Verzweiflung auf der Wohnungssuche

von Kristina Auer 10. Mai 2017

5000 Euro Belohnung für einen abgeschlossenen Mietvertrag? Wohnungssuchende in Prenzlauer Berg überbieten sich gegenseitig mit Versprechungen. Ein Best Of der Wohnungsgesuche.

„Junges Königspaar sucht 2-Zimmer-Wohnung, (…) Erstgeborenes als Dankeschön“, schrieb der Direktkandidat der Mieterpartei Sven Fischer im letzten Sommer auf seine Wahlkampfwerbung in Form von Abrisszetteln, die er überall in Prenzlauer Berg an die Straßenlaternen hängte. Mit den ironischen Anspielungen wollte Fischer auf die absurden Ausmaße hinweisen, die die Wohnungssuche in Prenzlauer Berg erreicht hat. In letzter Zeit sind mir viele echte Wohnungsgesuche begegnet, und das Groteske ist: Fischers Zettel sind gar nicht mehr so weit von der Wirklichkeit entfernt. So lese ich Sätze wie „Liquides Paar (bald mit Nachwuchs) sucht 4- bis 5-Zimmerwohnung“ oder „Nette Familie (beide Ministerialbeamte) sucht…“. Auch das Bezahlen von hohen Belohnungen für erfolgreich vermittelte Wohnungen nimmt immer mehr Fahrt auf, wie es scheint. Erstgeborene Babys werden zwar bisher noch nicht angeboten, dafür aber teils horrende Geldbeträge. Ich habe ein wenig gestöbert und ein kleines Best Of der Wohnungssuche zusammengestellt:

 

1. Briefkastenwerbung

Wohnungsgesuche kommen heutzutage schon in den Briefkasten. (Foto: privat)

 

Den Aushang mit kleinen Abrissen im Straßenland gibt es seit eh und je, und auch für die Wohnungssuche mit Belohnung wird er schon länger eingesetzt. Um nicht in der Masse unterzugehen oder gleich wieder überklebt zu werden, gehen einige Wohnngssuchende deswegen inzwischen neue Wege. So fand meine alte Bekannte vor kurzem diese Nachricht in ihrem Briefkasten in der Raumerstraße. Wie wir erfahren, haben Eva und Christopher ein „sehr gutes, regelmäßiges Einkommen“ und sind „bei erfolgreicher Vertragsunterzeichnung gerne bereit, eine Belohnung von 2000 Euro zu bezahlen“. Das Paar sucht „auch wegen Familienplanung“ eine Drei- bis Vierzimmerwohnung. Das Beispiel zeigt: Auch die Zahlungskräftigeren haben es in Prenzlauer Berg schwer, wenn es um eine familientaugliche Wohnung geht.

 

2. Sandkasten

 Kreatives Wohnungsgesuch auf Buddelförmchen (Foto: Robert Ide)

 

Wer sich Makler und Belohnung sparen möchte, muss deshalb besonders kreativ werden. So wie diese Mutter aus dem Helmholtzkiez, über die der Tagesspiegel kürzlich berichtet hat. Sie klebte ihr Wohnungsgesuch auf Buddelförmchen und vergrub sie am Helmholtzplatz im Sandkasten. Sie hoffe, damit bessere Chancen zu haben als im Internet oder mit Zetteln, sagte die Frau, die in der Werbung arbeitet, den Kollegen.

 

3. Internet

 

Im Internet, wo mit Persönlichkeit und Kreativität unter Tausenden von Wohnungsgesuchen nicht zu punkten ist, regiert stattdessen der blanke Euro. Wer hier herrausstechen will, muss knallharte finanzielle Anreize schaffen. Die Suchenden in diesem Beispiel bilden mit einer versprochenen Belohnung von 5000 Euro die absolute Vorhut, stellen dafür aber mit 700 Euro Warmmiete für eine Dreizimmerwohnung zugegebenermaßen auch schwierige Bedingungen. Gemeinhin gilt: Wer bereit ist, höhere Monatsmieten zu bezahlen, ist schon ab 1000 Euro Belohnung vorne mit dabei. Ich nehme mir vor, in einem Jahr wieder zu kontrollieren, ob inzwischen auch Erstgeborene, Haussklaven oder Motoryachten als Belohnung angeboten werden.

 

Welche Erfahrungen habt Ihr auf der Wohnungssuche gemacht? Findet man mit Belohnung leichter eine Wohnung? Werden die hohen Belohnungen tatsächlich bezahl? Schreibt uns an redaktion@prenzlauerberg-nachrichten.de!

 

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2 Kommentare

Jérôme 2. August 2018 at 22:44

Toller und amüsanter Artikel 🙂 …doch die viel wichtigere Frage lautet: Habt ihr zufällig eine 3-Zimmerwohnung im Angebot :)? Oder kennt ihr jemanden, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der bald ausziehen wird?
Falls ja dürft ihr mir gerne schreiben! Wir würden gerne nach Prenzlauer Berg ziehen.
Viele Grüße
Marie & Jérôme

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michael 3. November 2018 at 21:51

Was wollt ihr bloß alle in Berlin, und ausgerechnet hier? Es sind doch kaum noch Einheimische da, die Gentrifizierung treibt allerbeste Blüten …. Das ursprügliche Flair ist doch schon lange flöten gegangen.

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