Alle gut versorgt?

von Kristina Auer 15. Juli 2016

Unsere Politiker haben ein neues Zentrenkonzept für Pankow erarbeitet. Darin wird geplant, wie der Einzelhandel mit dem Bevölkerungswachstum umgehen soll. Wir zeigen, was drin steht.

Dass Berlin rasant wächst, und Pankow von allen Berliner Bezirken am meisten, ist ja inzwischen allseits bekannt. Logisch ist es da, dass eine größere Bevölkerung auch Herausforderungen an den Einzelhandel stellt. Um diesen Herausforderungen entgegenzutreten, haben unsere Bezirkspolitiker ein neues Zentren- und Einzelhandelskonzept in Auftrag gegeben. Darin steht, wie sich der Einzelhandel entwickeln muss, damit alle bisherigen und zukünftigen Einwohner gut versorgt sind. Wir stellen die wichtigsten Punkte aus dem neuen Konzept vor.

 

Pankow wird Hauptzentrum

 

Einer der wichtigsten Bestandteile des Zentrenkonzepts ist die Einstufung der Einzelhandels-Knotenpunkte im Bezirk in eine Zentrenhierarchie. Demnach wird zwischen, Haupt-, Stadteil-, Orts- und Nahversorgungszentren unterschieden. Wichtigste Änderung gegenüber dem Konzept aus dem Jahr 2005 ist, dass das Gebiet um den S- und U-Bahnhof Pankow nunmehr einziges Hauptzentrum des Bezirks ist. Die Schönhauser Allee, welche im vorherigen Konzept ebenfalls Hauptzentrum war, ist zum Stadtteilzentrum herabgestuft worden.

Die Herabstufung hat vor allem zwei Gründe: Erstens ist die Schönhauser Allee zu klein für ein Hauptzentrum, die Verkaufsfläche reicht mit 34.860 m² nicht aus, außerdem gibt es nur wenig Ausbaupotential, einzige Möglichkeit wäre die Vergrößerung der Schönhauser Allee Arkaden. Das sieht am Bahnhof Pankow ganz anders aus, wo mit dem ehemaligen Rangierbahnhof eine riesige Fläche zur Verfügung steht, auf der mit dem „Pankower Tor“ der Bau eines Einkaufszentrums und mehrerer Fachmärkte geplant ist. Zweiter Grund: Laut Zentrenkonzept verlagert sich der Bevölkerungsschwerpunkt mit dem Wachstum nach Norden, da die südlichen Gebiete des Bezirks, sprich Prenzlauer Berg, schon fast völlig verdichtet sind. Damit muss auch der Einzelhandel im Norden stärker ausgebaut werden.

(Quelle: Einzelhandels- und Zentrenkonzept für den Bezirk Berlin Pankow 2016)

 

Schlimme Folgen hat die Herabstufung für Prenzlauer Berg aber nicht, so Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). „Die Schönhauser Allee hat sowieso nie die Funktion eines Hauptzentrums erfüllt“, sagt er. Das solle nämlich generell als Ortszentrum dienen und neben Geschäften auch mit Strukturen wie Rathaus, Ämtern oder einer Bibliothek ausgestattet sein. Außerdem wolle man sich mit dem Konzept auf den zukünftigen Ausbau bestimmter Gebiete konzentrieren. „Verbindlich vorbereitende Bauleitplanung“, nennt das der Bezirksstadtrat.

 

Einzelhandel in Prenzlauer Berg

 

Nach der neuen Einteilung gibt es in Prenzlauer Berg nun noch fünf Einzelhandelszentren: Die Stadtteilzentren Schönhauser Allee und Greifswalder Straße Nord, das Ortsteilzentrum Prenzlauer Allee und die Nahversorgungszentren Senefelder Platz und Greifswalder Straße Süd.Das Gebiet zwischen S-Bahnhof Storkower Straße und Eldenaer Straße mit verschiedenen Großmärkten wie Baumarkt, und Fahrrad Stadler kommt als ergänzender Standort hinzu.

Insgesamt befinden sich laut Bezirksamt mehr als die Hälfte aller Pankower Einzelhandelsbetriebe in Prenzlauer Berg, nämlich 1.246 von insgesamt 2.260. Das entspricht in etwa der Bevölkerungsverteilung im Bezirk. Bei der Verkaufsfläche schneidet unser Stadteil dagegen etwas geringer ab, von insgesamt 440.230 m² in ganz Pankow liegen nur 194.290 m² in Prenzlauer Berg. Das Zentrenkonzept kommt zu dem Schluss, dass eine kleinteilige, ortstypische Ladenstruktur mit hohem Nahversorgungswert typisch ist. Sie soll auch in Zukunft geschützt und erhalten bleiben.

