BVV, Bezirksamt oder Senat – wer hat das Sagen?

von Juliane Schader 22. August 2011

Die BVV darf empfehlen, kontrollieren und um Auskunft bitten, doch die endgültigen Entscheidungen fällt meist das Bezirksamt. Oder der Senat.

Wenn man Leser gleich zu Beginn aus einem Artikel rausschmeißen möchte, dann reichen meist ein paar Worte. „Bezirksverordnetenversammlung als Organ der bezirklichen Selbstverwaltung“ etwa, oder eine übernutzte Floskel wie „zahnloser Tiger“. Doch was will man machen, ohne beides ist schwer auszukommen, wenn man erklären will, wie Politik auf Bezirksebene in Berlin funktioniert.

Die BVV, Sie ahnen es schon, ist die Kurzbezeichnung für besagte Versammlung und wird im September neu gewählt. 55 Bezirksverordnete haben Platz in diesem Gremium, welches nicht als richtiges Parlament durchgeht, da es keine Gesetze und Verordnungen verabschieden kann. Vielmehr beschränken sich seine Aufgaben darauf, aus seiner Mitte die Bezirksstadträte und den Bezirksbürgermeister als Leiter des Bezirksamtes zu wählen, welches die Verwaltung des Bezirks regelt, und das Amt dann zum Handeln anzuregen und es zu kontrollieren – man spricht dabei vom Initiativ- und Kontrollrecht der BVV. Dazu kommt das Auskunftsrecht, nach dem die BVV zu jeder Zeit über alle Angelegenheiten vom Bezirksamt Auskunft verlangen kann. Doch wirklich bindend sind ihre Beschlüsse für das Amt nicht.

 

Das Bezirksamt sitzt am langen Hebel, der Senat am noch längeren

 

Womit wir beim zahnlosen Tiger angelangt sind, der sich erst unlängst etwa an der Frage der Mieträder in Pankow seine Zähne ausbiss, um mal ein aktuelles Beispiel zu nennen: Die BVV hatte beschlossen, dass die Bahn für das Aufstellen ihrer Mietradstationen auf den Bürgersteigen des Bezirks Pankows Gebühren zahlen solle, doch Bezirksamt und Senat sahen das anders. Und ignorierten den Wunsch der Bezirksverordneten einfach – bislang. Denn normalerweise ist es schon üblich, dass sich das Bezirksamt an den Beschlüssen den BVV orientiert.

Der Senat hingegen ist es gewöhnt, das letzte Wort zu haben, nicht nur gegenüber der BVV, sondern auch gegenüber dem Bezirksamt. So darf die BVV zum Beispiel den Pankower Haushalt beschließen, ist aber darauf angewiesen, dass das Abgeordnetenhaus ihn absegnet. Auch in anderen Bereichen ist die Landesebene die letzte Instanz – etwa bei der Kastanienallee, wo der Bezirk gerne ein Tempolimit von 30 km/h etablieren würde, der Senat aber 50 für die richtige Höchstgeschwindigkeit hält. Richtiges Hoheitsrecht hat die BVV nur im Bereich Bauen, denn Bebauungspläne zu verabschieden ist ihr Kompetenzbereich.

Die eigentliche inhaltliche Arbeit der Bezirksverordneten findet in den Fachausschüssen statt, in denen auch sogenannte Bürgerdeputierte sitzen können, die, auf fraktionellen Vorschlag, von der BVV gewählt werden. Was in den Ausschüssen beschlossen wurde, kommt bei den regelmäßigen Tagungen der BVV zur Abstimmung und wird dann im Falle der Zustimmung als Handlungsempfehlung an das Bezirksamt weitergeleitet. Doch, wir erinnern uns, daran halten muss dieses sich nicht.

 

 

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