Im Heim-betreiber-betrieb

von Joanna Itzek 7. Mai 2014

Alle Flüchtlingsunterkünfte im Bezirk Pankow werden von demselben Unternehmen betrieben. Wie läuft sie eigentlich ab, die Vergabe von Aufträgen für Wohnheime?

Es ist ein Name, der immer wiederkehrt, wenn man sich mit den Wohnheimen für Flüchtlinge im Bezirk befasst: Prisod. So heißt das private Unternehmen, das in Pankow alle drei Unterkünfte betreibt. Eine davon liegt in Prenzlauer Berg. Nun gibt es mindestens ein halbes Dutzend Wohnheimbetreiber in Berlin, so dass man sich bei der Aufstellung von Prisod im Bezirk durchaus fragen kann, wie die Vergabe von Aufträgen für solche Unterkünfte eigentlich abläuft. Begeben wir uns auf eine kleine Suche.

Sie führt zunächst ins Landesamt für Gesundheit und Soziales. Das Lageso ist zuständig für die Verträge des Landes mit den Betreibern, es geht auf potentielle Kandidaten zu. Die wiederum legen ein Konzept vor, das auf die jeweilige Unterkunft zugeschrieben ist und Aufschluss gibt – etwa über nötige Umbauten, Personalkosten, soziale Angebote. Im Bestfall gebe es zwei bis drei Monate Vorlauf und genügend Zeit für Verhandlungen, bis ein Wohnheim eröffnet, erklärt Sprecherin Silvia Kostner: „Es wird von Fall zu Fall festgelegt, wie viel ein Betreiber etwa am Gebäude machen muss und welchen Tagessatz er pro Asylbewerber vom Landesamt erhält.“

 

Drei Stunden Zeit für den Job

 

Wie gesagt, so der Bestfall. Aber mit dem können sie beim Lageso nicht immer rechnen. Zu unvorhersehbar sei die Anzahl der Flüchtlinge, die Berlin erreicht. „Manchmal mussten wir schon innerhalb von ein paar Tagen eine neue Unterkunft organisieren“, sagt Kostner. Die oberste Priorität sei, die Asylbewerber vor Obdachlosigkeit zu schützen.

In solchen Fällen sind die Auswahlprozesse sehr verkürzt: „Es wird der Betreiber beauftragt, der die Kapazität hat und bereit ist, in der Kürze der Zeit das Notwendigste zu arrangieren.“ Renovieren, möblieren, einen Heimleiter finden sowie Dolmetscher, Sozialarbeiter und einen Sicherheitsdienst – das sind nur einige dieser Notwendigkeiten. Im Fall der Unterkunft in Prenzlauer Berg waren es nicht mal Tage, die dafür zur Verfügung standen. Der neue Betreiber hatte gerade Mal ein paar Stunden Zeit, das alte Verwaltungsgebäude einigermaßen herzurichten.

„Um 12:00 Uhr haben wir das Haus übernommen, um 15:00 Uhr kamen die ersten Flüchtlinge“, sagt die zentrale Heimleiterin Yvonne Lieske von Prisod. Eine Herausforderung für das Unternehmen, das seit vielen Jahren mit dem Lageso zusammenarbeitet: Von den Betten bis zum Klopapier – alles musste in Bestzeit herangeschafft werden. Lieskes Team, erinnert sie sich, sei lange auf den Beinen gewesen. Das Gebäude verfügte beim Einzug 2012 nicht einmal über Duschen, die Bewohner gingen dafür in einen Container im Hof, den Prisod dort aufstellen ließ. „In den letzten anderthalb Jahren haben sich solche kurzfristigen Aufträge verstärkt“, sagt Lieske. Denn in Berlin fehle es an entsprechenden Heimen. 

 

Unterschiedliche Standards

 

191 Menschen leben derzeit in der Notunterkunft in Prenzlauer Berg, die damit zu 98 Prozent ausgelastet ist. Notunterkünfte sind als Zwischenstationen gedacht, maximal ein Jahr sollen die Bewohner hier verbringen. Dass die Realität oft anders aussieht, ist allen Beteiligten klar. Aktuell wohnen in ganz Berlin 1990 Flüchtlinge in diesen Provisorien. Die Standards für Notunterkünfte sind niedriger als für sogenannte Gemeinschaftsunterkünfte, zu denen die beiden anderen Pankower Heime gehören. 38 solcher Wohnheime gibt es in Berlin, sie beherbergen nach Angaben des Lageso rund 6.600 Menschen.

In den Tiefen der Lageso-Website sind die Auflagen gelistet, die ein Betreiber von Gemeinschaftsunterkünften zu erfüllen hat. Sie umfassen Anforderungen an das Personal und Anforderungen an den Bau: „Es gibt unumstößliche Auflagen. Dazu gehören unter anderem der Brandschutz, eine Wasserprüfung, eine entsprechende Anzahl von Fluchtwegen, Einstellung von Sozialarbeitern“, sagt Sprecherin Kostner. Verhandelbar dagegen sei etwa, wie viele Spielzimmer für Kinder eingerichtet werden, ob das Heim Deutschunterricht und Internetzugang anbietet. „Die Heimaufsicht prüft, ob die Auflagen eingehalten werden, und regelmäßige Begehungen finden statt.“ Jedes Heim sollte einmal im Jahr begangen werden, so Kostner. 

 

 

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