Was die zukünftige Entwicklung im Stadtteil angeht, bescheinigt das Zentrenkonzept Prenzlauer Berg ein vergleichsweise geringes Potenzial zum Bau von neuen Wohnungen in Baulücken. Es wird anerkannt, dass es im Ortsteil Prenzlauer Berg eine Konkurrenz zwischen der gewerblichen Nutzung und dem Wohnungsbau gibt. Es klingt an, dass der Wohnungsbau gegenüber neuen Gewerbeflächen in Prenzlauer Berg Vorrang haben soll. Eine klare Lösung hat das Konzept für dieses Problem aber nicht. Dort heißt es lediglich, man wolle sparsam mit Flächen umgehen und das „Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten verträglicher gestalten.“

 

Versorgung und Mängel

 

Nimmt man die einzelnen Branchen im Einzelhandel unter die Lupe, so zeigt sich: Bei der Ausstattung mit unterschiedlichen Produkten gibt es in der Pankower Ladenstruktur große Schwankungen. Sehr gut sieht es bei den sogenannten kurzfristigen Warengruppen aus, dazu zählen Nahrungs- und Genussmittel, Blumen, Zeitungen und Drogeriewaren. Der Zentralitätswert in der folgenden Graphik liegt für diese Waren bei 102 Prozent, das bedeutet, der Bedarf ist vollständig gedeckt.

(Quelle: Einzelhandels- und Zentrenkonzept für den Bezirk Berlin Pankow 2016) 

 

Liegt der Wert für eine Warengruppe deutlich unter 100 Prozent, bedeutet das, die Einwohner kaufen diese Produkte außerhalb des Bezirks ein. Kaufkraftabflüsse heißt das im Fachjargon, und die sind dem Bezirk natürlich ein Dorn im Auge und sollen durch künftigen Ausbau möglichst ausgemärzt werden. Abflüsse gibt es bei uns laut Graphik hauptsächlich bei Möbeln, Teppichen, Bettwaren, Einrichtungsgegenständen und Spielwaren. Also bei allen Produkten, die es in einem großen Möbel- und Baumarkt zu kaufen gibt. Die Abwesenheit eines Baumarkts (abgesehen von toom an der Storkower Straße) macht sich also bemerkbar, was sich auch schon in unserer Ladenumfrage gezeigt hat. Bezirksstadtrat Kirchner sieht in dem Ergebnis eine klare Rechtfertigung für das Bauvorhaben am Pankower Tor, denn dort soll schließlich auch ein Möbelmarkt gebaut werden.

Auch in den verschiedenen Einzelhandelszentren hat das Konzept Mängel im Branchenmix festgestellt. Während das Zentrum Schönhauser Allee rundum gut ausgestattet ist, fehlt es im Stadtteilzentrum Greifswalder Straße Nord am Angebot von Sportwaren, Elektrogeräten und neuen Medien. Auch die Mischung inder Warenqualität ist dort begrenzt und konzentriert sich auf ein niedrigeres Preisangebot.

Außerdem spannend im Hinblick auf die nördliche Greifswalder Straße: Das Konzept bemängelt, das zwischen den Zentren Greifswalder Straße Nord und Berliner Allee im Ortsteil Pankow eine durchgängige Einzelhandelsstruktur fehlt. Im Hinblick auf das Neubaugebiet an der Michelangelostraße, wo um die 1.500 neue Wohnungen geplant sind, wird das für die Versorgung der neuen Bewohner aber erforderlich. Dort soll der Einzelhandel künftig kräftig ausgebaut werden, damit die beiden Zentren Greifswalder und Berliner Straße zusammenwachsen.

 

Das Zentren- und Einzelhandelskonzept kann man sich auf der Internetseite des Bezirksamts Pankow anschauen und herunterladen

 

Thema der Woche „Einzelhandel in Prenzlauer Berg“:

Wir haben Euch gefragt, auf welche Läden in Prenzlauer Berg Ihr auf keinen Fall verzichten würdet. Hier geht es zu Euren Lieblingsläden.

Wo ein Wirtschaftszweig blüht, entwickelt er auch seltenere Ausprägungsformen. Hier geht es zum Kuriositäten-Kabinett des Einzelhandels in Prenzlauer Berg.

Der süße Laden im Kiez ist manchmal größer als man denkt. Alexis Agné von Sugafari hat uns im Podcast erzählt, wie man ein Einzelhandelsunternehmen aubaut.

 

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