Abiturklassen haben bei Sporthallen Vorrang

von Anja Mia Neumann 22. September 2015

In der Turnhalle in der Wichertstraße schlafen Flüchtlinge. Für viele Schüler und Vereine wird der Sport in der Halle wohl ausfallen. „Die Hallen sind dicht“, sagt die Stadträtin. Und fordert Solidarität.

Rund 150 Flüchtlinge leben und schlafen seit kurzem in der Sporthalle in der Wichertstraße, um die Ecke vom Humannplatz. Dicht an dicht, Privatsphäre sieht anders aus, dennoch sind die meisten von ihnen froh, Krieg und Zerstörung hinter sich gelassen zu haben. Es ist die erste Notunterkunft für Flüchtlinge in einer Turnhalle in Prenzlauer Berg.

Schüler, Eltern und Vereinssportler treibt seitdem die Frage um: Was wird aus unserem Sportunterricht? Können wir noch trainieren? Eilends verschickte Rundmails der Betroffenen verweisen auf das Bezirksamt, das nun versucht, zu koordinieren und einen Notfall-Belegungsplan zu schreiben.

 

„Hallen sind voll bis unter die Dachkante“

 

Gefragt ist die zuständige Sozialstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD). Und die nimmt denn schnell die Hoffnung auf eine Lösung: „Wir haben keine Hallen-Kapazitäten mehr. Alle Hallen sind voll bis unter die Dachkante.“

Schon vor der Ankunft der vielen Flüchtlinge hatte Prenzlauer Berg einen Mangel an Turnhallen. Zwei neue sind im Bau an der Kniprodestraße. Auch das neue Gelände rund um das Stadion soll Vereinen mehr Raum für den Sport geben. Das aber alles erst in Zukunft.

 

Hallen in anderen Bezirken sind keine Option

 

Konkret heißt das für die akute Situation: „Wir müssen zunächst die Abiturjahrgänge, also die Klassen 11 und 12 abdecken. Denn bei ihnen ist der Sportunterricht abiturrelevant“, sagt Zürn-Kasztantowicz. Danach kommen die anderen Klassenstufen und die Vereine dran – falls dann noch Platz ist in einer Turnhalle in der Nähe ist. Wahrscheinlich klingt das nicht.

Auch auf Hallen anderer Bezirke auszuweichen ist nach Angaben der Stadträtin keine Option. Denn auch die hätten ähnliche Probleme und die Fahrtwege der Kinder und Jugendlichen müssten sich im Rahmen halten.

 

Solidarität und Verständnis

 

Sollte Sportunterricht längerfristig ausfallen, bleibe die Möglichkeit, einen Vermerk im Zeugnis zu machen. In der Art: „Sportunterricht war nicht möglich, daher bleibt das Fach unbenotet“, wie Zürn-Kasztantowicz erklärt. Sie selbst habe das bei ihren Kindern einmal erlebt.

Ob weitere Sporthallen in Prenzlauer Berg betroffen sein werden? Zunächst sei keine weitere Halle als Notunterkunft vorgesehen. Im Grund könne sich das aber ständig ändern. Niemand wisse, wann wie viele Flüchtlinge kämen.

„Jetzt ist Solidarität gefragt“, meint die Stadträtin. Auch der Bezirk sei überrascht worden, von der kurzfristigen Planung. Angesichts des Leids der Menschen erwarte sie: Verständnis von allen Prenzlauer Bergern.

 

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