Nackt am Fenster

von Juliane Schader 6. November 2013

Stéphane Belzère malt sich täglich nackt am Fenster. Die Bilder kann man jetzt angucken. Außerdem diese Woche: RAF-Aufarbeitung im TuD, Feiern zum 9. November und Spurensuche in Weißensee. 

In Berlin kann man auch des Nachts so einiges erleben. Manche kleben hinter der Theke einer Eckkneipe zweifelhaften Namens (Ja, „Kleine Apotheke“ und „Beim Dicken“, ich spreche von Euch), andere warten vor dem Berghain, wieder andere lassen stundenlang Experimentaltheater über sich ergehen.

Und Stéphane Belzère stellt sich jeden Abend bei Sonnenuntergang nackt vor sein Atelierfenster und malt ein neues Selbstportrait.

Seit Jahren kommt der Pariser Künstler immer für ein paar Wochen im Jahr nach Berlin und arbeitet an der oben beschriebenen Bilderserie. Über 550 Bilder sind mittlerweile entstanden, nur ausgestellt hat Belzère in Berlin bislang nicht. Mit dem heutigen Abend ändert sich das, wenn in der Galerie „Lage egal“ die Ausstellung „Nachtwache“ eröffnet. Das letzte der gezeigten Bilder entsteht sogar noch am Abend der Vernissage.

Ob vor Ort oder doch hinter geschlossenen Atelierfenstern ist nicht überliefert.

„Nachtwache. … und so verbringe ich meine abende und meine nächte damit, mein spiegelbild im küchenfenster zu malen“, Vernissage am Mittwoch, 6. November, 19 bis 22 Uhr, die Ausstellung läuft noch bis zum 29. November, geöffnet immer Donnerstag und Freitag, 15 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung, Lage Egal, Danziger Str. 145, Eintritt frei.

 

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Als Jürgen Ponto am 30. Juli 1977 von der RAF ermordet wurde, verlor Corinna Ponto ihren Vater. Und Julia Albrecht ihre Schwester Susanne. Schließlich war sie es als Tochter eines Jugendfreunds Pontos gewesen, die Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt überhaupt Zugang zum Haus verschafft hatte. Nach dem Mord tauchte Susanne unter.

30 Jahre später nahmen Corinna – Patentochter von Pontos Jugendfreund Hans-Christian Albrecht – und Julia – Patentochter von Jürgen Ponto – Kontakt auf. Ihre Auseinandersetzung mit der RAF und der Geschichte der eigenen Familien wird zum Buch „Patentöchter“. Und dieses zum gleichnamigen Theaterstück. Am Donnerstag feiert es im Theater unterm Dach Premiere.

„Patentöchter“, Premiere der Theaterfassung des gleichnamigen Buches von Corinna Ponto und Julia Albrecht, Donnerstag, 7. November, 20 Uhr, weitere Vorstellungen am Freitag, 8. und Sonntag, 10. November, jeweils 20 Uhr sowie am 14. und 15. Dezember und am 16., 17., 30. und 31. Januar, Theater unterm Dach, Danziger Str. 101. Karten kosten 12, ermäßigt 8 Euro.

 

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Es ist eine gute Tradition, dass sich immer zum Abend des 9. November die Bürgermeister der Bezirke Pankow und Mitte an der Bösebrücke treffen. Dort, am Grenzübergang Bornholmer Straße, öffnete sich vor mittlerweile 24 Jahres die Mauer. Woran heute der neugebaute Lidl – kleiner Scherz, natürlich das Mauerdenkmal erinnert. Der dazugehörige Platz war bislang namenlos, wird aber in diesem Jahr und natürlich feierlich benannt in „Platz des 9. November“.

Da sie gerade vor Ort sind, werden die Bürgermeister bei der Gelegenheit auch den frisch angelegten barrierefreien Weg vom Denkmal zum Mauerweg unter der Brücke einweihen.

Der „Platz des 9. November“ erhält seinen offiziellen Namen und die Verbindung vom Mauerweg zur Bornholmer Straße wird eröffnet, Samstag, 9. November, 20.30 Uhr, bislang namensloser Platz an der Bösebrücke, Eintritt frei.

 

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Mitte der 70er Jahre begann die Londonerin Nikki van der Zyl, sich für ihre Familiengeschichte zu interessieren. Ihre Suche führte sie nach Berlin Weißensee, wo ihre Großeltern einst ein gut gehendes Bekleidungsgeschäfts betrieben. Als Juden hatten sie nach der Machtübernahme durch die Nazis jedoch zunehmend mit Repressalien zu kämpfen, was einen Teil der Familie ins Exil trieb. So auch Nikkis Eltern – ihr Vater Werner van der Zyl war Rabbiner und flüchtete mit seiner Familie nach London, wo er später das Leo Baeck College mitbegründete. Nikki selbst wurde Schauspielerin und Synchonsprecherin und synchronisierte unter anderem James-Bond-Filme. Und stellte, wie gesagt, die Familiengeschichte zusammen – auch die der nachfolgenden Generationen.

Die Wege derer, die in Deutschland blieben und derjenigen, die das Land verließen, zeigt ab Sonntag das Museum Pankow.

„Night Flight to Berlin. Eine deutsch-englische Familiengeschichte“, Eröffnung am Sonntag, 10 November um 15 Uhr, die Sonderausstellung ist geöffnet vom 12. November 2013 bis zum 27. April 2014, Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Museum Pankow, Standort Prenzlauer Allee 227/228, Eintritt frei.

 

 

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