Wie fahrradfreundlich ist unser Bezirk? (Foto: pixabay/NN)

Fakten-Check: So fahrradfreundlich ist Prenzlauer Berg

von Constanze Nauhaus 2. Februar 2018

Was plant der Bezirk aktuell bei Fahrradstraßen&Co? Und vor allem: Was setzt er um? Eine Bestandsaufnahme.


Mobilitätsgesetz, Protected Bike Lanes, Velorouten – theoretisch scheint Berlin Kopenhagen in Sachen Fahrradfreundlichkeit momentan aus dem Sattel zu hauen. Doch die Fülle an Ideen, Konzepten und Planungen ändert bislang wenig an dem Umstand, dass sich Fahrradfahrer auf der Danziger Straße noch immer an den Straßenrand gedrängt fühlen, sich auf der Schönhauser Allee im allmorgendlichen Berufsverkehr gegenseitig auf den Gepäckträgern sitzen, im Bötzowkiez, das Kopfsteinpflaster meidend, die Gehwege bevölkern. Zahlreich sind die Pläne für ein fahrradfreundliches Pankow, schleppend die Umsetzungen. Zeit für einen Kiez-Check der heißen Eisen in Sachen Radverkehr.

 

Radverkehrsplaner

Plan Rudolf Mosse Straße

Sie sind der aktuelle Dreh- und Angelpunkt in Sachen Radpolitik. Pro Bezirk sieht der Senat zwei Radverkehrsplaner vor, um die im noch nicht verabschiedeten Mobilitätsgesetz vorgesehenen Maßnahmen auf die Straße zu bringen. Doch Pankow konnte seine beiden Stellen noch immer nicht besetzen. Eine erste Runde spuckte keine geeigneten Bewerber aus, so Pankows grüner Stadtentwicklungsstadtrat Vollrad Kuhn. Er hofft auf die unmittelbar bevorstehende zweite Runde und rechnet mit einer Stellenbesetzung „frühestens ab Mai 2018“. Leider seien aber die parallel zu den 24 bezirklichen Stellen vom Senat ausgeschriebenen 12 Posten in der neugegründeten „infra Velo GmbH“ attraktiver, weil besser dotiert. Ein Konkurrenzproblem, was etwa dem Ordnungsamt auch nicht fremd ist.

Hinzu kommt dem verkehrspolitischen Sprecher der Pankower Grünen René Feige zufolge, dass für die Stellen Bauingenieure gesucht werden – bei einer relativ geringen Gehaltseinstufung. Doch allein am Senat liegt es nicht. Neidische Blicke nach Neukölln, was beide Stellen bereits besetzen konnte. Doch Neukölln ist auch der bislang einzige Bezirk mit einem „Radverkehrsplan“, beschlossen in der letzten BVV-Sitzung – bezirkliches Engagement zieht eben Bewerber an.

(Wer sein Glück noch probieren und unseren Bezirk mit seiner Fachexpertise zum Fahrradparadies machen will: Einfach mal initiativ bewerben. Die Fahrrad-Prenzletten der Redaktion danken.)

 

Neue Fahrradstraßen

Vor einem Jahr haben wir unter „Hier knallt es 2017“ auch die geplanten Fahrradstraßen als heiße Kandidaten für bevorstehende Konflikte ins Rennen geschickt – doch beim momentanen Planungsstand kann sich kein Konflikt richtig austoben. Die Idee, sowohl Stargarder als auch Gleimstraße zu Fahrradstraßen umzuwidmen, steckt in der berüchtigten Prüfphase fest. Um die Gleimstraße zur Fahrradstraße zu machen, muss sie erst aus dem „übergeordneten Straßennetz entlassen“, heißt: Von der Haupt- zur Nebenstraße degradiert werden. Für erstere ist nämlich die Senatsverkehrsverwaltung zuständg, für letztere – wie auch für die Ausschilderung von Fahrradstraßen – der Bezirk.

