Kulturtipps der Woche (#21)

von Brigitte Preissler 9. November 2011

Zündholzschachtelgeister und Breitohrclowns geben sich in diesen Tagen ein Stelldichein auf der Schaubuden-Bühne. Und im Mauerpark wird es ganz, ganz schauerlich. 

Als Felix Klee – der Sohn des berühmten Malers und Grafikers Paul Klee (1879-1940) – neun Jahre alt war, wünschte er sich von seinem Vater ein paar Kasperlepuppen. Paul Klee ließ sich nicht lange bitten. Aus Rindsknochen, Fellresten, aus Handschuhen, Nusschalen, Pinseln, Steckdosen und diversen anderen Haushalts-Fundstücken baute er zwischen 1916 und 1925 nicht nur den obligatorischen Kasperl nebst zugehöriger Gretl, sondern auch  einen Zündholzschachtelgeist, einen Deutschnationalen, einen Herrn Enterich, einen Buddhistischen Mönch, einen Weisshaarigen Eskimo, einen Gekrönten Dichter, einen Steckdosengeist, einen Elektrischen Spuk sowie einen Breitohrclown. Und, jawohl: Auch einen Paul Klee.  

Von diesen insgesamt rund 50 Handspielpuppen sind bis heute 30 im Besitz des Berner Zentrum Paul Klee erhalten. Elf davon kann man in dem Stück „Über den Klee“ bestaunen – natürlich nicht die kostbaren Originale, sondern vergrößerte, für Erwachsenenhände passende Repliken. Regisseur Mario Hohmann von United Puppets und sein Ensemble bringen ihr zwar nicht mehr ganz neues, aber noch immer sehr sehenswertes Puppenspiel über Klees Leben und Werk diese Woche wieder auf die Schaubuden-Bühne

Über den Klee oder Der Knochen in meinem Kopf, am 11., 12. und 13. November jeweils um 20 Uhr in der Schaubude, Infos hier und hier

 

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Und ein Buchtipp: Vor rund zehn Jahren bat die Prenzlauer Berger Schriftstellerin Annett Gröschner die Berlinerinnen und Berliner in einem Radio-Aufruf, sie mögen doch bitte aufschreiben, wie sie den 30. April (also den Walpurgistag) erlebten. Rund hundert Menschen taten das tatsächlich, und mit Hilfe dieses Materials schrieb Gröschner ihren zweiten Roman. Annja Kobe (die Protagonistin aus Gröschners Debütroman „Moskauer Eis“, 2000) taucht da wieder auf, mitsamt ihrem tiefgekühlten (genau: tiefgekühlten) Vater. Berliner Taxifahrer, Stasioffiziere, Zirkusartisten, Türkenmädchen, Gasableser, eine Dramaturgin sowie ein Hund namens Stalin kreuzen ihren Weg an jenem 30. April 2002, an dem dieser Berlin-Roman ausschließlich spielt. Am Schluss wird natürlich Walpurgisnacht gefeiert. Und zwar da, wo‘s garantiert am schauerlichsten ist: Im Mauerpark.

Annett Gröschner: Walpurgistag. DVA, München. 448 S., 21,99 Euro. 

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