Elf Dinge, die Sie über den Haushalt 2016/17 wissen sollten

von Juliane Schader 23. September 2015

Der Doppelhaushalt 2016/17 ist verabschiedet. Für über 800 Mio. Euro pro Jahr soll es WLAN und überfällige Gehaltserhöhungen geben. Für Schulküchen und Personal im Jugendamt reicht’s nicht.

Am Mittwochabend haben Pankows Bezirksverordnete den Doppelhaushalt für die Jahre 2016 und 2017 verabschiedet. Was man dazu wissen wollen würde? Steht hier. 

 

Wie die abendliche Debatte zum Thema ablief, findet sich hingegen nach dem Klick. 

 

1. Es geht um viel Geld.

822 Millionen Euro sollen im kommenden Jahr im Bezirk ausgegeben (und an anderer Stelle auch wieder eingenommen) werden. Für 2017 rechnet man mit 844 Millionen.

 

2. Es wird nichts geschlossen.

Wir wiederholen: Es wird nichts geschlossen. Keine Seniorenfreizeitstätte, keine Galerie, nichts. Für den Vorsitzenden des Pankower Finanzausschusses, Dennis Probst (Grüne), ist das eine der größten Errungenschaften dieses Doppelhaushalts. Vielmehr kommt an manchen Stellen sogar etwas hinzu.

 

3. In der Bibliothek gibt es bald WLAN.

Nach polnischen Reisebussen, bosnischen Eisdielen und der Münchner Innenstadt bekommen nun auch Pankows Bibliotheken öffentliches, frei zugängliches WLAN. Auch die seit Jahren von Ehrenamtlichen betriebene Kurt-Tucholsky-Bibliothek wird berücksichtigt. Zudem wird der Medienetat erhöht.

 

4. Für Jugendarbeit gibt es mehr Geld.

Das Land Berlin hat beschlossen, den Bezirken mehr Geld für die Kinder- und Jugendhilfe zuzugestehen (der ein oder andere Brandbrief zum Thema könnte da nachgeholfen haben). Die 500.000 Euro, die Pankow mehr erhält, investiert er auch in diesem Bereich.

 

5. Eine längst überfällige Gehaltserhöhung kommt.

Als „freie Träger“ werden Unternehmen bezeichnet, die sich im Auftrag des Bezirks etwa um Jugendarbeit, Kulturangebote oder Hilfen im Sozialbereich kümmern. Deren Mitarbeiter haben seit Jahren keine Gehaltserhöhung bekommen. Nun gesteht man ihnen in beiden Haushaltsjahren jeweils etwa zwei Prozent mehr zu. Das sei längst überfällig gewesen, meinen die Bezirksverordneten.

 

6. Schulen gucken in die Röhre.

Der Schulausschuss hat zu Beginn der Haushaltsverhandlungen etwas Verrücktes gemacht und einfach mal ausgerechnet, wie viel Geld man für die Schulen benötigte, wenn einem nicht vorher gesagt wird, wie viel man denn höchstens benötigen darf. Dabei kam heraus, dass an Pankows Schulen allein für Sachausgaben wie Geschäftsbedarf, Porto, Bücher und allgemeine Verbrauchsmittel sowie die Ausstattung von Schulen und Schulküchen 8,4 Millionen Euro fehlen. Das wissen wir jetzt. Im Haushalt ließ sich das Geld leider nicht auftreiben. Von den über 100 Millionen Euro Investitionsstau an den Schulgebäuden ganz zu schweigen.

 

7. Personalmangel wird zur Gefahr für die Demokratie

Zwar hat auch das Land Berlin vor einiger Zeit erkannt, dass wachsende Bezirke auch mehr Personal benötigen. Doch die 32 Stellen, die man nun in Aussicht gestellt hat, reichen einfach nicht. Im Jugendamt etwa können nun zehn neue Mitarbeiter eingestellt werden. Man bräuchte aber 32, meint der Jugendhilfeausschuss.