Doch beauftragt wurde die Übertragung der Gleimstraße bislang nicht. „Es müssen erst noch Untersuchungen der Verkehrsbehörde stattfinden, um eine mögliche Fahrradstraße dort auch rechtlich sichern zu können“, erklärt René Feige. Und Stadtrat Kuhn verweist auf die vakanten Stellen im Bezirksamt: „Wenn die Verkehrsplaner da sind und auch die Mittel für die erforderlichen Untersuchungen bereitgestellt werden können, werde ich dafür die Beauftragung veranlassen.“ Bei der Stargarder Straße – bereits Nebenstraße – heißt es bislang ebenfalls: prüfen, prüfen, prüfen. Und auch zu einer nicht erst seit kurzem diskutierten Nord-Süd-Verbindung zwischen Senefelderplatz und Wisbyer Straße über Duncker-, Senefelder- und Kollwitzstraße heißt es lediglich, es gebe in der rot-rot-grünen Zählgemeinschaft „aktuelle Überlegungen, ein Konzept zu erarbeiten“. Immerhin.

 

Velorouten

In Hamburg gibt es bereits Velorouten (Foto: hamburgize.com)

In Hamburg gibt es bereits Velorouten (Foto: hamburgize.com)

Der Begriff stammt eigentlich aus Hamburg, wie auch die obere Abbildung. Konkret geht es hier um die teilweise Asphaltierung von Kopfsteinpflasterstraßen, um die Radfahrer von den Gehwegen zurück auf die Straße zu locken. Angedacht sind solche Maßnahmen zur Zeit in Hufeland- und Bötzowstraße. Und viel mehr gibt es dazu aktuell nicht zu sagen. Verkehrsexperte Feige verweist auf das von der Zählgemeinschaft vereinbarte „bezirkliche Nebenroutenfahrradkonzept“ – da sind die Pläne ja schonmal gut aufgehoben. Und Stadtrat Kuhn verweist auf die? Genau. Fehlenden Radverkehrsplaner.

 

Fahrradabstellanlagen

„5.000 Bügel“ heißt das Senatsprogramm für neue Radparkplätze, Pankow will an 13 Standorten welche beantragen. Im November haben wir Euch gefragt: Wo fehlen Fahrradbügel in unserem Stadtteil? (Ihr könnt hier übrigens noch weiter kräftig abstimmen!) Ganz oben auf der Liste: Der S-Bahnhhof Prenzlauer Allee. Dicht gefolgt von den Bahnhöfen Greifswalder Straße und Schönhauser Allee. Zumindest an der Greifswalder fehlen auch nach Ansicht der BVV Radbügel, das soll demnächst ausgebügelt werden.

Das „Netzwerk Fahrradfreundliches Pankow“ sammelt Vorschläge für Standorte – einfach hier den Wunschbügel auf der Karte eintragen. Und dann auf die Radverkehrsplaner warten.

 

Protected Bike Lanes

So soll es demnächst an der Hasenheide aussehen (Bild:SenUVK, Visualisierung: Bloomimages)

So soll es demnächst an der Hasenheide aussehen (Bild:SenUVK, Visualisierung: Bloomimages)

Die Diskussion kochte nach dem jüngsten Tod einer Radfahrerin in Schöneberg wieder hoch – geschützte Spuren müssen her. Durch Poller oder Blumenkübel von den Autospuren abgetrennte, grün markierte Radstreifen – Protected Bike Lanes (PBL). Im November kündigte Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos) anlässlich der Vorstellung des Pilotprojekts an der Neuköllner (Streber!) Hasenheide an, weitere geschützte Radstreifen befänden sich in Planung und würden derzeit mit den Bezirken abgestimmt. Auf Anfrage ließ Stadtrat Kuhn verlauten, hierzu habe es in der letzten Abstimmungsrunde zwischen der Senatsverwaltung und dem Bezirksamt noch keine konkreten Projekte gegeben. Auch René Feige bestätigt, es stehe noch nicht fest, wann die Spuren kommen – sie würden allerdings aktuell bei der Neugstaltung der Danziger Straße diskutiert.

