Kein Heil auf der Baustelle

von Thomas Trappe 23. August 2013

Am Schliemann-Gymnasium wurde kürzlich ein rechtsradikaler Bauarbeiter von der Baustelle verwiesen. Die Grünen im Bezirk wollen das Nazi-Verbot nun zur Regel machen.

Es war heiß diesen Sommer, und als der Mann obenrum blank zog, gab das keinen schönen Anblick für die Schüler, die auf dem Hof die letzten Schultage vor den großen Ferien verbrachten. Hass, so artikulierte es der Mann per Tattoo, ist ihm offenbar eine wichtige Stütze, die beiden S im Wort Hass waren selbstverständlich so geformt, wie schon Waffen-SS ihr Label kreierte. Auf dem Körper fanden sich weitere eindeutig rechtsradikale Symbole: Die sogenannte schwarze Sonne und der SS-Totenkopf. Der Neonazi drängte seine Gesinnung den Kollegen und den Schülern quasi auf, das sorgte für Unmut, berichtet die Bauleiterin, die die Sanierungsarbeiten an der Oberschule im Auftrag des Bezirks beaufsichtigte. Das Bezirksamt schritt ein, wendete sich an die Gerüstbaufirma, die sofort reagierte, indem sie den Neonazi von der Baustelle abzog. Kurzer Prozess also, und das soll die Regel werden. Jedenfalls schlagen das die Grünen im Bezirk vor: Sie wollen ein Neonazi-Verbot auf öffentlichen Baustellen.

Die Grünen-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) entwarf den Antrag unmittelbar nach dem Vorfall am Schliemann-Gymnasium. „Null Toleranz gegen Rechtsextremisten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“, wird darin gefordert. Demnach sollen die Bezirksverordneten bei ihrer nächsten Sitzung am Mittwoch beschließen, dass die Verwaltung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge per Extra-Klausel den beauftragten Firmen „untersagt, Angestellte oder Honorarkräfte zu beschäftigen, die sich sichtbar oder in ihren Äußerungen zu extremistischen Haltungen bekennen“. 

 

Strafe nur bei offener Hetze

 

Verboten seien sollten demnach das „Tragen von Kennzeichen, Symbolen und Kleidungsstücken oder verbale und schriftliche Äußerungen“, die das Nazi-Regime oder andere totalitäre Diktaturen verherrlichen oder verharmlosen. Und auch Symbole, die verfassungsfeindliches Gedankengut vermuten lassen oder „Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Abstammung, Sprache, Heimat oder Herkunft, ihres Glaubens, ihrer religiösen oder politischen Anschauungen oder ihrer sexuellen Identität oder ihrer Behinderung“ herabsetzen, sollen zum Rausschmiss führen.

Daniela Billig, Fraktionschefin der Grünen in der BVV, räumt ein, dass der Vorschlag heikel ist. „Ob das rechtssicher umzusetzen ist, weiß ich auch nicht. Es wäre dann Aufgabe der Verwaltung, dass herauszubekommen.“ So mag die Sanktionierung Rechtsradikaler vordergründig zwar geboten erscheinen – es bleibt aber doch eine Diskriminierung, die eine entsprechend handfeste Begründung braucht. „Es ist eine Gratwanderung“, sagt Billig, sie legt Wert darauf, dass es keine Gesinnungsprüfung geben sollte. „Die Klausel würde ja nur greifen, wenn offensichtlich und offensiv formuliert wird.“ Konkret: Solange das SS-Tattoo durch ein T-Shirt verdeckt bleibt, droht dem Träger kein Rauswurf.

 

Sündern droht Auftragsentzug

 

Die Klausel, so heißt es in dem Antrag, soll gleichermaßen für Subunternehmen und deren Mitarbeiter gelten. „Die Nichteinhaltung dieser Klausel soll sanktionsbewehrt bis zum Auftragsentzug sein.“ Wie genau dies umgesetzt werden soll, weiß Daniela Billig noch nicht. Sie setzt auf eine sensible Öffentlichkeit, auch am Schliemann-Gymnasium hätte sich ja gezeigt, dass Vorfälle dieser Art wahrgenommen und diskutiert würden. „Zum Fall für’s Ordnungsamt würde ich das nicht machen wollen“, so Billig. Am Schliemann-Gymnasium selbst erklärte die Schulleitung, dass man nichts von dem rechtsradikalen Bauarbeiter wisse – allerdings erfolgte der Rauswurf offenbar auch in den Schulferien. Christine Keil (Linke), für Immobilien und Schulen zuständige Stadträtin, war wegen Krankheit für eine Stellungnahme zum Grünen-Vorschlag nicht zu erreichen.

 

 

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