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von Anja Mia Neumann 10. Dezember 2015

Ein Ultimatum läuft aus. ARCHIV Wie lange bleiben die Sporthallen Unterkünfte für Flüchtlinge? „Bis längstens zum 31.05.2016, 24:00 Uhr“ hieß es in der Winsstraße. Das wirkt wie eine Beruhigungspille.

Wie lange soll das gehen? Diese Frage schwingt unweigerlich mit bei dem Gedanken an die Flüchtlinge in den Prenzlauer Berger Sporthallen. Eltern bangen um den Sportunterricht für ihre Kinder, Vereine haben Angst vor Austritten, wenn Trainingsstunden längerfristig ausfallen müssen. Auch die Flüchtlinge wünschen sich sicher ein anderes Leben als jenes in Doppelstockbetten mit Dutzenden Fremden in einem Raum.

Allerdings: Der Berliner Senat will sich nicht festlegen. Zu allen drei Prenzlauer Berger Hallen, die seit September zu Notunterkünften (Nuks) wurden, gibt es unterschiedliche Information zur Dauer der Belegung durch Flüchtlinge. Und das für die Unterkunft in der Winsstraße genannte Enddatum wurde schon wieder in Frage gestellt. 

 

Im Humannkiez heißt es „bis auf Weiteres“

 

Das ist der Stand der Dinge: Die erste belegte Halle in der Wichertstraße im Humannkiez hatte der Bezirk Anfang September selbst als Notunterkunft angeboten – „in einer akuten, unvorhersehbaren Notlage“, wie es Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) ausdrückt. Ihm zufolge gibt es demnach weder eine Sicherstellung durch das Lageso, noch ein Datum, sondern nur die Formulierung „bis auf Weiteres“.

Für die Halle in der Malmöer Straße im Nordischen Viertel – seit Anfang November eine Nuk – hat der Bezirk keine Zuständigkeit, das Lageso hat sie ohne Absprache zu einer Notunterkunft gemacht. Und das gänzlich ohne eine zeitliche Aussage.

 

Bis um Mitternacht am 31. Mai

 

Nummer drei und die neueste Notunterkunft ist die Grundschul-Halle in der Winsstraße im Winskiez. Nach der Weigerung von Bürgermeister Köhne, eine Halle in Karow für Flüchtlinge zu Verfügung zu stellen – er fürchtet um „den sozialen Frieden in der Stadt“, ging das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) gleich auf Nummer sicher. Es schickte auch für die Winsstraße einen Sicherstellungsbescheid an das Bezirksamt Pankow, das den Prenzlauer Berg Nachrichten vorliegt. Darin heißt es:

„Die Sporthalle in der Winsstraße 50, 10405 Berlin wird vom 30.11.2015, 10:00 Uhr, bis längstens zum 31.05.2016, 24:00 Uhr, sichergestellt. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet.“

Demnach soll also ab spätestens Juni wieder Sport in der Halle sein. Ist dem Berliner Senat tatsächlich zuzutrauen, dass er die Flüchtlingssituation ein halbes Jahr im Voraus im Blick hat und das garantieren kann? 

 

Ein Vater kündigt Widerspruch an

 

Eine offizielle Anfrage der Prenzlauer Berg Nachrichten von Montag an das Lageso blieb bislang unbeantwortet. Bleibt die Antwort eines Lageso-Vertreters auf der Anwohner-Informationsveranstaltung in der Winsstraße am Dienstagabend. Die ist auf ihre Weise klar: Er könne keine Aussage über die Länge der Beschlagnahmung geben, da es schon jetzt nicht ausreichend Kapazitäten zur Unterbringung von Flüchtlingen geben würde.

Auch Bürgermeister Köhne meint: „Ich kann nicht einschätzen, ob das LAGeSo vor Ablauf der Frist, diese verlängert. Ich halte dies aber für möglich.“ Der Verdacht liegt in der Luft, dass es nicht geplant ist, das genannte Datum für die Winsstraße zu halten, sondern dass es sich nur um eine Beruhigungspille handelt.

Ein Vater aus der Grundschule an der Marie, welche die Winshalle bisher nutzte, hat angekündigt, Widerspruch gegen die Sicherstellung einzulegen. Nicht mit dem Ziel im Winter jemanden auszuquartieren. Aber mit dem Ziel, dass ab Juni – wie so leichtfertig angekündigt – auch tatsächlich in der Halle wieder Sportunterricht sein wird.

 

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