Die Provokation zieht weiter

von Thomas Trappe 30. September 2011

Der Kollwitzmarkt verlagert sich um ein paar Meter. Jetzt drohen neue Klagen wegen Ruhestörung.

Die Dame in der Kollwitzstraße 62 ist ganz beruhigt. Auch wenn Sie gerade erst erfährt, dass ab kommendem Frühjahr vor ihrer Haustür eine der größten Attraktionen Berlins allwöchentlich stattfinden wird, weiß sie sofort, was sie davon hält. „Ist doch super.“ Selbstverständlich ist diese Reaktion nicht, schließlich geht es um den Kollwitzplatz. Erst kürzlich gewann eine Anwohnerin in der Knaackstraße einen Prozess, sie fühlte sich durch den Lärm des samstäglichen Marktes gestört, der nicht nur Berliner, sondern auch Tausende Touristen anzieht. Ein neuralgischer Punkt. Und der soll jetzt einfach ein paar Meter wandern.

Im März nächsten Jahres wird es voraussichtlich so weit sein. Wegen einer Gehwegsanierung, so die Ankündigung des Bezirksamts, wird der Markt dann auf der Kollwitzstraße stattfinden, im Bereich zwischen Knaack- und Wörther Straße. Bisher ist der Markt auf den anderen beiden Seiten des Kollwitzplatz-Dreiecks untergebracht. Zwar ist der Umzug als vorübergehend deklariert. Es ist aber durchaus möglich, so die Ankündigung des für öffentliche Ordnung zuständigen Bezirksstadtrats Jens-Holger Kirchner (Grüne), dass der Markt nicht mehr an den Ausgangsort zurückkehrt – um weitere juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden.

 

Kleinste Veränderungen sind bedrohlich

 

Doch dass diese Rechnung aufgeht, ist alles andere als sicher. Denn die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass eine Marktverlagerung, und sei sie noch so klein, wohl eher Probleme schafft, als sie aus dem Weg zu räumen. Bereits vor drei Jahren gab es einen Umzug wegen einer Verkehrsberuhigungsmaßnahme in der Wörther Straße. Als sich der Kollwitzmarkt in der Folge zusätzlich in der Knaackstraße breit machte, fühlte sich nicht nur die jetzt siegreiche Klägerin belästigt, sondern auch der zweithöchsten Mannes im Staat: der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD). Er warf der Bezirksverwaltung Täuschung vor, demokratische Gremien seien nicht ausreichend einbezogen worden. Der Kollwitzmarkt erhitzt die Gemüter also leicht, wenn er vor die Haustür zieht, um das Mindeste zu sagen.

Jens-Holger Kirchner weiß das nur allzu gut. Er ist sichtlich bemüht, die betroffenen Anwohner in der Kollwitzstraße gar nicht erst auf Klage-Gedanken kommen zu lassen. „Natürlich weiß ich, dass jede Veränderung in Prenzlauer Berg für Probleme sorgen kann“, sagt er, auch neue Beschwerden könne er nicht ausschließen. „Wir müssen die Veränderung einfach gut vermitteln.“ Als positiv wertet er es, dass in der Kollwitzstraße weniger Parkplätze wegfallen, wenn Markt ist, da es hier mehr Platz gebe. Wie genau es mit dem Markt weitergeht, stehe aber erst fest, wenn ein neuer Marktleiter gefunden ist. Die Stelle wurde gerade neu ausgeschrieben.

 

Umzug zum Wasserturm wird ausgeschlossen

 

Eins schließt Kirchner allerdings aus: Dass der Markt ganz von der Kollwitzstraße verschwindet, zum Beispiel in Richtung Wasserturm in der Knaackstraße. Entsprechende Überlegungen gab es offenbar in der Verwaltung. „Aber dann könnte man ja nicht mehr von einem Kollwitzmarkt sprechen“, so Kirchner. Auch andere Straßen in der Nähe seien untauglich, so sein Resümee.

Die zitierte Anwohnerin in der Kollwitzstraße wird jedenfalls nicht klagen, so viel scheint sicher. „Ob der Markt nun direkt vor der Haustür ist oder ein paar Meter weiter, ist mir eigentlich relativ egal.“ Nur eines störe sie: „Dass ich dann hier wahrscheinlich keinen Parkplatz mehr finde.“

 

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