Auch an anderen Stellen knirscht es gewaltig. Die neuen Verbote, die die Umwandlung von Miet- in Eigentumgswohnungen oder die Zweckentfremdung als Ferienwohnung untersagen, um den Wohnungsmarkt zu entlasten, können nicht greifen, weil das Personal für Kontrollen fehlt. Beim Bürgeramt muss man derweil Monate auf einen Termin warten. Abgesehen von allen Problemen, die das im Alltag mit sich bringt, kommt nun noch die anstehende Berlin-Wahl im September 2016 hinzu. Wer vorher noch umziehen, aber trotzdem wählen möchte, sollte sich schon jetzt um einen Termin zur Ummeldung bemühen. Die Landeswahlleiterin schlägt schon entsprechend Alarm.

 

8. Die Gegenfinanzierung wackelt.

Auch wenn es weiterhin an Vielem mangelt – für ein paar Sachen will der Bezirk mehr Geld ausgeben. Da er dazu verpflichtet ist, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, muss er dieses jedoch an anderer Stelle einnehmen. Nun sind derartige Möglichkeiten des Bezirks, der ja zum Beispiel keine Steuern erhebt, beschränkt. Doch wo etwas reinkommt, da wurden die erwarteten Einnahmen eifrig nach oben geschraubt: Von den Gebühren für die Sondernutzung öffentlichen Straßenlandes erhofft man sich 280.000 statt der zuletzt eingenommenen 264.000 Euro. Von den Gebühren für Pässe 1,54 statt wie zuletzt 1,5 Millionen Euro. Und bei den Baugenehmigungen, die 2014 2,5 Millionen Euro in die Kassen spülten, rechnet man mit 300.000 Euro zusätzlichen Einnahmen. Quer durch den Haushalt finden sich derartige Beispiele.

Während der Finanzausschuss-Vorsitzende Probst erklärt, dass man das guten Gewissens so machen könne, denn in diesen Bereichen habe man zuletzt steigende Einnahmen erzielt, sieht das Jan Schrecker von den Piraten anders. „Die Zahlen sind zu hoch gegriffen“, meint er. Für die eingeplanten zusätzlichen Ausgaben fehle demnach eine Gegenfinanzierung, und das werde dem Bezirk zum nächsten Jahresabschluss auf die Füße fallen. Auch Matthias Köhne (SPD), Pankows Bezirksbürgermeister, sieht dort ein Risiko.  

 

9. Der nachfolgende Schuldenabbau verzögert sich.

Seit einigen Jahren schleppt Pankow einen Schuldenberg mit sich herum, der seinen Höchststand 2007 mit 32,5 Millionen Euro verzeichnete. Bis Ende des Jahres soll dieser auf 7,6 Millionen zusammengeschmolzen sein. Diesen Rest wollte man eigentlich im Doppelhaushalt 2016/17 angehen. Doch statt fast 5 werden im kommenden Jahr nur 2,5 Millionen Euro abgebaut. Das zieht sich also noch ein wenig.

 

10. Die Bevölkerung wächst schneller als das Haushaltsgeld.

Zu allen bereits beschriebenen Unsicherheitsfaktoren kommt noch das Problem des Bevölkerungswachstums hinzu. Zum Jahresende 2014 zählte das statistische Landesamt gut 384.000 Einwohner im Bezirk. Das sind knapp 30.000 mehr als fünf Jahre zuvor. Bis 2030 sollen laut einer Prognose 440.000 Menschen in Pankow leben.

Doch Haushaltsplanung ist nicht so flexibel wie die Zuziehenden. Der Bezirk bekommt sein Haushaltsgeld vom Land Berlin zugewiesen (wie das genau funktioniert, steht hier). Dabei orientiert man sich an dem Betrag, der im Vorjahr ausgegeben wurde – aktuell also an den Ausgaben 2014. Das führt zu der Situation, dass sämtliche bezirklich finanzierten Einrichtungen 2016 mit den Mitteln von 2014 etwa 10.000 Pankower mehr bedienen müssen. Dabei sei der Bezirk schon jetzt am Rand seiner Aufgabenpflichterfüllung, meint Dennis Probst.

 

11. Das letzte Wort hat das Abgeordnetenhaus.

So ein Bezirk ist zwar eine schöne Sache. Aber ganz so selbstständig wie eine Kommune ist er nicht. Daher gilt auch ein Bezirkshaushalt erst als endgültig beschlossen, wenn auch das Abgeordnetenhaus die Zeit gefunden hat, einen Blick darauf zu werfen. Das steht noch aus. 

 

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