12 cm machen SPD-Kandidaten zum Fürsprecher für Bürgerbegehren

von Juliane Schader 22. März 2011

An 12,5 Zentimetern weniger Breite des Fahrradangebotsstreifens entflammt ein neuer Streit um die Kastanienallee zwischen Stadtrat Kirchner und SPD-Direktkandidat Höhmann.

Nach Schlichtungsgesprächen, gescheiterten Anträge für eine Bürgerbefragung und einer Entgleisung von Dr. Motte ist der Streit um den Umbau der Kastanienallee nun in eine weitere Runde gegangen. Streitpunkt sind diesmal: 12,5 Zentimeter.

Um genau so viel weichen nämlich die konkreten Planungen des Angebotsstreifens für Radfahrer, der mit dem Umbau eingerichtet werden soll, ab von den bislang veröffentlichten Plänen. Das ist der Antwort des zuständigen Bezirksstadtrats für öffentliche Ordnung, Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/Die Grünen) auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion in der BVV zu entnehmen.

„Es geht nicht um die paar Zentimeter“, meint Severin Höhmann, SPD-Direktkandidat für die Abgeordnetenhauswahl im September. Vielmehr seien diese nur der letzte handfeste Beweis dafür, wie die Verwaltung in der Kastanienallee-Problematik die Bürger hinters Licht zu führen versuche. „Wenn man so handelt wie hier der Grüne Stadtrat Kirchner, dann braucht man nicht so zu tun, als nehme man Bürgerbeteiligung ernst.“

 

„Bezirk muss so planen, dass nur Tempo 30 noch möglich ist“

 

Die Argumentation Kirchners, nach der der Angebotsstreifen aufgrund neuer, breiterer Trams schmaler ausfallen müsste, hält Höhmann für vorgeschoben. „Ich vermute, dass es den Grünen darum geht, durch die Hintertür ihre Ziele durchzudrücken – in diesem Fall einen benutzungspflichtigen Radfahrstreifen anstatt des durch die BVV beschlossenen Angebotsstreifens.“ Zudem riskiere man mit der damit einhergehenden Verbreiterung der Fahrbahn, dass in der Kastanienallee statt wie bisher angestrebt Tempo 30 Tempo 50 eingeführt würde. „Diese Entscheidung fällt letztendlich der Senat. Aufgabe des Bezirks ist es, die Planungen im Vorhinein so zu gestalten, dass Tempo 50 nicht möglich ist.“

Vorwürfe, die Stadtrat Kirchner erwartungsgemäß zurückweist: Die Kastanienallee gehöre mit ihren geplanten sechs Metern Fahrbahn plus drei Metern Radstreifen auf beiden Seiten schon zu den schmaleren Hauptstraßen Berlins. Was auch ein Ergebnis der Diskussionen der vergangenen Monate sei, in denen eine enge Fahrbahn zu Gunsten eines breiten Bürgersteigs gefordert worden sei.

„Das Argument, nur eine engere Fahrbahn garantiere Tempo 30, ist vergiftet – das ginge nur auf Kosten der Radfahrer, die dann doch wieder zwischen die Tramschienen gedrängt würden“, meint Kirchner. Man habe dem Senat eine ausführliche Begründung vorgelegt, warum die Geschwindigkeitsbegrenzung in der Kastanienallee bei 30 liegen müsse; mehr könne man nicht tun.

 

Straßenverkehrsordnung lässt derzeit nur Angebotsstreifen zu

 

Auch den Verdacht Höhmanns, man wolle im Geheimen die Anlage eines benutzungspflichtigen Radfahrstreifens vorbereiten, weist er von sich. „Es ist allgemein bekannt, dass wir Grünen ebenso wie der Senat lieber einen Radstreifen statt des Angebotsstreifen anlegen würden.“ Aktuell sei das aber nicht umsetzbar, da ein Radstreifen mit einer durchgezogenen Linie gekennzeichnet würde, die man mit dem Auto nicht überfahren dürfe, was die Parkbuchten auf dem Bürgersteig unerreichbar machte. Daher sei derzeit nur der Angebotsstreifen mit gestrichelter Linie umsetzbar. Im Herbst erwarte man aber eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, die das Überfahren durchgezogener Linien, um einen Parkplatz zu erreichen, erlaubte. „Diese Feinheiten werden aber eh erst beschlossen, wenn die ersten Bauabschnitte fertig gestellt sein werden.“

Trotz des erneuten Angriffs geht Kirchner davon aus, dass der Umbau der Kastanienallee nun bald in Angriff genommen werden kann. Die einstimmige Ablehnung der Anträge auf eine Bürgerbefragung bei der letzten Tagung der Bezirksverordnetenversammlung sieht er als ausreichende Legitimation an.

Höhmann spricht sich dagegen nun offen für die Durchführung eines Bürgerbegehrens aus. Der entsprechende Antrag wird aktuell durch das Bezirksamt geprüft.

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