Notunterkunft hat wieder ein Zuhause

von Anja Mia Neumann 26. August 2015

Im September öffnet die neue Unterkunft für Obdachlose. 2800 Euro Miete pro Monat muss ein Verein dafür aufbringen. Wenn keine Finanzspritze vom Senat kommt, ist schon bald wieder Schluss.

Darum geht’s:

  • Die Prenzlauer Berger Notübernachtung für Obdachlose ist seit über einem Jahr dicht – weil der verantwortliche Verein umziehen musste.
  • Das Landesamt will 2800 Euro Monatsmiete für die neuen Räume, die der Verein langfristig nicht aufbringen kann.
  • Im September öffnet die neue Unterkunft dennoch im Gebäude des Flüchtlingsheims.

 

Noch ist der Flur leer. Es riecht nach Farbe, der blaue PVC-Boden ist gänzlich unbenutzt. Bald sollen hier rund 25 Obdachlose leben, auf Zeit, maximal zwei bis drei Nächte am Stück. In der einzigen Notunterkunft für Menschen ohne Zuhause in Prenzlauer Berg.

Der Bedarf dafür ist riesig. Da sind sich Mara Fischer vom Verein „mob – obdachlose machen mobil e.V.“ und die zuständige Stadträtin von Pankow, Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD), einig.

Bis zum Umzug des Vereins im vergangenen Jahr hatte die Notunterkunft in der Prenzlauer Allee ihr Zuhause. Die alte Bleibe hatte der Vermieter gekündigt, seitdem war die Notunterkunft obdachlos. Ein wenig abgeschoben wirkt der neue Standort der Gebäude, in denen mob nun Gutes tut. Direkt an der befahrenen Storkower Straße, gegenüber von einer großen Autowerkstatt – nicht gerade die In-Gegend des Viertels.

 

Froh über jedes Bett

 

Hier liegt auch ein Flüchtlingswohnheim. Ein Flur des Gebäudes im Erdgeschoss soll nun ab September zur Obdachlosen-Herberge werden. „Den Bereich haben wir extra freigehalten“, sagt Stadträtin Zürn-Kasztantowicz, glücklich, dass sie dem Verein überhaupt etwas anbieten kann. „Es ist eine kleine Einrichtung, die wird uns nicht retten. Aber wir sind über jedes Bett froh.“

Denn der Bezirk hat ein akutes Gebäude-Problem: Flüchtlinge, Obdachlose, Schulkinder – sie alle brauchen Räume, die Pankow eigentlich nicht hat.

Ein riesiger roter Klotz: Das sind Flüchtlingswohnheim und Notübernachtung für Obdachlose an der Storkower Straße. Foto: Anja Mia Neumann

 

Die Zeit scheint zu drängen. „Unsere Küchenfrauen im Kaffee Bankrott sind manchmal schon genervt, weil sie ständig gefragt werden, wann denn die Notunterkunft endlich aufmacht“, sagt Fischer, die ehrenamtlich für den Verein arbeitet.

In dem Sozialtreffpunkt Kaffee Bankrott gibt es für Bedürftige Kaffee und Essen für ganz kleines Geld. Über diese Einnahmen und den Gewinn eines Verkaufs von gespendeten Möbeln und der Obdachlosenzeitung Straßenfeger – dem wohl bekanntesten Projekt von mob e.V. – finanziert sich der Verein. Der Rest sind Spenden.

 

2800 Euro Miete im Monat vom Verein an das Landesamt

 

Aus dem kleinen Vereinsbudget müssen künftig 2800 Euro Miete pro Monat in die Zimmer für die Notübernachtung fließen. Vermieter des Flurs ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso). Hinzu kommen Personalkosten inklusive Nachtschichten und Sachkosten für Möbel, Bettwäsche und Duschgel etwa. „Langfristig ist das so nicht zu tragen“, sagt Fischer.

Der Plan des Vereins: „Wir fangen jetzt im Herbst an und hoffen, dass wir Anfang 2016 finanzielle Hilfe bekommen.“ Alle Hoffnung setzen Fischer und ihre Kollegen dabei auf das Integrierte Sozialprogramm (ISP) des Senats. Hier läuft ein Antrag auf Übernahme der Kosten.

Wie die Chancen stehen? Dazu sagt die Senatsverwaltung vorerst nichts und antwortet: „Die Bescheiderteilung erfolgt unter Beteiligung der Wohlfahrtsverbände durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales nach Maßgabe der dann bekannten gesamten Antragslage und nach Feststellung des Haushaltsplans von Berlin für die Haushaltsjahre 2016/2017 zur Verfügung stehenden Mittel.“

 

Gegen Stigmata ein Fest

 

Klappt es nicht mit der Finanzspritze vom Senat, könnte kurz nach dem Start schon wieder Schluss sein mit der Notübernachtung. Denn vom Bezirk gibt es keine Mittel. „Wir haben nichts“, sagt die Bezirksstadträtin. Der Verein hält vorsichtshalber auch nach anderen Geldquellen Ausschau.

Von einigen Fenstern aus sieht man den Spielplatz für die Flüchtlingskinder. Foto: Anja Mia Neumann

 

„Es liegt mir sehr am Herzen, dass das hier funktioniert“, sagt die Ehrenamtliche Fischer. Auch das Nebeneinander von Obdachlosen und Flüchtlingen. Denn das birgt sicher Potenzial zum Konflikt. „Wir müssen Stigmata abbauen“, meint sie und erinnert sich an einen Obdachlosen, der fand, dass die Flüchtlinge besser dastünden als die Obdachlosen.

Ihre Idee: Es könnte ein regelmäßiges Fest geben. Von beiden Unterkünften gemeinsam. Auf die Nachbarschaft. 

 

Wir sind eine werbefreie Mitgliederzeitung. Wenn Sie den Erhalt der Prenzlauer Berg Nachrichten sichern und Mitglied werden wollen, bitte hier entlang. Vielen Dank!

Wenn Sie schon Mitglied sind, können Sie den Link unten im Kasten teilen und diesen Artikel so Ihren Freunden zum Lesen schenken.

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar