Aus Investoren-Sicht

von Juliane Schader 15. August 2013

Das Luxus-Verbot verbietet Dinge, die eh niemand will. Von Mietobergrenzen profitieren nur die Reichen. Und auch Investoren wünschen sich durchmischte Kieze. Sagen sie, wenn man sie fragt.

Auf der persönlichen Beliebtheitsskala der Prenzlauer Berger rangiert ein Berufsbild derzeit ganz hinten – also noch hinter Finanzbeamten und Zahnärzten: Der Investor. Er ist dafür verantwortlich, dass die Mieten steigen, dass die Freiflächen verschwinden, dass der Kiez sich verändert, kurz: Er ist Vater der Gentrifizierung und damit Ausgeburt des Bösen.

Wie es zu diesem Ruf kam, das hat in dieser Woche eine ARD-Dokumentation einmal mehr bewiesen. Dort wurde gezeigt, wie langjährige Mieter mit fiesen Schikanen aus ihren Wohnungen vertrieben werden sollten, damit diese saniert und teuer weitervermarktet werden konnten.

Natürlich bedient sich nicht jeder in der Branche solcher Praktiken. Doch die wenigen, die es tun, beschädigen gleich den Ruf aller.

 

Ohne Investoren geht’s nicht

 

Somit kommt man zur einfachen Rechnung: Mieter gut, Politik, die sich endlich kümmert, gut, Investoren schlecht. Es gibt nur ein Problem: Ausgerechnet diese braucht Berlin. Denn wenn immer mehr Menschen in die Stadt ziehen, und der Mietdruck dadurch nicht noch mehr steigen soll, werden neue Wohnungen benötigt. Das Land mit seinen leeren Kassen kann die nicht alle selber bauen.

Also haben wir einfach mal bei drei in Prenzlauer Berg aktiven Vertretern der Immobilienbranche nachgefragt, wie sie sich den Wohnungsmarkt der Zukunft vorstellen. Zwei haben tatsächlich geantwortet und bewiesen, dass sie sich durchaus auch selbst in der Verantwortung sehen, eine Stadt für alle zu gestalten.

 

Alle mögen’s bunt

 

Nikolaus Ziegert ist Geschäftsführer der Ziegert Bank- und Immobilienconsulting, in Prenzlauer Berg mit zahlreichen Einzelobjekten aktiv. Er verweist erst einmal darauf, dass auch Makler an durchmischten Kiezen interessiert seien. „Denn nur in bunten Quartieren lassen sich wirklich spannende Vorhaben realisieren, und bei diesen gibt es dann auch eine deutlich höhere Nachfrage als bei Objekten in sozial homogenen Gebieten.“

Konkret stellt sich Ziegert das Wohnen für jeden Geldbeutel so vor: „Wer an der einen Stelle Luxus baut, sollte an anderer Stelle vergünstigten Wohnraum zur Verfügung stellen müssen oder eine einmalige und bedarfsgebundene Abgabe an die Landeskasse zahlen. Aus diesem Topf könnte dann Sozialer Wohnungsbau mit finanziert werden.“ Für die entsprechenden rechtlichen Vorgaben müsse die Politik sorgen.

 

Eine Sauna will eh keiner

 

Eine eindeutige Absage erteilt Ziegert dem Wunsch, Neubau-Wohnungen günstig auf den Markt zu bringen: Bei den derzeitigen Bau- und Planungskosten müsse eine Miete von neun Euro sein, damit sich das für den Bauherrn auch rechne. Was ja auch insoweit okay sei, als es Leute gebe, die das bezahlen könnten.

Günstige Mieten im Neubau seien nur machbar, wenn der Staat hülfe, indem er etwa günstigen Baugrund zur Verfügung stelle. „Hier muss es endlich spürbare Aktivitäten geben“, meint Ziegert. „Die Absichtserklärungen der vergangenen Monate bringen uns jedenfalls nicht weiter.“

Auch von Pankows Luxusverbot hält er nicht viel, schließlich seien die gestiegene Nachfrage und das geringe Angebot für die explodierten Mieten verantwortlich, und nicht höhere Ausstattungs-Standards. „Ein bisschen mehr Augenmaß und ein bisschen weniger Populismus wäre an dieser Stelle schön gewesen.“

 

Kein staatliches Geld für privaten Wohnungsbau

 

Rainer Bahr ist Chef der Immobilien- und Projektentwicklung econcept, die unter anderem das Kollebelle gebaut hat und nun einen Neubauriegel an der Wohnanlage Belforter Straße errichten will. Auch Bahr glaubt, dass Berlin sowohl neue als auch bezahlbare Wohnungen brauche – man könne nur nicht beide Probleme auf einmal lösen. Denn wenn die Politik vorschreibe, dass neue Wohnungen nur zu günstigen Preisen auf den Markt kämen, dann hätte das nur die Einstellung des privaten Wohnungsbaus zur Folge. „Der lohnt sich dann einfach nicht.“ Zwar gebe es die Möglichkeit, die Mieten durch staatliche Subventionen zu senken. Doch davon hält Bahr nichts.

„Warum werden Fördergelder nicht ausschließlich für Wohnungsneubau der städtischen Gesellschaften verwendet?“, fragt er hingegen. Immerhin könne der Staat dann auch selbst kontrollieren, dass nur diejenigen von den subventionierten, günstigen Mieten profitierten, die darauf angewiesen seien. Hier sieht er auch ein aktuelles Versäumnis der Politik: Immerhin gebe es in den Sanierungsgebieten bereits belegungsgebundene Wohnungen, die zu niedrigen Mieten an sozial Schwächere gehen sollen. Nur seien davon viele fehlbelegt. „Wer vielleicht als Student mit Wohnberechtigungsschein dort eingezogen ist, lebt auch als Gutverdiener einfach weiter dort“, meint Bahr. „Das muss besser kontrolliert werden.“

 

Investoren und Politik an einen Tisch

 

Auch an anderen Stellen spart Bahr nicht mit Kritik: Das aktuelle Neubauprogramm für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften nennt er Augenwischerei, denn die eingeplanten 775 Millionen Euro reichten bei den derzeitigen Preisen nicht für die versprochenen 15.000 neuen Wohnungen, sondern höchstens für 6000. Das Pankower Luxusverbot gehe völlig am Ziel vorbei. Und die immer wieder geforderten Mietobergrenzen brächten eh nichts. „Ohne Belegungsbindung sucht sich ein Vermieter stets bonitätsstarke Mieter“, sagt Bahr. Und meint damit, dass sich ein Vermieter aus der Vielzahl an Bewerbern eher den Rechtsanwalt als den Hartz-IV-Empfänger für seine Wohnung aussuchten wird, so lange der Staat ihm nichts anderes vorschreibt und das auch kontrolliert.

„Ich denke, eine Seite allein bekommt das Problem nicht in den Griff. Was mir fehlt, ist ein Angebot aus der Politik, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und nach wirklichen Lösungen zu suchen“, sagt Bahr. Immer neue Vorgaben, wie hoch die Miete zu sein habe, führten ausschließlich dazu, dass keine neuen Wohnungen gebaut würden. „Das hat eine Verschärfung der Wohnungsknappheit im Zentrum Berlins zur Folge – also genau das Gegenteil dessen, was von den Politikern gefordert wird.“

 

Welche Maßnahmen die Politik in den vergangenen Monaten angeschoben hat, um steigende Mieten und Wohnungsmangel in den Griff zu bekommen, steht hier

 

 

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