Ein Präsent für das Amt

von Thomas Trappe 31. Juli 2013

Kleine Aufmerksamkeiten für den Sachbearbeiter waren bisher verpönt. Das Bezirksamt lässt jetzt Ausnahmen zu.

Mit Militärdiktaturen teilen Journalisten zwar das Schicksal, anfällig für Korruption zu sein, die Größenordnungen sind aber doch auffällig andere. Während bei den einen mit deutlichen Eurosummen bestochen wird, reicht dem gemeinen Medienmensch eine warme, ach was, eine kleine Mahlzeit, um vor Glück verschlagen zu grinsen. Früher lernte ein Journalist, dass alles, was man essen kann und in eine Hand passt, keine Bestechung ist. Das war vor der Medienkrise, heute ist für manchen Reporter das Buffet das wichtigste Arbeitsinstrument. Doch darum geht es nicht, denn wann kommen Sie, liebe Leser, schon einmal dazu, Journalisten zu bestechen (unsere Mailadresse finden Sie im Impressum, by the way)? Unser Augenmerk soll heute vielmehr auf den Angestellten des Bezirksamts liegen, denn auch die lassen sich wie jeder Mensch gerne beschenken, sei es mit Blumensträußen oder einer leckeren Wurst. Und das ist jetzt endlich legal. 

Gut, viele wussten wahrscheinlich nicht einmal, dass es verboten war: Die guten „Edlen Tropfen“ gehörten für die meisten auch bisher zur Grundausstattung eines Amtsbesuchs – man kennt sich, man schätzt sich, und das will man auch zeigen. Eigentlich kein Problem, wenn da nicht die legendär korruptionsfeindliche Berliner Regierung wäre, die vor ein paar Monaten die vielbeachtete AV BuG auf den Weg brachte.

AV, what the BuG? 

 

Doktortitel und billige Busfahrten: Verboten

 

Die „Ausführungsvorschrift über das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen“, kurz „AV Belohnungen und Geschenke“, noch kürzer „AV BuG“. In der steht geschrieben, dass Beamte und Angestellte der Ämter keine Geschenke annehmen dürfen, die den Anschein erwecken könnten, ihre Dienste seien in irgendeiner Art und Weise käuflich. Genannt werden zum Beispiel ein kostenloser Doktortitel oder eine verbilligte Busfahrt, um die gängigsten Korruptions-Szenarien zu nennen.

Die AV BuG lässt allerdings auch, wie jede vernünftige Anti-Korruptionsrichtlinie, die Möglichkeit zu, Ausnahmen zuzulassen, und zwar „in Fällen, die grundsätzlich ungeeignet sind, Zweifel an der Integrität der Angehörigen des öffentlichen Dienstes hervorzurufen“. Von diesem Passus machte nun das Bezirksamt Pankow Gebrauch: In einem offiziellem Beschluss gab es seinen Angestellten und Beamten „die allgemeine Zustimmung zur ausnahmsweisen Annahme“ bestimmter Belohnungen, Geschenke und sonstiger Vorteile.

 

Warme Imbisse sind kein Tabu mehr

 

Erlaubt ist demnach die Annahme von Geschenken, freilich nur, wenn man diese als „Repräsentant des Dienstherrn“ annimmt. Auch Präsente bei offiziellen Delegationsreisen sind möglich, sowie „geringwertige“ Gaben (fünf Euro pro Vorteilsgeber und Kalenderjahr). Oder die Inanspruchnahme kleinerer Fahrdienste, sofern sie das Amtswesen voranbringen. Und nun wird es für Sie, liebe Bürger, interessant: Geschenke, „mit denen der Dank der Allgemeinheit uneigennützig zum Ausdruck gebracht werden soll, bis zu einem Wert von insgesamt zehn Euro“ können sie ab sofort ohne rot zu werden überreichen – das sind umgerechnet immerhin drei Packungen „Edle Tropfen“! Und auch Gebäck und kalte Getränke als Mitbringsel, ja sogar warme Imbisse sind nun kein Tabu mehr.

Gebäck, Kaltgetränke. Das klingt nach spätrömischer Dekadenz, doch alle Dämme sind nicht gebrochen. Denn der Antikorruptionsbeauftragte des Bezirks, so steht es im Beschluss, muss weiterhin informiert werden, wird er vom Bürger beschenkt. Das Schenken macht das nicht leichter: Es könnte am Ende mehr Arbeit als Freude bereiten. Und das will man seinem Beamten des Vertrauens ja nun wirklich nicht zumuten.

 

 

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