Mieter tragen Kosten der Öko-Sanierung

von Juliane Schader 1. Februar 2011

Mieterhöhungen kommen heute unter dem Deckmantel der energetischen Sanierung daher, berichtet die Mieterberatung Prenzlauer Berg. Seit 1991 hat sie ein offenes Ohr für die Sorgen der Mieter im Ortsteil.



Eigentlich könnte es für den umweltbewussten Mieter eine gute Nachricht sein: Sein Wohnhaus wird energetisch saniert; eine Wärmedämmung soll kommen. Doch mit ihr wird nicht nur die Wohnung warm, sondern auch teuer: „Bis zu fünf Euro pro Quadratmeter kann die Miete durch so eine Umbaumaßnahme steigen“, sagt Sylvia Hoehne-Killewald von der Mieterberatung Prenzlauer Berg. „Rechtliche Mittel, um gegen diese Umlage vorzugehen, gibt es nicht.“

Seit über 20 Jahren arbeitet Hoehne-Killewald bei der Beratung, die Mietern in den Sanierungs– und Milieuschutzgebieten des Prenzlauer Bergs kostenlos zur Seite steht. Sie kennt die unterschiedlichsten Sorgen und Nöte, die sich mit fortschreitender Sanierung des Viertels  immer wieder veränderten. Mieterhöhungen in Folge der energetischen Sanierung sind nur die aktuellsten Fälle.

„Das Problem ist, dass die Sanierung politisch gewollt ist und ohne Baugenehmigung durchgeführt werden kann“, erklärt Hoehne-Killewald. Daher seien sie auch ein beliebtes Mittel, den Wert der Wohnung und im Anschluss die Mieten zu steigern, ohne sich mit dem Bezirksamt auseinander setzten zu müssen. „Wir raten den Betroffenen immer, sich direkt an den Vermieter zu wenden, wenn es Probleme gibt.“ Aber verhindern könne man solche Maßnahmen selten – höchstens herauszögern.

 

Mit dem Auslaufen der Sanierungsgebiete geht auf die Beratung zu Ende

 

Mehrmals in der Woche bietet die Mieterberatung in ihrem Büro in der Lettestraße sowie als Vor-Ort-Beratung in der Kopenhagener Straße, der Käthe-Niederkirchner-Straße sowie der Templiner Straße kostenlose Beratungen an, teilweise auch mit Rechtsanwalt. Finanziert wird dieser Service aus Sanierungsgeldern des Senats. „Nach dem Auslaufen der letzten Sanierungsgebiete in Prenzlauer Berg im nächsten Jahr wird unsere Arbeit mit einer Verzögerung von vielleicht drei Jahren eingestellt.“

Neben mittlerweile zeitlosen Themen wie baulichen Mängeln, Problemen bei der Untervermietung oder Kündigungen aus Eigenbedarf muss sich die Beratung in der letzten Zeit immer wieder mit ungenehmigten Umbaumaßnahmen innerhalb der elf Milieuschutzgebiete des Prenzlauer Bergs auseinandersetzten.

Wer etwa in seinem Bad eine Handtuchhalter-Heizung und ein wandhängendes WC einbaut oder einen Balkon mit mehr als fünf Quadratmetern Fläche anlegt, darf das nicht ohne Genehmigung. Milieuschutz nennt man diese Regelung, die das Bezirksamt eingeführt hat, um nach Aufhebung der Mietobergrenzen ein letzten Mittel zu haben, die Mietentwicklung zu beeinflussen. Schließlich dienen solche Umbaumaßnahmen der Aufwertung der Wohnung und damit immer als Rechtfertigung für eine Mieterhöhung.

 

Hauseigentümer versuchen zunehmend, Milieuschutz zu umgehen

 

„In letzter Zeit melden Nachbarn immer mal wieder unangemeldete Umbaumaßnahmen“, erzählt Hoehne-Killewald. Indem sie still und heimlich Wohnung für Wohnung umbauten, versuchten Hausbesitzer hinter dem Rücken des Bezirksamtes den Milieuschutz zu umgehen. „Wir geben solche Fälle natürlich gleich weiter, aber dem Amt fehlt es meist an Mitarbeitern, um dagegen vorzugehen. Und ist ein Bad erstmal modernisiert, wird es selten zurückgebaut.“ Dann bliebe nur die Möglichkeit, im Mietvertrag vorzuschreiben, dass die Modernisierungen nicht den Wert der Wohnung und damit die Miete steigern dürften. Aber bei der Anzahl der Wohnungen in Prenzlauer Berg könne man das einfach nicht flächendeckend kontrollieren. „Bußgelder drohen nicht.“

Damit die Mieter überhaupt wissen, welche Baumaßnahmen anstehen, ist die Mieterberatung auch für deren Information verantwortlich. Sobald eine Genehmigung ausgesprochen wurde, schreibt sie alle Bewohner eines Hauses an. Darüber hinaus ist sie für die Verteilung der 6000 Wohnungen im Ortsteil zuständig, die mit gedeckelten Mieten Menschen zur Verfügung stehen, die akut wegen einer Sanierung umziehen müssen oder einen Wohnberechtigungsschein besitzen. Diese Arbeit wird auch nach der Schließung der Mieterberatung in vier bis fünf Jahren weitergehen, denn die letzten dieser Wohnungen verlieren erst 2040 ihre Mietbindung. Die 6000 Mietparteien, die sich derzeit pro Jahr beraten lassen, müssen sich dann aber einen neuen Ansprechpartner suchen. „Ihnen bleibt der Mieterbund“, meint Hoehne-Killewald.



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