Meine Mama geht arbeiten – mit mir

von Anja Mia Neumann 27. Januar 2015

Ein Kindergarten mit Büro oder ein Büro mit Kindergarten: Das soll die Lösung der Kind-Karriere-Frage sein. Drei Coworking-Gründer erproben sie in Prenzlauer Berg und suchen nach einer Immobilie.

Mal eben von zu Hause eine lang aufgeschobene Mail-Antwort tippen? Oder gar konzentriert am Laptop arbeiten? Mit kleinem Kind ist das oft ein großer Akt. Ein Team von Müttern und Vätern will helfen und versucht sich an einer neuen Idee in Prenzlauer Berg. Wenn es nach ihnen geht, soll das –  viel gepriesene, aber schwer realisierbare – Homeoffice weichen und durch einen anderen Anglizismus ersetzt werden: dem Coworking. Natürlich mit Kind.

Die Idee ist so simpel und nahe liegend, dass es verwundert, dass sich in Berlin noch niemand professionell an das Projekt gewagt hat: In dem einen Raum sitzen die Eltern und arbeiten, nebenan passen Erzieher auf den Nachwuchs auf. Und wenn der Zweijährige bockt oder das Baby gestillt werden muss, können die Eltern ein paar Schritte laufen und sind da.

 

Das Kita-Büro hätten sich die Gründer selbst gewünscht

 

„Das Konzept ist vor allem für Eltern interessant, die ihr Kind noch nicht komplett in fremde Hände geben wollen – auch mal tageweise“, sagt Ulrike Käfer von Coworking Toddler, das sich an Kinder zwischen null und drei richtet. Die 28-Jährige hat eine drei Jahre alte Tochter und ist sich sicher: „Das ist das, was ich mir gewünscht hätte.“

In Gemeinschaftsbüros mit WLAN, Kopierer und Konferenzraum mieten sich üblicherweise Freiberufler ein – Journalisten, Startup-Gründer, Berater – aber auch Studenten, die ihre Abschlussarbeiten schreiben. Das soll auch beim Coworking mit Kind so sein. Zusätzlich können Unternehmen Plätze für ihre festen Mitarbeiter in Elternzeit mieten, um ihnen einen einfacheren und früheren Wiedereinstieg in den Job zu bieten.

 

Zwischen Beruf und Bindung

 

Damit versucht Coworking Toddler, ein Mittelding zu sein: Viele Eltern wollen zwar gern früh nach der Geburt wieder ins Berufsleben, aber ihre Kleinen (noch) nicht weggeben. „Wir sind klar bindungsorientiert und stillfreundlich“, sagt Käfer. Ein Konzept, das während seiner Pilotphase im Kindercafé „Panama“ in der Zionskirchstraße gut ankommt.

Astrid Schellhaas hat es mit ihrem Sohn Lennart ausprobiert. Die freiberufliche Fremdsprachen-Dozentin und Tanztrainerin sieht in dem Coworking die Gelegenheit, ihren Unterricht vorzubereiten. „Aber hier kann ich mich online auch endlich mal um vernachlässigte Freundinnen kümmern.“ Lenny – 20 Monate alt – gefällt es: Erst sitzt er bei Mama auf dem Schoß und guckt auf Mamas Laptop, dann verschwindet er und spielt mit den anderen Kindern.

 

Schwere Suche nach richtigen Räumen

 

Eltern-Kind-Büros gibt es unter dem Namen Rockzipfel schon woanders. Der Unterschied hier: Die Eltern wechseln sich bei der Betreuung der Kleinen ab. Bei Coworking Toddler sollen das ausgebildete Betreuer übernehmen während die Eltern separat sitzen und arbeiten. „Coworking mit Kind gibt es in New York, London, Tokio und Wien“, sagt Gründerin Käfer. Der Vorreiter sei San Francisco gewesen. „Es wird Zeit, dass wir nach Deutschland kommen.“

Woran hapert es nun? An der Immobilie. Und an der Bürokratie. Für einen Kindergarten mit Büro müssen besondere Auflagen erfüllt werden. Die Preise sind knackig in der Innenstadt, wo sich Coworking Toddler niederlassen will. Und mindestens fünf Räume sollen es auch sein: ein Spielraum, ein Schlafraum, ein separates Büro, ein Eltern-Kind-Büro und ein Konferenzraum.

Außerdem wollen die Gründer, dass die Eltern auch einen Kita-Gutschein einlösen können. Wenn sich eine Immobilie findet, soll es in diesem Frühjahr losgehen. Bis dahin läuft die Pilotphase im Kindercafé weiter.

 

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