Gefälschte Flyer machen Stimmung gegen die Choriner Höfe

von Juliane Schader 22. März 2011

In einer Wurfsendung fordert der Investor der Choriner Höfe Anwohner auf, als Hausmeister anzuheuern und wirbt für Umsiedlungen nach Hohenschönhausen – angeblich. Denn der Flyer ist eine Fälschung.



Logo und Tonfall sind gut getroffen. Das muss man dem bislang unbekannten Aktivisten lassen, der am vergangenen Wochenende in den Briefkästen rund um die Choriner Straße eine zweiseitige Wurfsendung hinterließ. Angeblicher Absender: die Investorengemeinschaft Diamona & Harnisch, die derzeit an der Choriner Straße ein riesiges Neubauprojekt, Choriner Höfe genannt, realisiert.

Auf den ersten Blick wirkt der Flyer nicht nur echt, sondern vor allem harmlos. Für den kommenden Sonntagvormittag wird zu einem „Frühlingsempfang mit Champagner und einer kleinen Überraschung“ eingeladen, um sich für das Verständnis für die Baumaßnahmen zu bedanken. Doch der dann folgende Text hat es in sich.

 

Sanierung der umliegenden Häuser, Nachbarn können als Hausmeister anheuern

 

So ist zu lesen, dass mit dem Abschluss der Bauarbeiten an den Höfen und dem Einzug der neuen Bewohner der Aufwertungsprozess nicht abgeschlossen sei. „Einige nicht sanierte Häuser in unserer gemeinsamen Nachbarschaft passen jetzt nicht mehr in das neue, gehobene Erscheinungsbild unserer Straße“, heißt es. Daher habe man sich bereit erklärt, die unansehnlichen Gebäude zu erwerben und stilgerecht zu sanieren. Zudem solle auf dem Teutoburger Platz ein abgeschirmter, nur Mitgliedern einer Initiative vorbehaltener Spielplatz entstehen, auf dem Kleinkinder von mehrsprachigem Personal betreut und vor unkontrollierbaren äußeren Einflüssen bewahrt würden.

Man wolle jedoch auch sozial schwächer gestellten Menschen ein Leben in der Nachbarschaft ermöglichen, heißt es weiter: „In naher Zukunft entstehen neue, qualifizierte Arbeitsplätze für Servicekräfte in den Bereichen Securitiy, Facility Management, Gastronomie, Grünanlagenpflege und Housekeeping.“ Selbst an diejenigen, die die durch die Aufwertung des Quartiers zwangsläufig steigenden Mieten nicht mehr zahlen könnten, sei gedacht. „Durch die langjährigen Investitionen von Diamona & Harnisch in Nachbarbezirken wie Lichtenberg und Hohenschönhausen können wir adäquate Wohnalternativen anbieten.“

 

Sechzig Anrufe irritierter Anwohner beim Investor

 

Als Kontaktmöglichkeit auf dem Flyer angegeben ist eine Telefonnummer, unter der sich tatsächlich ein Mitarbeiter von Diamona & Harnisch meldet. „Das ist ein Fake“, sagt er gleich – schon zum 60. Mal am heutigen Tag, wie er hinterherschiebt. „Den meisten Anrufern war bewusst, dass es sich bei dem Brief um eine Fälschung handelte. Sowas passiert manchmal“, meint er. Die Vorurteile, die hier erkennbar würden, könne er aber nicht ganz nachvollziehen. Schließlich seien es vor allem junge Familien, die sich in den Choriner Höfen den Traum vom Eigenheim erfüllten. „Die fahren mit dem Fahrrad und nicht mit dem Porsche vor.“ Ob die Guerilla-Aktion Konsequenzen haben werde, könne er noch nicht sagen.

Einer der ersten, der den Flyer nicht nur bemerkte, sondern sich öffentlich dazu äußerte, war Rico-Thore Kauert. „Am Sonntag habe ich den Zettel im Briefkasten gefunden und mich so über die Dreistigkeit dieses Briefes geärgert, dass mir zunächst entging, dass es sich dabei um eine Fälschung handelte“, sagt er. In seinem Blog machte er seinem Ärger Luft – mittlerweile hat er den Beitrag wieder offline genommen.

 

„Layout, Sprache – das klang plausibel“

 

„Der Flyer ist ziemlich gut gemacht, und auch die übliche PR-Sprache sehr gut getroffen“, meint er. „Das klang plausibel.“ Andere Anwohner, mit denen er gesprochen habe, hätten das ähnlich gesehen. „Irgendwann rief dann aber die Agentur der Investoren bei mir an und klärte mich über die Fälschung auf – im Nachhinein frage ich mich natürlich, warum ich das nicht gleich bemerkt habe.“

Wer hinter der Aktion steckt, ist bislang nicht bekannt. „Einer der üblichen gefrusteten Anwohner“, meint der Mitarbeiter des Investors. Auch Kauert hat keinen konkreten Verdacht, vermutet aber, dass der Zeitpunkt mit den Baumfällungen in der Kastanienallee 63 zusammenhängen könnte. Auch dort heißt der Investor nämlich Diamona & Harnisch.



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