege, weil man im Innenstadtbereich sehr gut auf den ÖPNV und aufs Rad ausweichen kann. Wir sind nicht unbedingt die Parkplatz-Unterstützer und die Frage ist, ob man nicht durch die Reduzierung von Parkplätzen den Autoverkehr ein wenig aus der Innenstadt bekommen kann.»

 

Wie bekomme ich einen Schulplatz?

«Da geht es vor allem um die Sanierung von Schulen, die nicht zur Verfügung stehen und da müssen wir in den nächsten Haushaltsverhandlung darauf gucken, dass die Investitionmittel, die der Bezirk bekommt auch wirklich für die Schulen eingesetzt werden. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall: Da ist vor allem mit Investionsmitteln die Schuldentilgung des Bezirks vorangetrieben worden. Für die Grundschule ist die fußläufige Erreichbarkeit wichtig, für weiterführende Schulen ist es auch zumutbar, dass man ein bisschen Wegstrecke in Kauf nimmt.»

Mit seinen Wahlplakaten gibt sich Schrecker offen und will wohl vor allem signalisieren: Ich bin da. Foto: Anja Mia Neumann

 

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Am 18. September sind Wahlen zu Pankows Bezirksverordnetenversammlung (BVV), unserem Bezirksparlament (auch wenn es nicht so heißt, weil es keine Gesetze verabschieden darf).

Die Prenzlauer Berg Nachrichten haben die Bezirksbürgermeisterkandidaten getroffen. An einem Ort ihrer Wahl, der für sie Prenzlauer Berg ausmacht: Rona Tietje (SPD, 28,1% bei der letzten Wahl), Jens-Holger Kirchner (Grüne, 20,8 %), Sören Benn (Linke, 18,5 %), Torsten Kühne (CDU, 13,9%), Jan Schrecker (Piraten, 10,2%), Sophie Regel (FDP, 1,1%) und Herbert Mohr (AfD, /).

 

Wir haben nach den heißen Themen des Viertels gefragt: Verkehr, Wohnraum und Schulen. Denn die Zahlen sprechen für sich:

  • In nur drei Jahren sind die Mieten in Prenzlauer Berg um 1 bis 2 Euro pro Quadratmeter gestiegen (laut Wohnungsmarktreport 2016 im Kollwitzkiez um 9,0 Prozent auf 12,01 Euro/qm, am Arnimplatz um 14,6 Prozent auf 10,12 Euro/qm und rund um die Prenzlauer Allee um 18,1 Prozent auf 11,80 Euro/qm).
  • Nicht einmal jeder fünfte Prenzlauer Berger nutzt im Alltag ein Auto, um sich fortzubewegen (laut den aktuellsten Zahlen des Senats von 2008 fallen 18 Prozent auf den „Motorisierten Individualverkehr“, 21 Prozent fahren Fahrrad, 27 Prozent mit Öffentlichen, 35 Prozent gehen zu Fuß).
  • Bis zum Jahr 2020 fehlen in Prenzlauer Berg mehr als 1600 Grundschulplätze (laut bezirklichem Infrastrukturkonzept 2016 sind das 11,5 Schulzüge). 280 Oberschüler aus Pankow können zum neuen Schuljahr nicht auf eine ihrer drei Wunschschulen gehen und müssen stattdessen bis zu 60 Minuten pendeln, u.a. nach Marzahn-Hellersdorf.

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Zu Infos über die Abgeordnetenhaus-Wahl in Prenzlauer Berg  geht es hier.

 

 

Gute Wahl wünschen die Prenzlauer Berg Nachrichten!

 

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