Wie viel Sanierung braucht der Kiez?

von Juliane Schader 2. März 2012

Die einst hoch gesteckten Sanierungsvorgaben wurden in Prenzlauer Berg nie erreicht. Kein Problem, finden Senat und Pankows früherer Stadtrat für Stadtentwicklung. Die Sanierung sei dennoch ein Erfolg.

Bei der Sanierung ist der Prenzlauer Berg zu kurz gekommen. Das geht aus Unterlagen des Senats hervor, die belegen, dass in vielen Prenzlauer Berger Sanierungsgebieten weder so viel Geld investiert wurde, wie einst geplant war, noch der ursprünglich angepeilte Sanierungsstand erreicht wurde. In der vergangenen Woche hatte das bereits für einige Diskussionen gesorgt. Nun meldet sich der Senat selbst zu Wort.

In den sieben Sanierungsgebieten des Bezirks Pankow seien insgesamt rund 700 Millionen Euro für Infrastruktur, Wohnumfeld und Wohnraum ausgeben worden, sagt Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Fünf dieser Gebiete liegen im Pankower Ortsteil Prenzlauer Berg. „Dieser Fördermitteleinsatz trägt der Größe der Kulisse sowie dem Handlungsbedarf in angemessener Weise Rechnung“, meint Rohland. In Mitte habe man in fünf Sanierungsgebiete insgesamt nur rund 304 Millionen Euro gesteckt.

Zudem verweist die Sprecherin darauf, dass es nie Ziel gewesen sei, die Sanierungsvorgaben zu 100 Prozent zu erreichen. „Eine vollständige Behebung der städtebaulichen Missstände ist rechtlich nicht erforderlich und sachlich nicht geboten“, so Rohland. Wenn 60 Prozent der Grundstücke erneuert und wesentliche Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt worden seien, könne ein Gebiet aus der Sanierung entlassen werden. So sei es in Pankow geschehen.

 

Ehemaliger Stadtrat Nelken weist Vorwürfe zurück

 

Auch Michail Nelken (Linke), bis zur Wahl Stadtrat für Stadtentwicklung in Pankow, will die Vorwürfe gegen seine Person so nicht auf sich sitzen lassen. Sein Nachfolger im Amt Jens-Holger Kirchner (Grüne) sowie Pankows Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, Roland Schröder (SPD), hatten die Vermutung geäußert, dass es an dem Linken-Politiker gelegen haben könnte, dass im Bezirk nicht so viel Geld in die Sanierungsgebiete geflossen ist, wie geplant. Nelken hatte sich stets skeptisch gegenüber übermäßiger Sanierung als Motor der Gentrifizierung gezeigt.

Zum einen verweist auch Nelken darauf, dass nicht alle Sanierungsziele vollständig erreicht werden müssten, damit ein Gebiet erfolgreich aus der Sanierung entlassen werden könne. Zum anderen habe es 2005 eine Änderung der Sanierungsstrategie des Landes Berlin gegeben. „Wesentlicher Inhalt dieser Neuausrichtung war die zügige Beendigung der Sanierungsgebiete der 9. bis 11. Verordnung  – also auch aller Pankower – und eine Reduzierung des Finanzierungsvolumens der ursprünglich geplanten Maßnahmen“, sagt Nelken. Schon 2006 habe demnach festgestanden, dass nur noch die Hälfte des ursprünglich einmal veranschlagten Geldes in die Prenzlauer Berger Sanierungsgebiete fließen sollte. Das ist jedoch in dem aktuell diskutierten Dokument bereits berücksichtigt. Darüber hinaus sei damals jedoch auch die Zielvorgabe für die Umsetzung auf 55 bis 82 Prozent nach unten korrigiert worden, so Nelken. Die Aufregung, die nun in den anderen Parteien herrscht, kann er folglich nicht verstehen.

 

34 Millionen Euro zusätzlich für soziale und kulturelle Infrastruktur

 

Zumal er sich nach seiner Wahl zum Stadtrat im Dezember 2006 erfolgreich dafür eingesetzt habe, dass die gekürzten Finanzen doch noch einmal aufgestockt worden seien. „Für die soziale und kulturelle Infrastruktur in den Prenzlauer Berger Sanierungsgebieten wurde zwischen 2007 und 2011 insgesamt 220 Millionen Euro und damit noch einmal 34 Millionen Euro mehr ausgegeben, als nach der reduzierten Zielplanung des Senats vorgesehen.“ Auch die Verlängerung der Sanierungszeiträume in den drei Gebieten Winsstraße, Helmholtzplatz und Teutoburger Platz spreche nicht dafür, dass die Sanierung im Ortsteil nicht angemessen zu Ende gebracht worden sei.

Lediglich bei seiner Sanierungsskepsis fühlt Nelken sich richtig verstanden. „Gegenstand dieser Kritik war aber nie der Einsatz von öffentlichen Fördermitteln an sich, sondern von Beginn an die mangelhafte soziale Steuerung des Sanierungsprozesses“, sagt er.

 



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