Bald kein Durchkommen mehr? Schon jetzt drängelt sich der Prenzlauer Berg an Wochenenden auf der überfüllten Eberswalder Straße. (Foto: Kristina Auer)

Autofreie Eberswalder Straße?

von Constanze Nauhaus 19. Oktober 2017

Schon jetzt kämpfen vor allem an Sonntagen Fußgänger, Radler und Autofahrer um ihren Platz vor dem Mauerpark. Die Bauarbeiten für den Stauraumkanal werden die Situation noch verschärfen. Bezirkspolitiker fordern mehr Verkehrssicherheit.

Vermutlich jeder Prenzlauer Berger ist schon einmal sonntags zwar nicht mit, aber auf 180 die Eberswalder Straße entlanggeradelt. Oder hat es versucht. Bis zu 50.000 Menschen zieht es an schönen Tagen zum Mauerpark. Sei es aus Unwissenheit, sei es aus Platzmangel: An Wochenenden annektieren Fußgänger gezwungenermaßen den Radweg zwischen U-Bahnhof und Mauerpark, da weichen viele Radfahrer auf die Straße aus. Wo zwischen Automassen und Straßenbahn meist auch kein Durchkommen ist.

Kurz, die Situation ist verfahren. Und wird sich demnächst, wenn die Bauarbeiten für den Stauraumkanal im Mauerpark beginnen, noch verschärfen. Auch vor diesem Hintergrund soll das Bezirksamt nun auf Betreiben des Verkehrsausschusses prüfen, wie die Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer vor Ort erhöht werden kann. Das beschloss am gestrigen Mittwoch die Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Daniela Billig, federführend beim Ursprungsantrag der Bezirksgrünen, sieht ein generelles Verkehrsproblem auf der Eberswalder Straße, das aber an Sonntagen und bei Veranstaltungen wie etwa der Fête de la Musique „besonders schlimm“ sei.

 

Radwege nicht mehr befahrbar

 

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„Durch die hohe Attraktivität des Mauerparks am Sonntag sind die Verkehrswege überlastet. Die Fußwege sind kaum noch ausreichend für den Fußverkehr und Übergänge zwischen den Straßenseiten kaum vorhanden“, heißt es in der Beschlussempfehlung des Ausschusses. Und weiter: „Die Situation führt verstärkt dazu, dass sich Fußgänger trotz des hohen Autoverkehrs auf der Straße bewegen. Die Radwege sind nicht mehr befahrbar. Radfahren auf der Straße ist aus Sicherheitsgründen ebenfalls nicht möglich.“

Auch wenn man sich über das „nicht möglich“ streiten kann – gefährlich ist das Radfahren auf der Straße allemal. Laut Polizei hat sich die Zahl der Verkehrsunfälle auf dem Straßenzug Eberswalder Straße innerhalb von zwei Jahren um weit über 60 Prozent erhöht – von 58 im Jahr 2014 auf 95 im Jahr 2016, die Kreuzung um den U-Bahnhof nicht einbezogen. Ohne Tote und Schwerverletzte, Gottseidank. „Aber das ist genau der Punkt: Ich will nicht erst abwarten, bis es soweit kommt“, begründet Billig den grünen Antrag.

 

Sonntags autofrei?

 

Schon die Verkehrsausschüsse vergangener Wahlperioden hätten sich mit den schwierigen Verhältnissen in der Eberswalder Straße beschäftigt, heißt es in dem Papier. Dass bis jetzt noch keine befriedigende Lösung gefunden wurde, liegt auch an den verschiedenen Zuständigkeiten: Zum Einen ist die Eberswalder eine Hauptstraße, fällt also in den Zuständigkeitsbereich der Landesverkehrslenkung. Zum Anderen verläuft die Bezirksgrenze direkt hinter dem Mauerpark, es sind also sowohl Mitte als auch Pankow verantwortlich. Da helfe nur Eigeninitiative, findet Billig. „Da müssen wir als Bezirk eben vorangehen.“ Ideen, wie das konkret aussehen könnte, gibt es auch schon: Etwa, die Straße sonntags für den Autoverkehr zu sperren. Das ist rechtlich allerdings nicht einfach, man rufe sich nur die Auseinandersetzung um die Gudvanger als Spielstraße in Erinnerung.  Aber: „Das Bezirksamt soll daran jetzt mit geballter Kraft und juristischer Kompetenz arbeiten.“

Dem Beginn der Bauarbeiten für den Stauraumkanal im Mauerpark werden eventuelle Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit aber sicher nicht mehr vorausgehen. Zwar beginnen die tatsächlichen Arbeiten mit der Vortriebsmaschine, die sich unterirdisch durch den Mauerpark graben wird, erst im Januar oder Februar 2018, aber: „In drei bis vier Wochen werden wir beginnen, die Baustelle einzurichten„, kündigt Stephan Natz von den Berliner Wasserbetrieben an. Der 50 Meter breite Bauplatz wird dann den Großteil des Haupteingangs zum Mauerpark versperren und am rechten Rand bündig mit der Schwedter Straße abschließen. In den Park selbst gelangen Besucher dann entweder über den leicht erhöhten Weg unterhalb der Hundewiese oder direkt am Mauersegler vorbei. Kaum vorstellbar, bei dem jetzt schon herrschenden Menschenstau zur sonntäglichen Primetime.

 

Bitte die Straßenseite wechseln

 

„Wir werden genügend Hinweise für Fußgänger anbringen“, versichert Natz. Es werde Ausschilderungen geben, wie man am besten zur Karaoke oder zum Café Schönwetter komme. Und auch schriftliche Aufforderungen an die Fußgänger auf der Eberswalder Straße, doch bitte auf die linke Straßenseite zu wechseln, wolle man etwa zum Mauersegler oder zum hinteren Flohmarkt-Eingang. „Aber ich vermute, das wird ein frommer Wunsch bleiben“, befürchtet Natz. „Die Leute machen im öffentlichen Raum eben doch, was sie wollen.“

Immerhin: „Das wird eine ganz hübsche Baustelle“, freut er sich. Mit Graffitikünstlern habe man zusammengearbeitet, der Bauzaun soll also nicht nur 2,50 Meter hoch, sondern auch äußerst stylish sein. Mit Sichtfenstern, wie bei den Pinguinen im Zoo. Ob sich die Verantwortlichen mit dieser Doppelpolitik aus Entzerrung des Besucheraufkommens und hipper, attraktiver Eventbaustelle selbst ein Bein gestellt haben, bleibt allerdings abzuwarten.

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