Apropos Danziger Straße: Konfliktarm wird der fahrradfreundliche Umbau des bislang äußerst fahrradfeindlichen Abschnitts zwischen Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße nach Ansicht des verkehrspolitischen Sprechers der Berliner Grünen, Stefan Gelbhaar, nicht. Denn während auf der Thälmannpark-Seite mangels Anwohnern eine Radspur durch wegfallende Parkplätze noch einrichtbar wäre, sieht es auf der Westseite etwas anders aus. „Dort parken die Autos auf dem Gehweg, und dass sie das dann nicht mehr können, wird dem ein oder anderen Anwohner schwer zu vermitteln sein.“ Hanna Goetz vom „Netzwerk Fahrradfreundliches Pankow“ allerdings bemängelt, der Bezirk verfolge für die Danziger Straße noch immer Pläne „aus grauer Vorzeit“, die das Mobilitätsgesetz missachteten. „1,78 Meter breite Scherzstreifen statt überfahrsicherer PBLs“, zudem mit Schrägparkplätzen, aus denen rückwärts ausgeparkt werden müsse. So zumindest habe es der Bezirk bei der September-Sitzung des Pankower „Fahr-Rates“ vorgestellt. Dieses bezirkliche Beratungsgremium aus Politik, Radverbänden, Polizei und Bürgerinitiativen tagt viermal im Jahr. „Eine Frau starb, weil es keinen Platz für den Radverkehr gibt“, sagt Goetz – im Juni vergangenen Jahres erfasste ein abbiegender LKW eine Radlerin auf der Danziger Straße. „Aber eine überholte Planung, nur weil sie nun endlich fertig ist, nach über 10 Jahren, bedeutet nicht, dass es eben diese sein muss.“

 

Radlerparadies Schönhauser Allee?

Auch wenn die Initiatoren der „Schönhauser Rad-Allee“ derzeit alles daran setzen, das zu ändern: Spaßig, geschweige denn sicher, ist das Radeln auf der Kiez-Autobahn nicht. Und der Buschfunk in Kiezhausen konnte sich bisher nicht entscheiden, ob die utopisch anmutenden Ideen für die Schönhauser Allee denn nur Spinnereien oder konkrete Planungen sind. Wer aufmerksam seine Prenzlette liest, weiß: Architekten aus Kopenhagen (in Sachen Radpolitik sowieso auf der Überholspur- wie Primus Neukölln) experimentierten noch im Auftrag des schwarz-roten Senats mit dem Gedanken, den Autoverkehr gänzlich auf die Westseite der U-Bahn-Trasse zu verlagern, so dass die Ostseite nur für Fußgänger und Radler bliebe.

Während die radikale Umverteilung des Verkehrs auf der Schönhauser Allee Verkehrsstaatssekretär und Ex-Baustatrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) in Euphorie versetzte, halten andere die Idee für gewagt. Das Ausweichen der Autos auf Nebenstraßen wird befürchtet. Und Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar „fehlt schlichtweg die Fantasie“, sagt er. „Wo genau soll die Straßenbahn dann hin? Die kann man nicht einfach verlegen.“ Ihm schwebe vielmehr eine Art Fußgängerzone auf der Stargarder Straße vor, zwischen Schönhauser Allee und Gethsemanestraße.

Ohnehin gibt es nach Wissen des Stadtrats in Sachen Schönhauser Allee, für die der Senat zuständig ist, aktuell keine Pläne für eine Verkehrsverlagerung. Allerdings stehe, so der Grüne René Feige, die bereits zu Kirchner-Zeiten geplante Einrichtung einiger Parklets anstelle einzelner Parkplätze zur Verbesserung der Aufenthaltssituation unmittelbar – noch 2018 – bevor. Unmittelbar? Wir lassen uns nicht verrückt machen – und warten einfach auf die Verkehrsplaner.

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