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von Thomas Trappe 5. April 2013

Finanziell Schwache haben kaum Chancen, in Prenzlauer Berg eine Wohnung zu finden. Der Bezirk will nun Wohnungsunternehmen zu einer Sozialquote drängen – profitieren sollen auch Asylbewerber und Jugendamts-Klienten.

Verantwortliche des Sozial- und Jugendbereichs des Bezirks haben Prenzlauer Berg ja eigentlich schon abgeschrieben. Geht es um die Vermittlung von Wohnraum für finanziell Schwächere oder sonst irgendwie auf amtliche Hilfe angewiesene Menschen im Bezirk, ist der Stadtteil nahezu eine No-Go-Area: Nichts geht mehr. Der Wohnungsmarkt ist zu, was heißt, dass entweder keine Wohnungen frei sind oder die vorhandenen zu teuer für den Bezirk. Es betrifft vor allem Hartz-IV-Bezieher, Obdachlose, Asylbewerber oder Menschen, die vom Jugendamt betreut werden. Für alle  heißt es bisher in den meisten Fällen, in die nördliche Peripherie des Bezirks Pankow auszuweichen oder gleich auf andere Bezirke. Das soll sich ändern. 

Gleich zwei Anträge mit gleicher Stoßrichtung wurden in der vergangenen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) verabschiedet und müssen jetzt vom Amt umgesetzt werden. In beiden Beschlüssen wird der Bezirk aufgefordert, mit Wohnungsgenossenschaften und -gesellschaften zu verhandeln; und zwar darüber, mehr sozialen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Für Menschen, die Unterstützung der stationären Familien und Jugendhilfe erhalten. Und für jene, die Arbeitslosengeld II beziehen, Leistungen für die Kosten der Unterkunft oder sich um Asyl in Deutschland bewerben.

 

Auch Vermieter „haben was davon“

 

Zunächst geht es um Wohnungen, die sowieso schon finanziell Schwächeren vorgehalten sind. Also jene Immobilien, die in den vergangenen Jahren mit öffentlicher Förderung saniert worden sind und dafür einer Belegungsbindung unterliegen – klassischerweise ist hier der Wohnberechtigungsschein maßgeblich, also ein geringes Einkommen. Einige solcher Wohnungen gibt es zum Beispiel am Helmholtzplatz. In Gesprächen mit Wohnungsunternehmen soll daraufhin gewirkt werden, diese Wohnungen einer erweiterten Gruppe zu öffnen. Doch auch darüber hinaus soll etwas geschehen. So soll das Bezirksamt Gespräche führen mit dem Ziel, „mehr bezahlbaren Wohnraum für den genannten Personenkreis zur Verfügung“ zu stellen. 

Nötig ist dafür ein Entgegenkommen der Wohnungsunternehmen. Roland Schröder (SPD), Vorsitzender des für beide Anträge verantwortlichen Ausschusses für Stadtentwicklung der BVV, ist zuversichtlich, dass die ebenfalls Interesse an einer Kooperation haben. „Schließlich hätten sie auch was davon“, sagt er. Und verweist darauf, dass Vermieter mit bezirklicher Vermittlung von Bewohnern auch sicher sein könnten, ihre Häuser dauerhaft auszulasten und zudem zuverlässig ihre Miete überwiesen zu bekommen. Allerdings rechnet auch er damit, dass die Gespräche „kein allzu leichtes Unterfangen“ würden. Tatsächlich ist die Bereitschaft von Besitzern belegungsgebundener Wohnungen, sich gegen die Vermittlung durchs Amt zu wehren, relativ groß, wie sich bereits im vergangenen Jahr zeigte.

 

Berlinweite Lösung nötig

 

Im Bezirksamt wird jetzt an der Umsetzung der Pläne gearbeitet. Im Amt von Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) soll der Auftrag der BVV im „Rahmen der Bildung des bezirklichen Bündnisses für Wohnen und der bezirklichen Arbeitsgruppe Wohnen und Miete“ aufgegriffen werden. Und Christine Keil (Linke), als Jugendstadträtin ebenfalls zuständig für die Umsetzung eines Antrags, erklärte auf Anfrage, dass „die Aufträge für meine Verwaltung formuliert“ seien. Mit Ergebnissen könnte aber erst im Juni gerechnet werden. Auch im berlinweiten „Rat der Bürgermeister“ soll das Vorhaben vorangebracht werden. Denn nur stadtweite Ansätze seien wirklich geeignet, das Problem zu lösen, erklärte Keil bereits vor Monaten.

 

 

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