Grenzerfahrungen unter Berlin

von Juliane Schader 28. März 2012

Die Galerie unter Berlin gastiert für zwei Tage im Kleinen Wasserspeicher. „Apart“ heißt die Performance, in der Tänzer auf tropfende Wasserhähne stoßen und Ölgemäle digitalen Besuch bekommen.

Im ersten Augenblick wird einem ein kleines bisschen übel, wenn man durch die schwarze Schwingtür in die Gewölbe des Kleinen Wasserspeichers am Wasserturm tritt. Schummriges Licht empfängt einen, Kälte, ein leicht modriger Geruch und ein Meer aus Spiegeln, die auf dem Boden und an den Backsteinwänden befestigt sind. Was ist echt, was Spiegelung? Erst nach ein paar Sekunden hat man die Orientierung wieder.

„Apart“ heißt die neueste Produktion der Galerie unter Berlin. Bis zum Sommer letzten Jahres hatte dieses Projekt von Vanessa und Lorenz Huber vom TanzApartment seine Heimat noch in den Kellergewölben der Alten Königsstadt-Brauerei. Dort entsteht nun aber eine Tiefgarage. Im Kleinen Wasserspeicher macht das temporäre Projekt jetzt für zwei Tage Station.

 

Digitales auf Öl

 

Bei der Vorbesichtigung sind nur die Installationen zu sehen: Ein überlaufendes Waschbecken, in das beständig das Wasser tröpfelt. Ein mit Geschirr überladener Tisch, geteilt durch eine Glasplatte mit verzerrenden Effekten. Ein improvisiertes Wohnzimmer mit Stehlampe, Sideboard und Ölgemälde, auf das eine winzige digitale Tänzerin projiziert wird. Drei reale Tänzer sowie Lorenz Huber als Musiker werden während der Performance diese Sets bespielen. Die Besucher können sich dann frei zwischen den lebendigen Exponaten bewegen, die in einer zehnminütigen Schleife ihre Komposition wiederholen. Etwa eine Stunde wird die Vorstellung dauern.

Das Künstlerkollektiv TanzApartment setzt auf interdisziplinären Dialog und mischt Tanz, Musik, Installation mit bildender Kunst. Mit seinen Projekt „Galerie unter Berlin“ bespielt es seit zwei Jahren unterirdische Räume, was nicht immer ganz einfach ist. In der Alten Königsstadt hatten die Künstler mit hoher Luftfeuchtigkeit und 12 Grad Kälte zu kämpfen. Auch beim kleinen Wasserspeicher merke man, dass er eigentlich nicht für Menschen und Kultur gemacht sei, meint Lorenz Huber. „Aber das macht ja den Reiz aus.“

Bei der aktuellen Produktion geht es um Grenzüberschreitungen. Hier trifft Analoges auf Digitales, Musik auf starken Hall und Tanz auf stationäre Objekte. Ohne Tänzer und Musik wirken die Installationen wie Kunstwerke mit kleinen Fehlern, die aufgrund ihrer Einfachheit begeistern. Ein überlaufendes Waschbecken ist zunächst nichts Besonderes. Wenn es aber mit seinem Tröpfeln den ganzen Raum beschallt, erhält es etwas Faszinierendes. Durch die Akteure wird das Ganze dann noch um eine Dimension bereichert.

 

Wie teuer ist die Kultur?

 

Die Galerie unter Berlin kommt ohne staatliche Förderung aus. Dafür hat sie sich ein dynamisches Preissystem überlegt. Huber nennt es einen „grenzüberschreitenden Feldversuch“. Danach kosten die Karten ermäßigt 8, für regelmäßige Kulturbesucher 12 Euro. Wer eine feste Anstellung, aber kein Auto hat, von dem werden 14 Euro erbeten, von Eigentumswohnungsbesitzern mit Auto 20 und so weiter. Diese Preisangaben gelten aber als Verhandlungsbasis. Es geht wohl vielmehr darum, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was Kultur wirklich kostet, wenn keine Subventionen fließen. Nämlich, laut Preisliste, 72 Euro für „Menschen, die Kultur durch Eintritt finanzieren möchten“.

Wo es die Galerie unter Berlin nach dem Gastspiel im Kleinen Wasserspeicher hinverschlägt, dafür gibt es noch keine konkreten Pläne. Weiter geht es auf jeden Fall. Auch eine Rückkehr in die Alte Königsstadt ist nicht aufgeschlossen. „Wir warten erstmal die Bauarbeiten ab und sehen dann, ob wir den Ort wieder für uns erschließen können“, meint Lorenz Huber. Festgelegt sei man aber nicht.

Die Tanzperformance „Apart“ der Galerie unter Berlin läuft im Kleinen Wasserspeicher an der Diedenhofer Straße am 30. und 31. März jeweils um 20 Uhr. Die Karten kosten 12, ermäßigt 8 Euro. Menschen mit Eigentumswohnung und Auto dürfen gerne mehr bezahlen.

 

 

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