Pankow fehlt das Geld, um Spielhallen zu bekämpfen

von Juliane Schader 21. März 2011

Berlin hat den Spielhallen den Kampf angesagt. Der Senat will die Gesetze verschärfen, doch in Pankow fehlt schon das Personal, die Einhaltung bestehenden Rechts zu kontrollieren.

Ob Spielen Spaß macht, das kann man nicht sehen. Nicht das kleinste Guckloch bleibt offen, wenn in leerstehenden Gewerberäumen Spielhallen entstehen und die Schaufensterscheiben sorgfältig zugeklebt werden. Immer öfter ist das in Pankow der Fall – die Zahl der Hallen hat sich seit 2007 mehr als verdoppelt, 27 sind es mittlerweile. Tendenz, wie in fast allen Bezirken, steigend. Auch die Zahl der Gaststättenbetriebe, die von ihrem Recht Gebrauch machen, ohne Lizenz bis zu drei Automaten aufzustellen, hat zugenommen: Von 787 im Jahr 2007 auf 896 im Jahr 2010.

Aufgedeckt hat diese Zahlen eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung. „Kieze schützen, Spielhallen eindämmen“ ist diese überschrieben. Denn die Ausbreitung der Automatencasinos wird als Bedrohung wahrgenommen.

Zum einen ist da die Spielsucht. Gut ein Prozent der Berliner gilt laut „Jahrbuch Sucht 2010″ als spielsüchtig. Seit zehn Jahren ist die Glücksspielsucht, die von Kontrollverlust, Schuldenfalle, dem Verstricken in Lügen und der sozialen Isolation bis hin zu Depressionen und Suizidgefährdung führt, als Krankheit anerkannt.

Zum anderen geht mit der steigenden Zahl von Spielhallen eine Abwertung ihrer Umgebung einher, sind sich die Kritiker einig. Schließlich verschandelten diese mit ihren verkleisterten Fassaden nicht nur das Straßenbild, sondern sie seien auch ein Anziehungspunkt für die organisierte Kriminalität. Ob Geldwäsche oder illegales Glücksspiel in Hinterzimmern, der Ruf, der den Hallen anhängt, ist alles andere als gut.

 

Mit Bebauungsplänen kann man Spielhallen nur schwer verbieten

 

Dennoch bieten sich dem Bezirk wenig Möglichkeiten, der Ausbreitung der Spielhallen entgegen zu wirken. Zwar könne man in den Bebauungsplänen die Genehmigung der Hallen ausschließen, wenn diese nachweisbar alteingesessenen Einzelhandel verdrängten, schreibt der Stadtrat für öffentliche Ordnung, Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/Die Grünen) in seiner Antwort auf die SPD-Anfrage. „Um flächendeckend für den Bezirk Spielhallen zu verhindern, ist der Bebauungsplan jedoch nicht das richtige planungsrechtliche Instrument, da sich reine ,Ausschluss-Bebauungspläne‘ in der Vergangenheit als rechtlich nicht haltbar erwiesen haben.“ Für die Begrenzung der Automaten in Gaststätten müsse man das Gewerberecht heranziehen.

Auch mit der Kontrolle, ob sich die bestehenden Spielhallen an Gesetze wie den Jugendschutz, notwendige Zulassungen oder die festgeschriebene Höchstzahl von zwölf Automaten in Spielhallen bzw. drei Automaten in Gaststätten halten, hat der Bezirk Probleme. Dem Ordnungsamt stände auch bei einer stetig steigenden Anzahl von Spielhallen und Geldspielgeräten kein zusätzliches Personal zur Verfügung, so Kirchner. 34 Bußgeldverfahren habe es im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit Automatenspiel gegeben, allein 15 davon, weil eine Gaststätte mehr Automaten aufgestellt hätte, als erlaubt. 12.250 Euro seien dadurch in der Bezirkskasse gelandet.

Die Tatsache, dass laut Kirchner in ganz Pankow eine Person im Rahmen der allgemeinen Gewerbeüberwachung, neun allgemein für Ordnungswidrigkeiten zuständige Mitarbeiter und nur eine Person im Außendienst diese Überprüfungen mit-erledigen, lässt ahnen, dass dies allerdings nur die Spitze des Eisberges ist.

 

Senat: Vergnügungssteuer, Spielhallengesetz und Baurecht als Stellschrauben


Doch der Bezirk Pankow ist nicht alleine mit dem Problem des Spielhallen-Wachstums. Seit Jahren beklagt man in ganz Berlin dieses Phänomen, dessen Bekämpfung sich nun der Senat angenommen hat. Bereits zum 1. Januar hob er die Vergnügungssteuer von 11 auf 20 Prozent an; nun soll das Abgeordnetenhaus in einem zweiten Schritt noch vor der Sommerpause ein Spielhallengesetz verabschieden. Als erstes Bundesland überhaupt macht Berlin damit Gebrauch von einer neuen Gesetzgebungskompetenz, die es der Föderalismusreform verdankt.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, die bislang gültige Höchstzahl von zwölf auf acht Automaten pro Halle zu senken. Zudem sollen zwischen Spielhallen in Zukunft einen Abstand von mindestens 500 Metern zueinander einhalten und nicht in der Nähe von Kinder- und Jugendeinrichtungen liegen. Das Personal soll Schulungen in Suchtprävention und -bekämpfung besuchen müssen, und außerdem soll die Sperrzeit, die bislang bei einer Stunde zwischen fünf und sechs Uhr morgens liegt, ausgedehnt werden auf die Zeit zwischen drei und elf. Darüber hinaus wird am Baurecht gefeilt, um den Behörden mehr Möglichkeiten zu geben, Genehmigungsanträge für Spielhallen von vornherein abzulehnen.

Auf Spielautomaten in Gaststätten haben diese Maßnahmen jedoch keinen Einfluss, denn diese sind Sache der Spieleverordnung und damit eine Angelegenheit des Bundes. Auch dem illegalen Glücksspiel und der Geldwäsche wird man mit schärferen Gesetzen nicht  bekommen können. Hier gilt es, erst einmal bestehendes Recht anzuwenden und dessen Einhaltung zu überprüfen. In Pankow fehlt dafür, mal wieder, das Personal.

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